Schloss Elmau, Bayern
Das Schloss Elmau in Bayern aus sicherer Entfernung: G7-Gipfel am Fuß des Wettersteingebirges Bildrechte: IMAGO/Peter Widmann

Gipfeltreffen in Elmau Die G7 im Krisenmodus

26. Juni 2022, 05:00 Uhr

Ab Sonntag kommen auf Schloss Elmau die Staats- und Regierungschefs von sieben einflussreichen westlichen Industrienationen zusammen. Im Fokus des G7-Gipfels stehen vor allem zwei aktuelle Krisen – der russische Überfall auf die Ukraine und die anhaltende Coronavirus-Pandemie. Welche Rolle die Klimakrise spielen wird, ist dagegen offen.

Alexander Budweg
Bildrechte: Tanja Schnitzler/ARD Hauptstadtstudio

Idyllisch am Fuß des Wettersteingebirges gelegen, verspricht Schloss Elmau den G7-Teilnehmern perfekte Gipfel-Aufnahmen. Schließlich geht es immer auch um die Macht der Bilder, wenn sich die Mächtigen der Welt treffen.

Das Alpenpanorama bot schon 2015 die perfekte Kulisse, als Angela Merkel hier den anderen Staats- und Regierungschefs ein Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel abrang. Immerhin ist der Klimawandel nirgendwo auf der Welt so deutlich messbar wie in der hiesigen Bergwelt.

Und auch in diesem Jahr hat Bundeskanzler Olaf Scholz das Thema wieder ganz oben auf die Agenda gesetzt. Doch die Gruppe der Sieben und ihre Gäste werden sich zuvorderst wohl um andere aktuelle Krisen kümmern müssen.

Ukraine-Krise: Selenskyj als Gast

Er wird wohl nur per Video zugeschaltet werden. Dennoch sendet der Gipfel mit der Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine unmissverständliche Botschaft in Richtung Russland: Die G7-Staaten stehen an der Seite der Ukraine. Interessant in diesem Zusammenhang dürfte werden, ob sich diesem Bekenntnis auch einer der diesjährigen Gäste des Treffens anschließen wird. Bislang hat sich Indiens Premier Narendra Modi noch nicht klar zum russischen Angriff auf die Ukraine geäußert. Zwar hat er zu einem Ende der Gewalt aufgerufen, aber bislang weder den Einmarsch kritisiert noch sich irgendwelchen Sanktionen angeschlossen.

Selenskyj wird vor allem weitere Maßnahmen gegen Russland erwarten. "Auf dem Gipfel werden wir eine Reihe konkreter Vorschläge unterbreiten, um den Druck auf Russland zu erhöhen und unsere gemeinsame Unterstützung für die Ukraine zu demonstrieren", sagte ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung am Mittwoch. Einzelheiten nannte er aber nicht. Neben weiteren Sanktionen gegen Russland wird es auch um zusätzliche Unterstützung für die Ukraine gehen – militärisch wie finanziell.

Energiekrise: Unterschiedliche Antworten der G7

Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs spüren alle G7-Staaten unter anderem an den massiv gestiegenen Energiepreisen. Beim Treffen der G7-Energieminister Anfang März berichteten alle Teilnehmer zudem von Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. In Deutschland gilt seit Donnerstag die zweite Stufe des Notfallplans Gas. Auch die Gipfelteilnehmer Italien und Frankreich sind von den gedrosselten Gaslieferungen aus Russland betroffen.

"Wir müssen die große Abhängigkeit von fossilen Importen aus Russland durch eine beschleunigte Energiewende verringern, um unsere Energiesouveränität und Energiesicherheit zu stärken", sagt Deutschlands Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck. Doch diese Ansicht teilen nicht alle G7-Staaten. Frankreich setzt massiv auf den Ausbau der Kernenergie. Die USA und Kanada profitieren als Gasexporteure von den hohen Preisen und wollen insbesondere die Gewinnung durch die umstrittene Fracking-Technologie ausweiten, um Europa mit mehr Flüssiggas beliefern zu können.

Beim Erdöl hingegen haben die USA eine Preisobergrenze ins Spiel gebracht. "Wir sprechen über eine Preisdeckelung oder eine Preisaussetzung", sagte US-Finanzministerin Janet Yellen. Das solle "den Preis für russisches Öl drücken und Putins Einnahmen schmälern". Zudem sollten Nebeneffekte auf einkommensschwache Länder und Entwicklungsländer verhindert werden, die derzeit mit den hohen Preisen für Nahrungsmittel und Energie zu kämpfen hätten.

Corona-Krise: Impfstoffe, Lockdowns und Lieferketten

Neben den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs werden die G7-Staaten auch über die anhaltenden Folgen der Coronavirus-Pandemie sprechen. Durch die Null-Covid-Strategie Chinas sind nach wie vor die Lieferketten gestört. Im größten Hafen der Welt in Shanghai stauen sich die Frachtschiffe, weil vor allem im chinesischen Inland die Bänder bei produzierenden Betrieben stillstehen und die Logistik nicht mehr reibungslos funktioniert. Das hemmt das Wirtschaftswachstum, dadurch steigen die Preise, was die weltweite Inflation anheizt.

Polizei bei G7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015
G7-Gipfel wird abgeschirmt: Polizei bei dem Treffen 2015 Bildrechte: imago/Future Image

Auf einer G7-Konferenz hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil deshalb verbindliche internationale Regeln für Lieferketten gefordert. "Nötig ist ein weltweit gemeinsames Verständnis darüber, wie nachhaltiges Unternehmenshandeln aussieht und wie es durchzusetzen ist", sagte er bei dem Treffen im Mai. Heil wünscht sich dazu ein klares Votum vom G7-Gipfel. Wie das aussehen könnte, ließ er aber offen.

Bundeskanzler Olaf Scholz will mit den anderen G7-Staats- und Regierungschefs auch über eine Beschleunigung der globalen Impfkampagne gegen Covid-19 sprechen. Dabei soll es auch um die Impfstoffproduktion in Entwicklungsländern gehen. Nach Ansicht der Bundesregierung ist beides notwendig, um das Ziel der Weltgesundheitsorganisation zu erreichen, die bis Mitte dieses Jahres 70 Prozent der Weltbevölkerung impfen wollte.

Wirtschaftskrise: Krieg und Pandemie drücken auf Konjunktur

"Es besteht die Gefahr einer sehr ernstzunehmenden Wirtschaftskrise aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise, aufgrund der Lieferketten-Probleme, aufgrund auch der Inflation", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner vergangene Woche.

Diese Sorge teilen nicht nur die anderen G7-Staaten. Vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer leiden massiv unter den Auswirkungen. Welche Antworten der Gipfel in Elmau darauf geben wird, ist zwar noch offen. Allerdings wollen die G7-Staaten wohl vermeiden, mit einem strikten Sparkurs auf die Krise der Weltwirtschaft zu reagieren.

Ernährungskrise: Unicef fordert Unterstützung der G7

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Hauptursache der derzeitigen Ernährungskrise: Die Ukraine ist normalerweise einer der größten Getreide-Exporteure der Welt. Durch den Krieg liegen nun aber Felder brach, Getreidespeicher sind zerstört und Häfen blockiert, was zu einer Verknappung auf dem Weltmarkt und damit zu stark steigenden Preisen geführt hat.

Laut UN-Kinderhilfswerk Unicef sind fast acht Millionen Kinder unter fünf Jahren in 15 Krisenländern vom Hungertod bedroht. Für die Versorgung der gefährdeten Kinder, unter anderem am Horn von Afrika und in der Sahelzone, seien jetzt dringend neue Finanzmittel nötig, erklärte Unicef. So benötige die Organisation 1,2 Milliarden US-Dollar unter anderem für die Beschaffung und Verteilung von therapeutischer Nahrung. Das Kinderhilfswerk erwartet vom G7-Gipfel zusätzliche Finanzmittel.

Klimakrise: Hauptthema oder Randnotiz?

Last but not least will Bundeskanzler Scholz die G7 für die Gründung eines Klima-Clubs gewinnen. Ziel ist die Förderung ambitionierter Klimaschutzprojekte, um die Umsetzung des Pariser Abkommens zu beschleunigen. Außerdem sollen einheitliche Standards für den Ausstoß und die Bepreisung von CO2 vereinbart werden. Deutschland und die USA haben beim G7-Treffen der Umwelt - und Energieminister Ende Mai bereits eine Energie- und Klimapartnerschaft geschlossen. Im Fokus stehen die Entwicklung des Windenergie-Sektors auf See, das Thema Wasserstoff, Verkehr ohne Treibhausgasemissionen sowie die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern.

Ähnliche Vereinbarungen möchte Scholz nun auch mit den anderen G7-Staaten erreichen. Aus Regierungskreisen heißt es, dass dies nicht einfach werde, weil es etwa beim Thema erneuerbare Energien unterschiedliche Vorstellungen und Abhängigkeiten in den einzelnen Ländern gebe. Von den G7-Staaten wird auch mehr Geld für das 2015 von der deutschen G7-Präsidentschaft angestoßene Programm für Klimarisiko-Versicherungen erwartet, die Schäden etwa bei Stürmen und Überschwemmungen ausgleichen. Als Initiator müsste Deutschland hier eigentlich vorangehen, doch der Bundeshaushalt 2022 sieht keine höheren Klimahilfen vor.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 23. Juni 2022 | 19:30 Uhr

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