Mitteldeutschland kompakt | 08.06.2022

08. Juni 2022, 15:50 Uhr

Trotz Corona, Ukraine-Krieg und hoher Inflation steht Thüringen wirtschaftlich bislang relativ gut da. Diese Einschätzung gab am gestrigen Nachmittag die Chefvolkswirtin der thüringisch-hessischen Landesbank (Helaba), Gertrud Traud in Erfurt. Demnach seien die meisten wirtschaftlichen Rahmendaten positiv. Die Exportquote Thüringens sei stabil bei 37 Prozent, fast alle großen Industriezweige erzielten wieder ein Umsatzplus. Die Arbeitslosigkeit im Freistaat sei weiter die niedrigste im ganzen Osten. Vor diesem Hintergrund prognostiziert Gertrud Traud für Thüringen ein Wachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr, nahezu so viel wie für ganz Deutschland. Vorausgesetzt, Russland verhängt nicht noch einen sofortigen Gas-Lieferstopp, so die Chef-Volkswirtin der Helaba. Kritisch sieht sie die immer schnellere Überalterung im Land.

Im Thüringer Landtag beginnen heute die Gespräche über einen Fortbestand der Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe. CDU und AfD fordern in jeweils eigenen Gesetzentwürfen, dass das Land das Schulgeld weiterzahlt. Das Bildungsministerium hatte kürzlich entschieden, dass Azubis in Gesundheitsberufen wieder selbst für ihre Ausbildung zahlen müssen. Das Ministerium begründete den Schritt mit dem Sparbeschluss des Landtags. Die rot-rot-grüne Landesregierung verweist darauf, dass die Union den Sparbeschluss durchgesetzt habe.

Auch Sachsens Wirtschaftsminister Dulig hat angesichts weiter hoher Spritpreise Kritik an Mineralölkonzernen geübt. Es sei "moralisch unanständig", in dieser Zeit hohe Gewinne zu machen, sagte der SPD-Politiker. Die mit dem sogenannten Tankrabatt angestrebte Entlastung etwa für Pendler oder Handwerksbetriebe durch die Senkung von Spritpreisen müsse gewährleistet werden. Wenn die Konzerne nicht mitzögen, unterstütze er den Vorschlag einer Übergewinnsteuer, sagte Dulig. Die Abgabe war von Teilen von SPD und Grünen ins Gespräch gebracht worden. Sie würde Unternehmen oder Branchen belasten, die durch den Krieg zusätzliche Gewinne machen.

Die IG Metall hat die Beschäftigten der Stahlindustrie in Brandenburg und Sachsen zum Warnstreik aufgerufen. Nach Informationen des MDR haben am Morgen 90 Beschäftigte des Mannesmann-Röhren-Werkes in Zeithain die Arbeit niedergelegt. Wie IG-Metall-Sekretär Wohlfeld mitteilte, handelt es sich um Mitarbeiter der Tagschicht. Sie fordern 8,2 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten bislang eine Einmalzahlung von 2.100 Euro angeboten. Die IG Metall hatte das als unzureichend zurückgewiesen und auf die Inflation sowie hohe Gewinne in der Branche verwiesen.

Auch in diesem Jahr heißt es in Halle wieder: "Aktion Zuckertüte!" Mit der gemeinsamen Aktion des AWO Ortsvereins Halle-Nord und Halle-Mitte sowie der AWO Halle-Merseburg werden ABC-Schützen aus Halle-Neustadt, der Silberhöhe und dieses Mal auch ukrainische Grundschulkinder des Slawia e.V. und des DRK unterstützt. Ziel der Aktion ist es, die Kinder mit Schulmaterial für einen gelungenen Schulstart auszurüsten. An mehreren Tagen sammeln ehrenamtliche Unterstützer der Arbeiterwohlfahrt auf dem Markt in Halle Stifte, Hefte, Malkästen, Kinderlexika und andere Dinge, die wissbegierige Erstklässler benötigen. Wer die Aktion ebenfalls unterstützen möchte, kann sich am Zuckertütenstand oder bei den Mitmach-Aktionen informieren, welche Utensilien gebraucht werden und direkt vor Ort die Spenden abgeben. Die freiwilligen Helfer übergeben die Pakete den Kindern bei einem "Zuckertütenfest" zum Kita-Abschied.

In Vockerode im Landkreis Wittenberg haben ganz besondere ukrainische Flüchtlinge ein neues zu Hause gefunden: Die Rede ist von jungen Rettungshunden, die Juliane Greitzinger und ihre Kollegen der Rettungshundestaffel aus dem ukrainischen Kriegsgebiet nach Deutschland holen konnten. Zwei der Welpen werden jetzt in Vockerode zu vollwertigen Rettungshunden ausgebildet, während die Hundeführer einen weiteren Hilfstransport planen. Pfotenschutzschuhe, Hundefutter und weiteres Zubehör für die vierbeinigen Retter wird gesammelt und soll in den kommenden Wochen in die Ukraine gebracht werden.

Am Sonntag, 12. Juni, 16:00 Uhr lädt das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode gemeinsam mit Pianist Albert Mamriev zu einem Benefizkonzert für die Ukraine in das Konzerthaus Liebfrauen Wernigerode. Karten zu 22 Euro sind in der Touristinformation Wernigerode, über Biber Ticket sowie online unter www.pkow.de erhältlich. 5 Euro je verkauftem Ticket werden an die Ukraine-Hilfe des Bürgerfonds der Stadt Wernigerode gespendet.

Bundeskanzler Scholz hat Litauen zusätzliche militärische Unterstützung für den Fall eines russischen Angriffs zugesagt. Der SPD-Politiker sagte in Vilnius, Deutschland fühle sich als Nato-Verbündeter verpflichtet. Im Falle eines Angriffs werde jeder Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigt. Einzelheiten zum deutschen Engagement nannte Scholz nicht. Er hatte sich gestern in Vilnius mit den Regierungschefs von Litauen, Lettland und Estland ausgetauscht. Die baltischen Staaten dringen seit längerer Zeit darauf, in den drei Ländern Nato-Brigaden zu stationieren. Das wären jeweils bis zu 5.000 Soldaten. Bislang ist in Litauen ein Nato-Bataillon mit 1.600 Soldaten stationiert.

Der ukrainische Präsident Selenskyj schließt eine Waffenruhe derzeit aus. In einer Video-Botschaft erklärte Selenskyj, Ziel sei es, wieder die Kontrolle über die von Russland eroberten Gebiete zu erlangen. Die Ukraine habe schon zu viele Menschen verloren, um jetzt einfach Territorium abzutreten. Man müsse vielmehr eine vollkommene Befreiung des Landes erreichen. In der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten sind nach Darstellung des Kremls inzwischen alle Wohngebiete unter Kontrolle Russlands.

Die frühere Bundeskanzlerin Merkel hat den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verurteilt. Bei ihrem ersten großen Interview nach dem Ende ihrer Amtszeit sagte Merkel in Berlin, das sei ein brutaler, das Völkerrecht missachtender Überfall. Dafür gebe es keine Entschuldigung. Russland habe damit einen großen Fehler gemacht. Merkel sagte, es sei nach dem Mauerfall nicht gelungen, eine Sicherheits-Architektur zu schaffen, die die jetzige Eskalation hätte verhindern können. Der Kalte Krieg sei nicht wirklich beendet worden. Präsident Putin habe ihr schon 2007 gesagt, dass der Zerfall der Sowjetunion für ihn die schlimmste Sache des 20. Jahrhunderts gewesen sei. Damit sei klar gewesen, dass es einen großen Dissens gebe. Eine Entschuldigung für ihren Russland-Kurs lehnte sie ab. Sie sei nicht blauäugig gewesen. So sei Russland nach der Krim-Annexion 2014 aus der G8-Gruppe ausgeschlossen worden.

інші теми

MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille
MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille Права на зображення: MDR/Kirsten Nijhof
MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille
MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille Права на зображення: MDR/Kirsten Nijhof