Präsidentenwahlen Präsidentschaftswahl in Polen: Gewinnen mit den USA?

07. Juli 2020, 16:46 Uhr

Am heutigen Sonntag entscheidet sich, wer polnischer Staatspräsident wird. Amtsinhaber Duda hatte sich schon vor dem ersten Wahlgang indirekt der Hilfe der USA versichert. Nun spielt auch sein Kontrahent die Amerika-Karte. Welche Rolle spielen die USA im polnischen Wahlkampf?

Donald J. Trump und Andrzej Duda
Gewinnen mit den USA: Trump empfiehlt den Polen, Staatspräsident Duda im Amt zu bestätigen. Bildrechte: imago images / MediaPunch

Ginge es nach den in den USA lebenden Polen, dann wäre Andrzej Duda bereits zum Präsidenten gewählt und müsste nicht in die Stichwahl. 50,7 Prozent der Stimmen aus den Vereinigten Staaten gingen an den Kandidaten der regierenden PiS-Partei.

Aus Dudas Sicht war es daher sinnvoll mitten im Wahlkampf vier Tage vor der ersten Runde einen 12-stündigen Flug von Warschau nach Washington auf sich zu nehmen, um sich mit dem US-Präsidenten Donald Trump ablichten zu lassen und sich indirekt der Hilfe der USA zu versichern.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigte Donald Trump sich überzeugt, Duda werde bei der anstehenden Wahl in Polen Erfolg haben. Außerdem ging es um die von Polen erhoffte Verstärkung der US-Militärpräsenz. Für das Projekt, das von Polens Präsident Andrzej Duda als "Fort Trump" bezeichnet wurde, führt die PiS-Regierung schon seit Langem eine diplomatische Offensive in Washington. Trump sagte nun erstmalig, dass "wahrscheinlich" ein Teil der in Deutschland stationierten Soldaten nach Polen verlegt werden solle. "Die amerikanisch-polnischen Beziehungen sind auf einem Allzeithoch. Ich danke Ihnen, dass Sie ein so beispielhafter Verbündeter sind", so Trump auf Twitter zu seinem Amtkollegen Duda.

Die Amerikaner gelten spätestens seit dem Krieg in der Ostukraine und der russischen Annexion der Krim in Polen als "Beschützer" vor den Russen. Nicht ohne Grund ist die Zustimmung zu dem Verteidigungsbündnis sehr hoch. NATO-Stützpunkte im Land sind deshalb gerne gesehen. Nur wenige polnische Politiker zweifeln den Sinn des Engagements der NATO an. Die Meinung der US-Amerikaner zählt in Polen.

Mehrheit der Polen vertraut Trump

Im Gegensatz zu Deutschland, wo nur 13 Prozent der Bürger Vertrauen in den US-Präsidenten auf der globalen Bühne haben, sind es Polen 51 Prozent der Befragten. Dies ergab eine Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinsituts PEW Research Center. Amerika ist seit Jahrzehnten beständig das Lieblingsland der Polen: 79 Prozent haben eine sehr positive Meinung von den Vereinigten Staaten. Nur in den Philippinen (80 Prozent) und Israel (83 Prozent) ist es mehr.

Diese positive Stimmung will auch Trump für sich nutzen, denn auch er befindet sich im Wahlkampf. Er setzt auf gute Beziehungen zu Polen, denn ihm nutzen die Stimmen der polnischen Amerikaner. Schätzungen gehen davon aus, dass zehn Millionen Amerikaner polnische Herkunft haben und ihre Kultur bis heute teilweise stark ausleben.

Konkurrent Trzaskowski ruft Obama an

Während Duda die zwölf Stunden zurück nach Warschau flog, pfeilte das Wahlkampfteam um Rafaeł Trzaskowski möglicherweise schon an einem Gegenangriff. Dudas Kontrahent kam dann auch prompt ein paar Tage nach dem ersten Wahlgang als klar wurde, dass Duda nicht die absolute Mehrheit erreicht und am 12. Juli gegen Trzaskowski in die Stichwahl muss.

In den Flieger setzte sich der Warschauer Bürgermeister allerdings nicht - ein Telefonat mit Barack Obama, Trumps Vorgänger im Weißen Haus, musste ausreichen. In einem Tweet bedanke sich Trzaskowski bei Barack Obama. Er schätze es, über die Bedeutung der polnischen Demokratie innerhalb der Europäischen Union und die Bedeutung des amerikanisch-polnischen Bündnisses" zu sprechen. "Das Vertrauen zwischen unseren Ländern ist ein Eckpfeiler der transatlantischen Beziehungen", so Trzaskowski und auch er spricht damit die Bedeutung der NATO an.

Das Telefonat der beiden Politiker wurde von fast allen großen Medien in Polen aufgegriffen und kommentiert. Überraschendes gab es kaum. Die Auswahl der Gesprächspartner mitten im Wahlkampf verdeutlicht jedoch, wie sich die beiden Kandidaten positionieren.

Wahl in Polen, Rafal Trzaskowski
Rafaeł Trzaskowski hat Chancen polnischer Präsident zu werden. Ob Obama hilft? Bildrechte: imago images/Eastnews

Duda sucht Trumps Nähe und Trzaskowski Obamas

Trump steht bekanntermaßen für ein "weißes" Amerikaner, das sich von Migranten abschottet. Er scheint kein Interesse daran zu haben, das Land zu einen. Was für Trump die Ausländer sind, werden für Duda immer mehr die Menschen aus der LGBT-Community. Mit jedem Tag näher am Wahltermin verwendet Duda eine Rhetorik, die in diesem Ausmaß nur dem rechten nationalistischen Rand zuzuordnen ist. So schürt Duda von homophoben Ressentiments und setzte vor kurzem, eine vermeintliche "LGBT-Ideologie" mit einem weiteren Feindbild der Rechten, dem Kommunismus, gleich und sprach von "Neo-Bolschewismus", der den Polen aufgedrückt werden solle. Damit hofft Duda auch die Wähler anzusprechen, die im ersten Wahlgang noch weiter rechts von der regierenden PiS wählten.

Trzaskowski dagegen setzt auf das Image von Obama als weltoffener, demokratischer Amerikaner. Als Oberbürgermeister von Warschau hatte sich Trzaskowski offen für mehr Rechte für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transpersonen ausgesprochen.

Trump: ja oder nein - PiS: ja oder nein

Ähnlich wie in den USA, wo die Menschen sich für oder gegen Trump entscheiden, ist auch in Polen, eine Spaltung der Gesellschaft in "ja" oder "nein" zur regierenden PiS und ihrem Kandidaten Duda zu beobachten. Es gilt sich zu positionieren, egal ob die politischen Inhalte gefallen oder nicht. Ein Wahlprogramm von Duda-Kontrahent Trzaskowski wurde erst sehr kurz vor dem ersten Wahlgang aufgesetzt. Der Slogan der Wahlkampagne "Mamy dość" ("Wir haben es satt") dagegen stand schon länger fest.

Stichwahl ist nötig Lange hatte es so ausgesehen, als könnte Duda bereits im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen erreichen. Doch am 28. Juni hat er 43,5 Prozent der Stimmen bekommen. Der Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski folgte an zweiter Stelle mit 30,4 Prozent der Stimmen. Für die Stichwahl am 12. Juli wird ein knappes Ergebnis erwartet. Im ersten Wahlgang lag die Beteiligung trotz Corona-Pandemie bei 64,5 Prozent. Dies sei einer der höchsten Werte bei Wahlen in den vergangenen Jahren, sagte der Vorsitzende der Kommission.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 26. Juni 2020 | 17:45 Uhr

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