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Die EU kann sich bislang auf kein gemeinsames Konzept einigen, das die derzeitige Zeitumstellung ersetzen soll. Bildrechte: imago/Rene Traut

Winterzeit und SommerzeitAbschaffung der Zeitumstellung scheitert weiterhin an fehlendem EU-Konzept

28. März 2023, 10:11 Uhr

2019 stimmte das EU-Parlament mit deutlicher Mehrheit dafür, die Zeitumstellung abzuschaffen. Noch ist der Beschluss aber nicht umgesetzt. Die Mitgliedstaaten können sich auf kein Konzept einigen. Schlafforscher und Politiker sehen die Abschaffung jedoch kritisch.

2018 machte sich der ehemalige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker für eine Abschaffung der Zeitumstellung stark. Er wurde von dem Ergebnis einer Umfrage motiviert, die zeigte, dass die meisten die Zeitumstellung abschaffen wollten. "Das Europäische Parlament bewegt sich eh seit Jahren in diese Richtung. Die Menschen wollen das, wir machen das."

2019 stimmte das Europäische Parlament ab und beschloss, die Zeitumstellung abzuschaffen. Erst sollte die Novelle schon 2019 umgesetzt werden, dann 2021.

Bislang kein gemeinsames Konzept zur Abschaffung der Zeitumstellung

Nun herrschen in Brüssel Zweifel, dass der Beschluss tatsächlich in die Tat umgesetzt werden kann. Das liege vor allem daran, dass die Mitgliedstaaten sich nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen können, erklärt Anna Cavazzini, Grünen-Abgeordnete im Europaparlament.

Sie engagiert sich seit vielen Jahren gegen die Zeitumstellung und erwartet von den Mitgliedstaaten: "dass sie einen Mechanismus entwickeln, wie der Binnenmarkt nicht gestört wird und dass wir nicht bei einem Flickenteppich landen, Land A macht die Sommerzeit Zeit und Land B die Winterzeit. Die Mitgliedstaaten sollten einen solchen Mechanismus entwickeln und das ist einfach nie passiert."

Das EU-Parlament könne nur warten bis die Mitgliedstaaten ein Konzept entwickeln. In Brüssel wurden alle Termine zu dem Thema bis 2026 abgesagt. Das hänge auch damit zusammen, dass viele andere dringende Themen im Fokus stehen, sagt Cavazzini.

Schlafforscherin: Zeitumstellung sinnvoll

Andrea Rudenbeck, Schlafforscherin aus Göttingen, sagt, sie sei "eh kein Fan" des Vorstoßes. Auch wenn die halbjährliche Umstellung uns durchaus einige Tage aus dem Gleichgewicht bringen könne. "Ich bin eher Kritikerin, ich halte es wie alle Kollegen eigentlich für ein sinnvolles Konzept, dass wir die Zeitumstellung haben, weil wir eben zu bestimmten Zeiten auch das Licht brauchen, um unsere inneren Rhythmen gut an unsere Schlafzeiten anpassen zu können."

Einigten sich die Staaten auf Sommerzeit, würde es in Köln an vielen Tagen im Winter bis halb zehn Uhr vormittags dunkel sein, erklärt Rudenbeck. Bei der Entscheidung für die Winterzeit würde es in Berlin hingegen im Sommer zeitweise schon vor um drei Uhr morgens hell – und das sei für den menschlichen Organismus nicht ideal, erklärt die Schlafmedizinerin.

Neues Konzept: Halbe Sommerzeit

In Brüssel werden unterschiedliche Modelle diskutiert. Zum Beispiel die sogenannte "halbe Sommerzeit". Diese ist eine halbe Stunde nach der Sommerzeit und eine halbe Stunde vor der Winterzeit. Ein internationales Forscherteam erarbeitete außerdem ein Konzept, wie Zeitzonen in Europa neu aufgeteilt werden könnten.

"Es gibt verschiedene spannende Modelle. Ich finde es gut und wichtig, wenn Forscherinnen und Forscher jetzt noch mal einen aktuellen Vorstoß machen." Anna Cavalezzi glaubt, dass solche Vorschläge die Debatte vorantreiben könnten.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Textes haben wir ein Zitat der Schlafforscherin Andrea Rudenbeck (unter der Zwischenüberschrift "Schlafforscherin: Zeitumstellung sinnvoll") missverständlich wiedergegeben. Die Passage wurde korrigiert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 25. März 2023 | 06:00 Uhr