Das Kiewer Parlament
Das Parlament in Kiew hat ein umstrittenes Gesetz zur Stärkung der ukrainischen Sprache verabschiedet. Bildrechte: IMAGO/ITAR-TASS

Parlamentsbeschluss in Kiew Gesetz schreibt Ukrainisch in öffentlichen Einrichtungen vor

25. April 2019, 21:21 Uhr

Das Parlament in Kiew hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das die ukrainische Sprache stärken soll. Es sieht Ukrainisch als alleinige Sprache in öffentlichen Einrichtungen vor. Ansonsten drohen Geldstrafen. Der neue Präsident Selenskyj will die Neuregelung erst noch überprüfen. Russland nannte das neue Gesetz "skandalös".

Das Parlament in der Ukraine hat ein Gesetz verabschiedet, das Ukrainisch als alleinige Sprache in öffentlichen Einrichtungen vorschreibt. Mit dem Gesetz, das am Donnerstag die Rada in Kiew passierte, wird auch die Quote für ukrainischsprachige Fernseh- und Radioprogramme erhöht.

Geldstrafen für Beamte, Lehrer und Ärzte

Beamte auf allen Ebenen sowie Lehrer, Ärzte oder Anwälte müssen in Zukunft Ukrainisch sprechen. Andernfalls werden sie mit Geldstrafen belegt. Außerdem wird die "öffentliche Demütigung oder Vernachlässigung" der ukrainischen Sprache zu einer Straftat erklärt. Eventuelle Versuche, eine "offizielle Mehrsprachigkeit" in der Ukraine einzuführen, werden als verfassungswidrig eingestuft.

Das Gesetz soll nach Angaben aus Parlamentskreisen in Kiew erst in drei Jahren in Kraft treten. Bis dahin sollen landesweit Zentren zum Erlernen der ukrainischen Sprache und Kultur eröffnet werden. Gespräche im privaten und religiösen Bereich sind von dem neuen Gesetz ausgenommen.

Erstes Problem für Selenskyj

Das ukrainische Parlament verabschiedete das Gesetz nur wenige Tage nach der Wahl von Wolodymyr Selenskyj zum neuen Präsidenten. Während der scheidende Staatschef Petro Poroschenko die Verabschiedung des neuen Gesetzes via Twitter als "historisches Ereignis" bezeichnete, kündigte Selenskyj an, die Neureglung überprüfen zu wollen. Der Politik-Neuling, der selbst überwiegend Russisch spricht, war unter anderem mit dem Versprechen angetreten, die Spannungen mit Russland abbauen zu wollen.

Für Russland ein Skandal

Die Regierung in Moskau verurteilte das neue Sprach-Gesetz als "skandalös". Die Entscheidung werde nur die Spaltung der ukrainischen Gesellschaft vertiefen und die Möglichkeit eines Endes der Ukraine-Krise in weitere Ferne rücken, erklärte Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.

Russische Pässe für Ostukrainer

Das Parlament in Kiew verabschiedete das Gesetz einen Tag, nachdem Moskau bekannt gegeben hatte, die Vergabe von russischen Pässen an Bürger der selbsterklärten Republiken Donezk und Lugansk in der Ostukraine zu erleichtern. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini bezeichnete das von Präsident Wladimir Putin unterzeichnetes Dekret als einen "weiteren Angriff auf die Souveränität der Ukraine".

Putin hingegen verwies darauf, dass es in den ukrainischen Nachbarländern Polen, Ungarn und Rumänien seit langem Praxis sei, Ukrainern Pässe auszustellten. "Wenn andere Länder - Nachbarn der Ukraine - das seit vielen Jahren tun, warum kann Russland das nicht?", fragte der Kremlchef.


Ukrainisch oder Russisch: Sprachen in der Ukraine Die Sprachfrage gilt von jeher als ein zentraler Auslöser des Ukraine-Konflikts. Die meisten Menschen in der Ukraine sprechen sowohl Ukrainisch als auch Russisch. Der Osten und der Süden des Landes sind aber hauptsächlich russischsprachig. Einer Umfrage des Internationalen Instituts für Soziologie in Kiew aus dem Jahr 2017 zufolge sehen 68 Prozent der Bevölkerung Ukrainisch als ihre Muttersprache an, 14 Prozent Russisch und 17 Prozent beide Sprachen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 25. April 2019 | 15:30 Uhr

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