Islamische Kleidervorschriften Kopftuchpflicht wird wieder im Iran kontrolliert
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16. Juli 2023, 21:10 Uhr
Im Iran will die berüchtigte "Sittenpolizei" wieder die Kopftuchpflicht kontrollieren. Im ganzen Land sollen Patrouillen wieder Verstöße ahnden. Die Kontrollen waren im vergangenen Herbst nach Massenprotesten eingestellt worden. Auslöser der Demonstrationen war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Nach ihrem Tod hatten viele Iranerinnen aus Protest kein Kopftuch mehr getragen.
Im Iran kontrollieren auf den Straßen wieder die "Sittenwächter", ob Frauen das Kopftuch korrekt tragen. Die staatliche Nachrichtenagentur Isna berichtete am Sonntag unter Berufung auf einen Sprecher der Polizei, im ganzen Land sollen Einheiten der sogenannten Moralpolizei mit Patrouillen zu Fuß und in Fahrzeugen wieder gegen Verstöße vorgehen.
In den vergangenen Monaten ignorierten in dem Land mit fast 90 Millionen Einwohnern viele Frauen die islamischen Kleidungsregeln – auch als Zeichen des stillen Protests.
Kopftuchpflicht nach Protestwelle ausgesetzt
Nach den Demonstrationen gegen die politische und religiöse Führung im vergangenen Herbst waren die berüchtigten Einheiten von den Straßen der Metropolen verschwunden. Zwischenzeitlich deutete die Justiz sogar die Auflösung der umstrittenen Moralpolizei an. Auslöser der Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Die junge Frau starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.
Der Sicherheitsapparat ließ die dann aufkommenden Proteste brutal niederschlagen und bislang sieben Demonstranten hinrichten. Tausende wurden festgenommen. Die Führung ließ zudem einen Gesetzentwurf ausarbeiten, über den das Parlament in Kürze abstimmen soll. Das Gesetz sieht neue und harte Strafen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht vor – zunächst mehrfache Verwarnungen, etwa per SMS. Dann drohen Geldbußen, Berufsverbote und in Extremfällen sogar Gefängnis.
Kleidervorschrift soll auch online überprüft werden
Zur Kontrolle soll vor allem Überwachungstechnik mit Gesichtserkennung zum Einsatz kommen. Auch online veröffentlichte Fotos, auf denen Frauen ohne den Hidschab zu sehen sind, sollen Konsequenzen haben. Der Hidschab bedeckt in der Regel Haare, Ohren und Hals, meistens auch leicht die Schultern. Restaurants, Museen oder Einkaufspassagen müssen mit Schließung rechnen, wenn dort gegen die Pflicht zum Verhüllen der Haare verstoßen wird.
Seit mehr als 40 Jahren gilt im Iran die Kopftuchpflicht infolge der Islamischen Revolution. Schon vor Jahrzehnten demonstrierten viele Frauen dagegen. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik – seit 2006 kontrolliert die "Sittenpolizei" deren Einhaltung. Auch deshalb gilt eine Lockerung oder Abschaffung als unwahrscheinlich.
dpa, AFP (kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Juli 2023 | 11:30 Uhr