TourismusTeneriffa und der Tourismus: Wie ist die Stimmung zur Hochsaison?
Die Kanarischen Inseln sind beliebte Urlaubsziele. Immer mehr Menschen zieht es dorthin. Vielen Einwohnern ist das zu viel. Das zeigten große Proteste im April. Wie ist die Stimmung aktuell auf Teneriffa? MDR-Umschau-Moderatorin Ana Plasencia ist dort aufgewachsen und hat mit den Menschen vor Ort gesprochen.
Zu Beginn der diesjährigen Sommer-Saison hatte es auf den Kanaren große Proteste gegen den Massentourismus gegeben. Sie standen unter dem Motto "Die Kanaren haben eine Grenze". Die Demonstranten forderten von der Regierung unter anderem, die Vermietung von Ferienunterkünften stärker zu kontrollieren und zu steuern. Auch in der Kritik stehen Immobilien, die an Ausländer ohne festen Wohnsitz auf den Inseln verkauft werden. Beides macht Wohnraum rar und Mieten teuer.
MDR-Umschau-Moderatorin Ana Plasencia ist auf Teneriffa. Das ist eine der Kanarischen Inseln. Dort ist sie groß geworden und hat auch noch Familie dort. Gerade hat sie die Stimmung vor Ort für eine MDR-Umschau-Reportage eingefangen. Wir haben Sie dazu befragt.
Die großen Proteste vom April liegen etwas zurück. Wie viel Unmut ist jetzt noch in der Bevölkerung mit Blick auf den Tourismus zu spüren?
Ana Plasencia: Es herrscht eine angespannte Ruhe. Vor zehn Tagen wurden auch noch einmal Proteste gegen ein sehr umstrittenes touristisches Mega-Projekt organisiert, den "Cuna del Alma". Die Proteste gehen also weiter, aber nicht mehr in der Dimension.
2023 zählten die Kanaren 16 Millionen Besucher, aus dem In- und Ausland. Das ist ein Plus von elf Prozent. Das spült doch Geld in die Kassen?
Die großen Menschenmengen spülen Geld in die Kassen. Der Tourismus ist für 35 Prozent des Kanarischen Brutto-Inland-Produktes und für 40 Prozent der Beschäftigung verantwortlich. Das weiß auch die Bevölkerung. Das macht sich aber nicht bemerkbar durch höhere Löhne.
Mehr Wohnraum gibt es dadurch auch nicht. Die Mieten sind sehr teuer. Eins der großen Probleme ist ja die angespannte Wohnungssituation. Viele Wohnungen sind jetzt auch Ferienwohnungen und werden unter anderem von Airbnb angeboten. Es kommen sehr viele Touristen. Das heißt aber nicht, dass die Bevölkerung vor Ort etwas davon hat.
Womit haben die Menschen im Alltag zu kämpfen?
Der Durchschnittslohn auf den Kanarischen Inseln liegt bei 1.500 Euro, in vielen Fällen ist das Einkommen natürlich darunter. Wenn man dann 800 oder 1.000 Euro Miete für eine Wohnung bezahlen muss, dann reicht es am Ende hinten und vorne nicht. Das ist ein Problem, was überall in Europa stattfindet. Es kommen immer mehr Touristen. Es wird immer voller an den Flughäfen, in den Straßen. Die Infrastruktur stößt an ihre Grenzen. Der Wohnungsmarkt spitzt sich zu. Davon sind viele betroffen, auch welche, die ich kenne.
Menschen vor Ort haben mir erzählt, dass sie ihre Wohnungen, ihr Privateigentum, in Ferienwohnungen umgewandelt haben und nun vermieten. Sie sagen: "Es ist mein gutes Recht, das würde ich gerne weiterhin tun". Es gibt aber auch die, die eine Wohnung besitzen und sagen: "Ich werde sie nicht an die Bevölkerung weitervermieten, weil ich nicht sicher bin, ob die Miete der Wohnung bezahlt werden kann. Dann werde ich ein Problem haben, diese Personen aus meiner Wohnung rauszubekommen". Es gibt damit also auch Wohnungen, die leer sind, weil sie nicht vermietet werden. Menschen verdienen in vielen Fällen einfach zu wenig, um sich eine Wohnung zu leisten.
Es kommen sehr viele Touristen. Das heißt aber nicht, dass die Bevölkerung vor Ort etwas davon hat.
Ana Plasencia
Was sind die Hauptforderungen?
Dass man nicht weiter so unkontrolliert wächst und weiter Hotels baut. Viele fordern einen sofortigen Baustopp. Ein Wissenschaftler, mit dem wir über Lösungsansätze gesprochen haben, erklärte, man muss dem Tourismus irgendwann mal Grenzen setzen. Die Ressourcen haben ihre Grenzen. Das sagen auch viele dort. Man fordert auch die Einführung einer Besteuerung von Tourismus-Übernachtungen. Davon will die Regierung weniger hören.
Gefordert wird eine effektivere Überwachung der Vermietung von Ferienwohnungen. Es gibt einen Gesetzesentwurf mit restriktiveren Vorgaben. Wenn das umgesetzt wird, wird es schwieriger, Ferienwohnungen am Markt vorbei zu vermieten. Ob dadurch wieder mehr Wohnraum für die Bevölkerung frei wird, bleibt abzuwarten. Man braucht Kontrollmechanismen. Es geht nicht darum zu sagen, es dürfen keine Touristen mehr kommen. Wir brauchen Lösungen, die das besser regulieren.
Was wäre Dir noch wichtig?
Dass die Löhne steigen, vor allem im Dienstleistungssektor. Menschen, die in Hotels und Restaurants arbeiten, verdienen einfach zu wenig. Hier sollte besser bezahlt werden. Das weiß die Regierung auch. Deswegen versucht sie, touristische Ziele attraktiver zu machen und will auf mehr Qualität setzen. Dadurch sollen mehr Gelder eingenommen werden und die Löhne steigen können.
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MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 27. August 2024 | 20:15 Uhr