
Aufruf von Verdi Bundesweite Streiks bei Real
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Die Handelskette Real hat derzeit großen Ärger mit der Gewerkschaft Verdi. Der Grund: Vor zwei Jahren, als Real wirtschaftliche Sorgen hatte, hat man gemeinsam einen Zukunftstarifvertrag ausgehandelt. Die Beschäftigten verzichteten freiwillig auf einen Teil ihres Gehalts. Doch Real genügt das heute offenbar nicht mehr. Die Handelskette hat den Tarifvertrag gekündigt. Neue Mitarbeiter sollen noch weniger Geld bekommen. Verdi hatte deshalb für Freitag zu Warnstreiks in den Real-Märkten aufgerufen.

Manuela Zörner aus Sachsen-Anhalt arbeitet schon 25 Jahre für Real. Sie mag ihren Job, hat aber schon einmal gestreikt. Nun ist es das zweite Mal, wofür die Betriebsrätin nach eigener Aussage gute Gründe hat: "Für uns ist es eine Möglichkeit, die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, was im Handel und bei Real los ist. Wir wollen deutlich machen, warum die Verkäuferin nicht immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen hat, wie man es erwartet. Wir zeigen unserem Arbeitgeber damit die rote Karte. Wir sagen, dass wir nicht damit einverstanden sind, was er mit uns vorhat."
Weniger Lohn für neue Mitarbeiter
Real, eine Tochter der milliardenschweren Metro AG, hat den Zukunftstarifvertrag gekündigt. Für bereits Beschäftigte ist das zunächst gut. Sie werden wieder nach Branchentarif bezahlt und bekommen vorerst mehr. Neue Mitarbeiter sollen aber deutlich weniger erhalten: nach Gewerkschaftsangaben bis zu 25 Prozent.
Real spalte die Belegschaft, um langfristig nur noch Dumpinglöhne zu zahlen, kritisiert Verdi-Sekretär Jörg Lauenroth-Mago. "Wir haben Real zu Verhandlungen aufgefordert und werden solange für Unruhe im Betrieb sorgen. Jetzt haben wir zum Beispiel zu bundesweiten Streiks aufgerufen. Das werden wir fortsetzen. Wir werden alle Kraft da rein setzen, dass wir dieses Unternehmen wieder zurückführen in den Branchentarifvertrag."
Vertrag mit Alternativgewerkschaft rechtens?
Real lehnte ein Interview dazu ab. Die Handelskette teilte aber schriftlich mit, man bleibe sehr wohl tarifgebunden. Dafür habe man mit der Alternativgewerkschaft DHV einen Vertrag abgeschlossen. "Die Gewerkschaft Verdi akzeptiert jedoch nicht, dass es auch andere Gewerkschaften gibt, die modernisierte Tarifverträge anwenden wollen. Aus diesem Grunde verbreitet Verdi Falschinformationen über Real."
Verdi weist das von sich und bezweifelt, dass die Gewerkschaft DHV überhaupt Tarifverhandlungen führen darf. Sie gehört nicht zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), hat viel weniger Mitglieder und über ihre Tariffähigkeit wird vor Gericht gestritten. Fest steht: Weil die Deutschen gern billig einkaufen, verspüren die Händler enormen Spardruck.
Forderung nach Rückkehr zu alten Regelungen
Nur jeder dritte Händler zahlt überhaupt Tarif. Und es werden wohl noch weniger, bedauert der Sozialwissenschaftler Stefan Sell: "Der Wettbewerbsdruck zwischen diesen Unternehmen ist so groß, dass man wie auf einer Rutschbahn mitmachen will und muss bei diesem Lohndumping. Das ist ja das Problem, dass wir im Einzelhandel seit Jahren beklagen und diskutieren. Ich darf darauf hinweisen, dass diese Entwicklung erst seit dem Jahr 2000 überhaupt aufgetreten ist. Denn bis dahin waren die Tarifverträge im Einzelhandel allgemeinverbindlich." Das heißt, sie galten für alle Händler.
Sell findet, die Politik müsse zu dieser Regelung zurückkehren. Eine Verkäuferin mit Tarifvertrag bekomme immerhin bis zu 30 Prozent mehr. Eine Berufsanfängerin in Mitteldeutschland kann monatlich mehr als 2.000 Euro brutto verdienen – oder eben nur den gesetzlichen Mindestlohn.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Juli 2018 | 06:05 Uhr
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13.07.2018 07:44 Basil Disco 1