Fachkräftemangel Hotels und Gaststätten in Sachsen-Anhalt treffen Vietnam
Hauptinhalt
Sachsen-Anhalt fehlen Auszubildende. Besonders das Gastgewerbe ist betroffen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband geht neue Wege und begegnet dem Fachkräftemangel mit jungen Auszubildenden aus Vietnam.

Viele Lehrstellen in Sachsen-Anhalt bleiben unbesetzt
In Sachsen-Anhalt blieb laut der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen im Ausbildungsjahr 2018/19 etwa jede zehnte Ausbildungsstelle in der Hotellerie und knapp jede fünfte Stelle in der Gastronomie unbesetzt. In Sachsen und in Thüringen sehen die Zahlen laut der dortigen Agenturen für Arbeit ähnlich aus. Grund dafür ist vor allem der demographische Wandel. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Sachsen-Anhalt möchte dem Mangel entgegenwirken und vermittelt deshalb junge Vietnamesinnen und Vietnamesen für eine Ausbildung in sachsen-anhaltische Betriebe. Ein Projekt mit Zukunft.
Deutsche Ausbildung ist in Vietnam gefragt
"Die vietnamesische Mentalität passt sehr gut ins Dienstleistungsgewerbe, weil die Vietnamesinnen und Vietnamesen sehr freundlich und fleißig sind. Und die jungen Leute aus Vietnam finden es verlockend, zu uns zu kommen, weil die deutsche Ausbildung in Vietnam sehr angesehen ist", zeigt Burghard Bannier die Vorteile des sogenannten Vietnam-Projekts auf. Er hat in seinem Hotel in Arendsee in der Altmark gleich fünf junge Vietnamsinnen und Vietnamesen eingestellt. Er bildet sie als Hotelfach-mann/frau, Restaurantfach-mann/frau und Koch/Köchin aus.
Die erste Auszubildende, die über das Vietnam-Projekt 2018 zu ihm kam, war die 21-Jährige Nguyen Thi Minh, genannt Minh. Vor ihrer Ankunft in Deutschland hatte sie nur ein Jahr Deutsch gelernt.
Die Sprache ist die größte Hürde
Für den perfekten Ausbildungsrahmen von Minh und den anderen vietnamesischen Auszubildenden macht Burghard Bannier viele Überstunden. Er begleitet seine vietnamesischen Auszubildenden zu Ämtern, hilft beim Finden und Einrichten von Wohnungen und kümmert sich darum, dass die Auszubildenden einen zusätzlichen Sprachkurs machen können. Die deutsche Sprache stellt die größte Hürde dar. Die Vietnamesinnen und Vietnamesen müssen ein mittleres Sprachniveau mitbringen (B1-Niveau gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen), das aber reicht laut Burghard Bannier nicht, um den Umgang mit den Gästen zu meistern.
Man muss sich bewusst sein, dass die jungen Leute 10.000 km von zu Hause entfernt sind. Auch wenn wir kein Elternersatz sein können, wollen wir, dass sie sich wohlfühlen. Dazu gehört auch, Unterkünfte für sie zu finden, Möbel zu organisieren und mit zu Ämtern zu gehen.
Knapp 200 Vietnamesen schon über das Projekt vermittelt
Minh und die anderen jungen Vietnamesinnen und Vietnamesen sind über den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Sachsen-Anhalt nach Arendsee gelangt. Insgesamt sind knapp 200 Vietnamesinnen und Vietnamesen über das Vietnam-Projekt für eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe nach Sachsen-Anhalt gekommen.
Die Betriebe, die Vietnamesinnen und Vietnamesen ausbilden, sind sehr zufrieden, sagt Michael Schmidt, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen-Anhalt. Mit knapp 200 vietnamesischen Auszubildenden könne man aber natürlich noch nicht den kompletten Bedarf abdecken. Außerdem sei auch nicht jeder Betrieb für das Vietnam-Projekt geeignet: "Viele Betriebe, die Nachwuchssorgen haben, scheuen sich noch davor, ausländische Auszubildende einzustellen." Er ist aber überzeugt, dass das Vietnam-Projekt keine Eintagsfliege sein wird: "Internationalität ist in unserer Branche sehr wichtig. Insofern ist es von Bedeutung, multikulturell zu werden. Außerdem werden wir die Demographie nicht in ein paar Jahren ändern, da reden wir von zwanzig oder dreißig Jahren", so Michael Schmidt.
Neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit März 2020
Auswirkungen auf das Vietnam-Projekt wird das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben, das seit dem 1. März 2020 gilt. Das Gesetz regelt die Einwanderung von ausländisch qualifizierten Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland. Es birgt für das Vietnam-Projekt sowohl Chancen als auch Risiken. Einerseits sind dadurch die Hürden für Nicht-EU-Ausländer, nach Deutschland zu kommen, verringert worden.
Andererseits befürchtet Michael Schmidt, dass das neue Gesetz negative Auswirkungen auf die Sprachkenntnisse der Vietnamesinnen und Vietnamesen hat: "Wenn die Sprache nicht funktioniert, ist das schwierig, weil die vietnamesische Mentalität ist eher so, dass die junge Frau oder der junge Mann sich dann zurückduckt und nicht spricht und das nützt uns dann nichts. Deshalb setzen wir weiter auf einen B2-Kurs in Deutschland."
Integration in Arendsee
Nguyen Thi Minh und Burghard Bannier in Arendsee haben ihre anfänglichen Sprachbarrieren komplett überwunden. Der 21-jährigen Frau macht im Service so schnell keiner etwas vor. Auch nach ihrer Ausbildung möchte sie weiter im Gastronomiebereich arbeiten.
Burghard Bannier ist sehr stolz auf seine fünf vietnamesischen Auszubildenden. Er würde sich freuen, wenn aus seinem Vietnam-Team der ein oder die andere auch nach der Ausbildung bleiben würde.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 30. März 2020 | 16:00 Uhr