Strenge Corona-Politik Chinas Festnahmen in Shanghai nach Protesten

28. November 2022, 16:57 Uhr

Nach Protest gegen strenge Corona-Maßnahmen hat es in Shanghai mehrere Festnahmen gegeben. In den chinesischen Metropolen Shanghai und Peking waren hunderte junge Menschen auf die Straße gegangen. Die Kundgebungen richteten sich gegen die kommunistische Regierung und Staatschef Xi. Auch in anderen Städten gab es Proteste vor allem von Studenten. Auslöser war eine Brandkatastrophe in der Stadt Ürümqi, bei der Rettungsmaßnahmen durch Anti-Covid-Regelungen behindert wurden.

Die chinesische Polizei hat nach Angaben eines Journalisten der Nachrichtenagentur AFP am Montag zwei Menschen bei Protesten in der Wirtschaftsmetropole Shanghai festgenommen. Zudem wurde der BBC-Reporter Ed Lawrence festgenommen und nach eigenen Angaben von Polizisten misshandelt.

Festnahme eines BBC-Reporters

"Die BBC ist extrem besorgt über die Behandlung unseres Journalisten Ed Lawrence, der festgenommen und in Handschellen gelegt wurde, während er über die Proteste in Shanghai berichtete", sagte ein Sprecher des britischen Senders. Lawrence sei bei der Festnahme von Polizisten geschlagen und getreten worden, obwohl er eine Akkreditierung als Journalist habe. Erst Stunden später sei er wieder freigelassen worden.

Am Wochenende hatten in der Hauptstadt Peking und der Hafenmetropole Shanghai hunderte vorwiegend junge Menschen gegen die Null-Covid-Politik der Regierung protestiert. Es sind die größten Proteste in China seit der Demokratiebewegung 1989, die das Militär am 4. Juni jenes Jahres blutig niedergeschlagen hatte.

Wie in Online-Videos zu hören war, forderten Demonstrierende in Shanghai den Rücktritt von Staats- und Parteichef Xi Jingping und einen Rückzug der Kommunistischen Partei. Den Aufnahmen zufolge gab es mehrere Festnahmen. Die Behörden gingen schnell gegen Berichte über die Proteste im Internet vor. Nach Auftauchen von Aufnahmen wurden Beiträge mit Bezug zu den Demonstrationen beim Onlinedienst Weibo gelöscht.

Protestaktion an der Elite-Uni Tsinghua

Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur hielten viele Demonstranten unbeschriebene weiße Blätter hoch. Es wurden Parolen wie "Hebt den Lockdown auf" und "Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit" gerufen. Protestmärsche gab es auch in anderen Millionenstädten wie Shanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou.

Auch an der Tsinghua-Universität in der Hauptstadt Peking beteiligten sich laut Augenzeugen und Online-Berichten am Sonntag Hunderte Studenten an einem Protest gegen Corona-Lockdowns. Teilnehmer hätten die Nationalhymne sowie die Internationale gesungen und skandiert: "Die Freiheit wird siegen." Wie viele Menschen festgenommen wurden, war zunächst unklar. In China herrschte praktisch eine Nachrichtensperre.

Auslöser der Protestwelle war ein Brand in einem Hochhaus in der nordwestchinesischen Stadt Ürümqi in der Provinz Xingjiang. Dabei sollen mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen und neun verletzt worden sein.

Null-Covid-Strategie in der Kritik

Anwohner des Unglücksortes Ürümqi kritisierten in sozialen Netzwerken, dass die rigiden Corona-Maßnahmen den Kampf gegen das Feuer erschwert hätten. So sei die Feuerwehr durch Straßensperren behindert worden. Die Provinz Xingjiang ist seit mehr als 100 Tagen wegen Corona isoliert.

China meldete indes den vierten Tag in Folge Rekordinfektionszahlen von landesweit offiziell knapp 40.000 Neuansteckungen. Das Land hält dennoch an seiner strengen Null-Covid-Strategie fest. Nach Bekanntwerden einzelner Infektionen werden ganze Wohnblöcke, Stadtteile oder ganze Städte tagelang oder für Wochen abgeriegelt. Dabei kam es bisher bereits auch zu Engpässen bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Ein Fünftel der zweitgrößten Volkswirtschaft und damit Hunderte Millionen Menschen dürften landesweit von Lockdowns betroffen sein, schätzen Experten. Viele Unternehmen stoßen an ihre Grenzen. Beschäftigte und gerade Wanderarbeiter müssen häufig schmerzhafte Lohneinbußen hinnehmen.

Hasselmann: "Was für ein Mut"

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Ich glaube schon lange, dass die Null-Covid-Politik der Kommunistischen Partei Chinas zum Scheitern verurteilt ist. Der Druck in der Bevölkerung steigt wie in einem Dampfkessel und bricht sich nun erstmals Bahn." Die Verbindung von Corona-Protesten mit Forderungen nach Freiheit und Demokratie im Hochschulwesen habe "eine neue Qualität". Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Britta Hasselmann, betont den Mut der Demonstrierenden auf dem Sozialen Netzwerk Twitter.

AFP,dpa(ans,kar)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. November 2022 | 08:00 Uhr

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