Den Haag Ermittler: Putin hatte offenbar aktive Rolle bei Abschuss von Flugzeug MH17

Ein Ermittlungsteam sieht starke Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Putin entschied, die für den Abschuss des Flugzeugs MH17 verwendeten Raketen zu liefern. Dennoch stellen die Strafverfolger das Verfahren aus Mangel an belastbaren Beweisen ein. Bereits im vergangenen Jahr waren drei pro-russische Separatisten in den Niederlanden wegen Beteiligung an dem Abschuss verurteilt worden.

Das Joint Investigation Team (JIT) präsentiert seine Ergebnisse in einer Pressekonferenz.
Ermittler des Gemeinsamen Ermittlungsteams zum MH17-Abschuss über der Ostukraine stellen in Den Haag ihre Erkenntnisse vor. Bildrechte: IMAGO / ANP

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Erkenntnissen internationaler Ermittler eine aktive Rolle beim Abschuss des Passagierflugzeuges MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine gespielt. Das geht aus abgehörten Telefongesprächen hervor, wie das Ermittlerteam am Mittwoch in Den Haag mitteilte. Es gebe "starke Hinweise", dass Putin entschieden habe, den prorussischen Rebellen die Luftabwehrrakete zur Verfügung zu stellen, mit der die Maschine später abgeschossen wurde.

Ermittler in Den Haag berufen sich auf abgehörtes Telefonat

Die Ermittler stützen ihre Schlussfolgerung unter anderem auf ein abgehörtes Telefongespräch eines russischen Regierungsberaters. Darin war es demnach um verzögerte Waffenlieferungen an die pro-russischen Separatisten gegangen. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich Putin in Frankreich auf. Die Verzögerung liege daran, "dass es nur einen gibt, der eine Entscheidung trifft (...), die Person, die gerade auf einem Gipfel in Frankreich ist", heißt es in einer Passage des Telefonats, welche die Ermittler vorspielten.

Allerdings reiche die Beweislage nicht aus für eine Verurteilung Putins oder anderer Vertreter der russischen Regierung, erklärten die Strafverfolger. "Die Ermittlungen sind an einem Ende angelangt", sagte Staatsanwältin Digna van Boetzelaer. "Die Erkenntnisse reichen nicht für die Strafverfolgung neuer Verdächtiger aus." Es sei nicht gelungen, die für den Abschuss direkt verantwortlichen Soldaten zu identifizieren.

Russland weist Verantwortung für MH17-Absturz zurück

Die Boeing der Malaysia Airlines war im Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie über umkämpftem Gebiet mit einer russischen Luftabwehrrakete vom Typ Buk abgeschossen wurde. Alle 298 Menschen an Bord starben. Russland hat stets jegliche Beteiligung an dem Abschuss der Boeing zurückgewiesen.

Flugroute des Fluges MH17 als Grafik
Flugroute des Fluges MH17 im Juli 2014 Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Gegen drei Russen und einen Ukrainer – alle hatten damals führende Positionen bei den prorussischen Rebellen in der Ostukraine – wurde Anklage erhoben. Im vergangenen Jahr wurden drei von ihnen in einem Prozess schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Mann wurde freigesprochen. Keiner der Angeklagten nahm an dem Prozess teil, alle drei Verurteilten sollen sich in Russland aufhalten. Die meisten der Opfer waren Niederländer, daher fand der Prozess auch in dem Land statt.

dpa/AFP/Reuters (jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. Februar 2023 | 15:00 Uhr

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