Tschechien ist Gastland der Leipziger Buchmesse Tschechien ist ein Leseland

22. März 2019, 17:12 Uhr

Tschechien ist das Gastland der Leipziger Buchmesse 2019. Etwa 60 tschechische Schriftsteller und Autoren präsentieren ihre Bücher in Leipzig. Was kaum bekannt ist: Tschechien ist tatsächlich ein ausgesprochenes Leseland. Die Tschechen lesen mehr Bücher als etwa die Deutschen.

Wir Tschechen lesen oft und gern. In meiner Familie sind Bücher ein traditionelles Geschenk zu beinahe jedem Anlass. Zu Weihnachten etwa bekam ich fünf Bücher geschenkt. Und meine Familie ist durchaus keine Ausnahme. Eine Umfrage der Prager Nationalbibliothek ergab, dass die tschechische Lesekultur auch in Zeiten des digitalen Wandels relativ stabil geblieben ist. "Die Tschechische Republik gehört zu den Ländern Europas mit einer starken Leserschaft. Tschechien steht zwar nicht an der Spitze, dort stehen die skandinavischen Länder, aber immerhin knapp dahinter", erklärt Jiří Trávníček, Literaturwissenschaftler am Institut für Tschechische Sprache und Literatur. 

Warum sind die Tschechen Leseratten? 

Laut einer Umfrage der Prager Nationalbibliothek liest jeder erwachsene Tscheche durchschnittlich 13 Bücher pro Jahr. Ein Deutscher liest im gleichen Zeitraum neun bis zwölf Bücher, ein Österreicher nur etwa vier. Warum aber lesen die Tschechen so gern? Der Direktor der Prager Nationalbibliothek, Martin Kocanda, sieht dafür gleich mehrere Gründe: "Tschechien hat das dichteste Netz von Bibliotheken auf der ganzen Welt und wir sind seit unserer Kindheit dazu angehalten, Bücher zu lesen. Ein wichtiger Faktor ist zweifellos auch die große Anzahl von Übersetzungen ausländischer Literatur in unsere Muttersprache."

Gefragt ist Unterhaltungsliteratur 

Was die Genrepräferenzen angeht, dominiert in Tschechien eindeutig die Unterhaltungsliteratur. Nach Angaben des Verbandes der tschechischen Buchhändler und Verleger war Patrik Hartl im Jahr 2018 der meistverkaufte Schriftsteller in Tschechien. Hartl ist ein tschechischer Autor und Regisseur, der sich in seinen Romanen unterhaltsam mit alltäglichen Problemen im Land beschäftigt. Lieblingsautor der Tschechen ist laut einer Umfrage der Prager Nationalbibliothek aber der norwegische Krimi-Autor Jo Nesbo. Als ihr Lieblingsbuch bezeichnen die Tschechen allerdings die Fantasy-Romanreihe "Harry Potter" der englischen Schriftstellerin Joanne K. Rowling.

Buchmesse als Chance für tschechische Autoren

Auf der Leipziger Buchmesse sind etwa 60 tschechische Schriftsteller und Autoren anwesend. "Es handelt sich in erster Linie um Schriftsteller, deren Bücher schon ins Deutsche übersetzt wurden beziehungsweise das Potenzial haben, übersetzt zu werden", sagt der tschechische Programmleiter der Leipziger Buchmesse, Martin Krafl. Verschiedene Genre werden auf der Buchmesse präsentiert. Die Geschichte der Vertreibung einer deutschen Familie aus Brno nach Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg wird etwa von der jungen tschechischen Schriftstellerin Kateřina Tučkova in ihrem historischen Roman "Gerta. Das deutsche Mädchen" erzählt. Vorgestellt werden aber auch Comics, die sehr beliebt bei der jungen Generation Tschechiens sind. Die Zeichnerin Lucie Lomová, Star der tschechischen Comicsszene, ist in Leipzig und wird ihre Arbeiten zeigen. Nicht zu vergessen: Auf der Buchmesse wird auch die Verfilmung des Romans "Orangentage" der tschechisch-deutschen Schriftstellerin Iva Procházková gezeigt, eine Koproduktion des MDR mit dem Tschechischen Fernsehen. 

Es gibt nicht nur "Schwejk"

Wenn ich mit meinen deutschen Freunden über die Literatur meines Heimatlandes spreche, bin ich meist ein wenig enttäuscht. Die Freunde kennen in der Regel nur Milan Kundera und Jaroslav Hašek, den Schöpfer des Schelmenromans "Der brave Soldat Schwejk". Tschechien will auf der Leipziger Buchmesse weitere bedeutende Autoren präsentieren. Vor allem aber auch eine neue Generation von Schriftstellern. 

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Aktuell" 21.03.2019 | 19:30 Uhr

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