Ukraine "Ruhm der Ukraine": Umstrittener Slogan feiert den Nationalstolz und erhitzt die Gemüter
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Die ukrainischen Streitkräfte und auch die Polizei sollen eine neue offizielle Grußformel bekommen: "Ruhm der Ukraine, den Helden Ruhm". Das sorgt vor allem beim Nachbarn Russland für Wirbel.
Die Rada, das ukrainische Parlament in Kiew, hat ein Gesetz durchgewunken, dass im Land für mehr Nationalstolz sorgen soll. Soldaten und Polizisten sollen sich bei offiziellen Anlässen künftig ein kräftiges "Slawa Ukrajini – Herojam Slawa", zu Deutsch: "Ruhm der Ukraine – den Helden Ruhm" zum Gruße zurufen. Wie das aussehen wird, das konnte man sich bei der Parade zum Unabhängigkeitstag am 24. August in Kiew anschauen: Dort begrüßten sich der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak und die Soldaten gegenseitig mit diesem Gruß.
Schlachtruf der Euromaidan-Revolution
"Ruhm der Ukraine – den Helden Ruhm", das war der Schlachtruf während des so genannten "Euromaidan", der Revolution in der Ukraine 2013/2014. Nun soll er zur offiziellen Grußformel der Streitkräfte und der Polizei werden. Und auch die Trikots der Fußballnationalmannschaft ziert die Losung inzwischen.
"Durch diese Grußformel erhalten wir einen kolossalen Auftrieb, und unsere Feinde scheuen sie wie der Teufel das Weihwasser", sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko während der Parade zum diesjährigen Unabhängigkeitstag. "Slawa Ukrajini ist im Leben der Ukrainer angekommen und muss nun endlich gesetzlich gefestigt werden." "Diese Worte haben eine sakrale Bedeutung, so müssten sich alle Verteidiger und Unabhängigkeitskämpfer der Ukraine begrüßen", pflichtete Innenminister Wadym Trojam bei. Der war interessanterweise bis 2014 Mitglied der neonazistischen Gruppierung "Patriot Ukrajiny". Und damit öffnet sich die dunkle Vergangenheit der Grußformel.
Dunkle Vergangenheit des Grußes
Denn zwar stammt "Ruhm der Ukraine" schon aus der Zeit des Unabhängigkeitskampfes 1917/18. Besonders assoziiert wird die Formel, besonders in der Variante mit der "Helden"-Antwort, aber mit der "Organisation Ukrainischer Nationalisten", kurz OUN um Stepan Bandera. Bandera und die OUN hatten zwischen den Weltkriegen für eine von Sowjet-Russland unabhängige Ukraine gekämpft – und während des Zweiten Weltkriegs dazu zeitweise auch mit Hitlers Wehrmacht kollaboriert. Vor allem wegen dieser Vorgeschichte kommt aus dem mehrheitlich russisch-sprachigen Osten der Ukraine und aus Russland Kritik am neuen Gesetz. "Der Ursprung des Spruches ist die Kopie einer bekannten nationalsozialistischen Begrüßung, die ich nicht wiederholen will", betonte etwa Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums.
Nach dem Krieg ist der Spruch zuerst in die Vergessenheit geraten, doch in der Perestrojka Ende der 1980er Jahre wurde er von vor allem von rechtsradikalen Gruppierungen, unter anderem von der umstrittenen "Ukrainischen Nationalen Selbstverteidigung" (UNSO), immer wieder aufgegriffen. Richtig populär wurde "Slawa Ukrajiny" allerdings erst in den Jahren vor dem "Euromaidan" – und während dieser Revolution vom Winter 2013/2014. Die Ursprungsbedeutung ging dabei allerdings unter: Die meisten Ukrainer verbinden die Grußformel heute in der Regel nicht mit der historischen Herkunft. – Das deutsche Außenministerium unter Sigmar Gabriel offenbar auch nicht. Im vergangen Jahr gratulierte das Amt der Ukraine per Twitter mit "Slawa Ukrajini" zum Unabhängigkeitstag.
Alles nur Wahlkampf?
Eine Initiative, "Slawa Ukrajini", "Ruhm der Ukraine" als Grußformel für die Armee durchzusetzen, gab es bereits nach dem Beginn des Krieges in der Ostukraine 2014. Damals wurde jedoch nicht ernsthaft darüber diskutiert. Diesmal ist das anders, und das hat vor allem mit der Wahlkampfstrategie von Petro Poroschenko zu tun.
Der amtierende Präsident kann nur mäßige Umfragewerte vorweisen und liegt hinter der Favoritin Julia Timoschenko zurück. Mit seinem Wahlslogan "Armee, Sprache, Glauben" versucht er deshalb, die emotional-patriotische Karte auszuspielen – und der Wirbel um "Slawa Ukrajini" gehört offenbar dazu. Ob all das bei den Wahlen helfen wird, ist fraglich. Sie sind erst für den 31. März 2019 angesetzt. Und selbst Teile der traditionell patriotischen Zivilgesellschaft vermuten hinter der Kampagne nicht viel mehr als bloße Wahlkampftaktik.
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: TV | 24.08.2018 | 19:30 Uhr