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Britische PremierministerinAntrittsrede: Truss blickt positiv in die Zukunft

07. September 2022, 12:37 Uhr

In Großbritannien ist Liz Truss ist von der Queen offiziell zur Premierministerin ernannt worden. Damit hat das Vereinigte Königreich eine neue Regierungschefin. In ihrer Antrittsrede legte die 47-Jährige den Fokus auf Wirtschaft, Energiekosten und die Gesundheitsversorgung.

In ihrer Antrittsrede als neue Premierministerin von Großbritannien hat die bisherige Außenministein Liz Truss eine bessere Zukunft für das Vereinigte Königreich angekündigt. "Wir haben gewaltige Reserven an Talent, Energie und Entschlossenheit", sagte sie vor ihrem Amtssitz in der Londoner Downing Street.

Als Prioritäten nannte Truss die Wirtschaft, die Energiepreise und den Gesundheitsdienst NHS. So kündigte sie etwa Maßnahmen gegen die "unbezahlbaren Energierechnungen" an. Diese seien durch Russlands "entsetzlichen" Krieg in der Ukraine verursacht worden. Man werde Großbritannien in eine aufstrebende Nation verwandeln. "Gemeinsam können wir den Sturm überstehen", erklärte die 47-Jährige.

Queen Elizabeth II. ernennt Truss offiziell

Zuvor hatte Queen Elizabeth II. Truss offiziell zur Premierministerin von Großbritannien ernannt. Die Monarchin beauftragte die 47-Jährige mit der Bildung einer neuen Regierung. Queen Elizabeth II. hatte vor der Ernennung den Rücktritt von Boris Johnson entgegengenommen. Er hatte das Amt nach einer Reihe von Skandalen aufgegeben. Truss und Johnson mussten für die Zeremonie von London aus zum 800 Kilometer entfernten Schloss Balmoral in Schottland fliegen, wo die Queen traditionell den Sommer verbringt.

Truss gab zudem bereits Kabinettsposten bekannt. Die bisherige Arbeitsministerin Therese Coffey, die als engste Verbündete von Truss gilt, soll das Gesundheitsministerium übernehmen und wird zugleich Vizeregierungschefin. Auf den wichtigen Posten des Finanzministers berief die 47-Jährige den bisherigen Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng. Neuer Außenminister wird James Cleverly, der zuletzt Bildungsminister und zuvor Europa-Staatssekretär unter Truss war. Die als konservative Hardlinerin geltende Suella Braverman wird Innenministerin.

Johnson mit letztem Auftritt

Johnson sicherte der neuen britischen Premierministerin Liz Truss in einem dramatischen Auftritt am Morgen Unterstützung zu. Allerdings machte der 58-Jährige seinem Ärger über das erzwungene Aus deutlich Luft und ließ Raum für Spekulationen über ein Comeback.

Die bisherige britische Außenministerin Truss hatte zuvor bei einer parteiinternen Abstimmung der Konservativen Partei rund 57 Prozent der Stimmen erhalten und setzte sich gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak durch, der auf 43 Prozent kam. Als neue Parteivorsitzende zieht sie auch als Regierungschefin in den Regierungssitz Downing Street 10 ein.

Truss kündigte nach ihrer Wahl einen "kühnen Plan" für Steuersenkungen und Wachstum an. Auch die Probleme der hohen Energiepreise wolle sie lösen. "Ich werde in der Energiekrise liefern, indem ich die Energierechnungen der Menschen angehe, aber mich auch der langfristigen Probleme mit der Energieversorgung annehme", sagte die 47-Jährige in ihrer ersten Rede nach der Kür zur Parteivorsitzenden.

Mit Truss gewinnt die Favoritin

Nach Margaret Thatcher und Theresa May ist Truss die dritte Premierministerin Großbritanniens. Rund 200.000 Parteimitglieder der Konservativen konnten in den vergangenen Wochen per Brief oder online abstimmen. Truss galt als Favoritin und hatte in Umfragen klar vor Ex-Finanzminister Rishi Sunak gelegen. Truss soll am Dienstag von Königin Elizabeth II. auf deren Landsitz im schottischen Schloss Balmoral offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt werden.

Die bisherige Außenministerin wird dem rechten Flügel der Partei zugeordnet. Sie gilt als Befürworterin eines harten Brexit und warb im innerparteilichen Wahlkampf mit populistischen Äußerungen zu Geflüchteten, Linken, Umweltaktivisten und zu gesellschaftlichen Minderheiten um Zustimmung. Ihr Kontrahent Rishi Sunak hatte Truss im Wahlkampf vorgeworfen, mit ihren wirtschaftlichen Plänen "Märchen" zu erzählen. Der ehemalige Finanzminister inszenierte sich als Politiker, der sich nicht scheut, in der Krise auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Er versprach den Briten Entlastungen. Steuersenkungen würde er jedoch erst in Erwägung ziehen, wenn die Inflation wieder unter Kontrolle sei.

Johnson ruft zu Einigkeit auf, Kritik aus der Opposition

Der scheidende Premierminister Boris Johnson rief seine Konservative Partei nach dem Ende der Abstimmung dazu auf, sich geschlossen hinter seiner designierten Nachfolgerin Liz Truss zu versammeln. Die 47-Jährige habe den richtigen Plan, um die Energie- und Inflationskrise zu bewältigen und die Partei zu einen, schrieb Johnson auf Twitter. "Jetzt ist es an der Zeit, dass alle Konservativen zu 100 Prozent hinter ihr stehen."

Unterdessen haben führende britische Oppositionspolitiker die künftige Premierministerin bereits heftig kritisiert. Man habe von Truss weitaus mehr über eine Kürzung der Unternehmensteuer gehört als über Erleichterungen für Privathaushalte, sagte Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei. "Das zeigt, dass sie nicht nur abgehoben ist, sondern auch nicht auf der Seite der arbeitenden Bevölkerung steht." Truss müsse sich mit der Krise der Lebenshaltungskosten, mit dem maroden Gesundheitssystem sowie Kriminalität auseinandersetzen, forderte Starmer. Auch der Chef der britischen Liberaldemokraten, Ed Davey, übte Kritik. Von Truss sei mehr von den Krisen und dem Chaos zu erwarten, das bereits Boris Johnson gebracht habe, schrieb Davey auf Twitter. Es sei Zeit, eine Neuwahl einzuberufen.

Mehrere Skandale führten zum Rückzug Johnsons

Johnson scheidet nach zahlreichen Skandalen auf Druck seines Kabinetts aus dem Amt aus. Die "Partygate"-Affäre um verbotene Lockdown-Feiern in Johnsons Amtssitz hatten ihn ins Wanken gebracht. Als prominente Mitglieder seines Kabinetts zurücktraten und damit einen Massenexodus aus den Reihen der Regierung auslösten, sah der 58-Jährige sich zum Rücktritt gezwungen. Ein mögliches Comeback gilt jedoch nicht als ausgeschlossen. Johnson, der weiterhin viele Unterstützer in der Partei hat, bleibt zunächst Parlamentarier.

dpa, APF, Reuters (dk/fef)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. September 2022 | 13:36 Uhr