Wahl des EU-Kommissionspräsidenten Visegrád-Staaten weiterhin gegen Timmermans

01. Juli 2019, 17:38 Uhr

Die vier osteuropäischen Visegrád-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn wollen auch am Dienstag bei ihrer Ablehnung der Kandidatur von Frans Timmermans als EU-Kommissionspräsident bleiben. Das sagte Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babiš nach der Unterbrechung der Gespräche am Montag.

Andrej Babis
Frans Timmermans bleibe für die Visegrád-Staaten als EU-Kommissionspräsident inakzeptabel, betonte Tschechiens Premierminister Andrej Babiš vor Journalisten. Bildrechte: imago images / CTK Photo

"Herr Timmermans kann selbstverständlich einen anderen bedeutenden Posten innerhalb der europäischen Strukturen einnehmen", sagte Babiš am Montag vor Journalisten. Er kritisierte Timmermans wegen der Flüchtlingsquoten. Außerdem warf er ihm "Vorurteile" gegen die mitteleuropäischen Mitgliedstaaten vor. Bereits zu Beginn des EU-Gipfels sagte Babiš, Timmermans habe sich mehrmals negativ über die Region geäußert und "völlig andere Ansichten" in Sachen Migration vertreten.

Polen: Timmermans nicht kompromissfähig

Ähnlich ablehnend äußerte sich Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki. Er hielt Timmermans fehlende Kompromissfähigkeit vor. "Wir müssen Menschen auswählen, die in der Lage sind, Kompromisse zu suchen und zustande zu bringen." Timmermans spalte als Politiker und verstehe Osteuropa nicht. Morawiecki warb gleichzeitig dafür, die osteuropäischen Länder nicht zu überstimmen, auch wenn dies formal möglich ist. Die Entscheidungen der EU müssten nach Möglichkeit die Interessen aller Mitgliedsländer des Blocks widerspiegeln. Es gehe hier um mehr als irgendeine Bananen-Richtlinie, sagte Morawiecki.

Ein neues Europa braucht neue Gesichter - solche, die nicht andere angreifen und Probleme suchen, sondern bemüht sind, den Ländern zu helfen.

Mateusz Morawiecki

Warschau will geheime Abstimmung

Polen fordert eine geheime Abstimmung über die Personalie Timmermans, in der Hoffnung, dass sich dann auch andere Länder den Visegrád-Staaten anschließen. Wie das polnische Nachrichtenportal onet.pl unter Berufung auf Regierungsquellen berichtet, würden in diesem Fall auch Kroatien, Irland, Italien, Litauen und Estland gegen Timmermans stimmen. Rumänien und Lettland sollen noch unentschlossen sein. Die polnische Delegation befürchtet offenbar, dass viele Länder, die Timmermans eigentlich negativ gegenüberstehen, durch Druck aus Berlin und Paris umgestimmt werden und dass selbst einzelne Visegrád-Staaten aus der gemeinsamen Front ausbrechen könnten. Eine geheime Abstimmung könnte das verhindern.

Der Mann hinter den Rechtsstaatlichkeitsverfahren

Einer der Hauptgründe für die polnische, aber auch ungarische Ablehnung der Personalie Timmermans dürften die Rechtsstaatlichkeitsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen beide Länder sein. Timmermans ist nicht nur aufgrund seiner Position als Rechtsstaatlichkeitskommissar dafür zuständig, er hat sie auch aktiv vorangetrieben und sich mehrfach negativ unter anderem zur polnischen Justizreform geäußert. Er bestand zudem auf eine Fortsetzung des Verfahrens gegen Polen, obwohl die Regierung in Warschau ihre umstrittene Justizreform teilweise abmilderte, um den Konflikt mit Brüssel zu entschärfen. Sowohl Polen als auch Ungarn werfen Timmermans Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten vor.

Ungarn: Timmermans arbeitet für Soros

In Ungarn selbst wird zudem der Mythos um die angebliche Einflussnahme durch US-Milliardär George Soros bemüht, um Timmermans zu diskreditieren. Der Sprecher der ungarischen Regierung, Zoltán Kovács, schrieb auf Twitter, hinter Timmermans stehe Soros, der auf diese Art und Weise seinen Mann in eine Schlüsselposition bringen wolle. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán behauptet seit Längerem, der jüdisch-stämmige Soros stehe an der Spitze einer Verschwörung gegen traditionelle Werte und versuche, Europa mit muslimischen Migranten zu überschwemmen. Soros selbst und die meisten Fachleute weisen die Vorwürfe als unsinnig und antisemitisch zurück.

(baz)

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR aktuell | 01.07.2019 | 17:45 Uhr

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