Lage am Montag Sanktionen sorgen für Turbulenzen in Moskau – Putin bleibt stur

28. Februar 2022, 19:20 Uhr

Die russische Zentralbank hat angesichts der Sanktionen ihren Leitzins verdoppelt. Die Moskauer Börse blieb am Montag geschlossen. Mehrere Oligarchen des Landes kritisieren den Einmarsch in die Ukraine. Die russischen Streitkräfte greifen jedoch trotz erster Verhandlungen weiter an. Präsident Putin fordert unter anderem eine Entmilitarisierung der Ukraine.

Die neuen EU-Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben den russischen Finanzsektor am Montag in eine schwere Krise gestürzt. Die russische Zentralbank erhöhte ihren Leitzins auf 20 von zuvor 9,5 Prozent. Auch für eine weitere Anhebung zeigte sie sich offen. Damit sollte die Finanz- und Preisstabilität unterstützt und die Ersparnisse der Bürger vor Wertverlusten geschützt werden.

Nach Angaben der Europäischen Union besteht mit der Öffnung der Finanzmärkte zum Wochenstart ein Verbot, mit der Zentralbank Geschäfte zu machen. Alle ihre Vermögenswerte in der EU sind eingefroren. Einem Vertreter des Weißen Hauses in Washington zufolge kann die Notenbank in Moskau auch weltweit keine Geschäfte in US-Dollar mehr abwickeln. Der Großteil der russischen Devisenreserven im Wert von rund 630 Milliarden US-Dollar sei de facto blockiert.

Die Strafmaßnahme gegen die Zentralbank gilt als einmalig. Der Rubel ist im Vergleich zu westlichen Währungen praktisch vollständig entwertet. Der Aktienmarkt in Moskau blieb geschlossen. Die Zentralbank wird nach eigenen Angaben am Dienstag darüber informieren, ob und wann Aktien und Derivate wieder gehandelt werden können.

Mehrere russische Oligarchen kritisieren Einmarsch in die Ukraine

In Russland wächst derweil die Kritik am Angriff gegen die Ukraine. Nach Angaben von Amnesty International wurden bei Protesten bislang landesweit mehr als 5.900 Demonstrierende festgenommen. Für die Zahl beruft sich Amnesty auf die russische Menschenrechtsorganisation OVD-Info.

Inzwischen melden sich aber auch namhafte Stimmen. Der russische Oligarch Oleg Tinkov schrieb etwa auf Instagram, in der Ukraine würden jeden Tag unschuldige Menschen sterben. Das sei inakzeptabel. Der Medienmogul Evgeny Lebedev bat Präsident Wladimir Putin in einem offenen Brief, "den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten."

Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten.

Evgeny Lebedev, Medienmogul in einem Brief an Präsident Putin

Der Eigentümer eines der größten russischen Industriekonzerne, Oleg Deripaska, forderte einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik. Man müsse den "Staatskapitalismus" beenden.

Deeskalation auch nach Verhandlungen nicht in Sicht

An der ukrainisch-belarussischen Grenze kamen an Tag fünf des Krieges Vertreter der Ukraine und Russlands zu ersten Friedensverhandlungen zusammen. Im Anschluss erklärte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak, die Gespräche seien ohne einen Durchbruch beendet worden. Beide Seiten hätten eine Reihe von Hauptthemen festgelegt, bei denen "bestimmte Entscheidungen" getroffen werden müssten.

Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski hatte zuvor versichert, dass Moskau interessiert an einer Einigung sei. Der Kreml hat eine Stellungnahme dazu abgelehnt, was genau er mit den Gesprächen erreichen will.

Putin fordert Entmilitarisierung der Ukraine

Während die Verhandlungen ohne die beiden Präsidenten stattfanden, telefonierte Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dabei nannte Putin nach Kreml-Angaben drei Bedingungen für eine Einigung mit der Ukraine. Das seien die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine, ein neutraler Status des Landes und die Anerkennung der Krim als russisches Gebiet.

Der Elysee-Palast erklärte, Putin habe seine Bereitschaft zugesichert, sich dafür einzusetzen, dass Angriffe auf die Zivilbevölkerung eingestellt werden sowie die zivile Infrastruktur und ein sicherer Zugang zu wichtigen Straßen erhalten bleibe.

Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums wird der russische Vormarsch von heftiger Gegenwehr der Ukrainer gebremst.

MDR, dpa, epd, AFP, Reuters (rnm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. Februar 2022 | 18:00 Uhr

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