ErziehungsratgeberCannabis: Hilfe, mein Kind kifft!
Die Jacke des Sohnes riecht süßlich. Scheinbar hat der Nachwuchs Gras geraucht. Eltern sind dann oft unsicher und fragen sich, wie sie damit umgehen sollen. Mit der beschlossenen Teil-Legalisierung von Cannabis für Volljährige haben viele Eltern Angst, dass die Droge für Kinder und Jugendliche zur Normalität wird. Auch wenn der Zugang für Minderjährige weiter verboten ist, bleiben manche Fragen offen. Erziehungsexpertin Nora Imlau beantwortet einige davon.
Inhalt des Artikels:
Wie gefährlich ist Cannabis?
Cannabis zu konsumieren, empfinden viele als okay. Die Droge kann jedoch der Gesundheit schaden. Besonders gefährdet sind Jugendliche, denn wer früh viel kifft, erhöht sein Risiko für Entwicklungsstörungen.
Was sind kurzfristige Risiken?
Oft greifen Jugendliche zum Joint, weil sie entspannen, Stress reduzieren oder ein bestimmtes Problem verdrängen möchten. Doch genau das kann auch das Gegenteil bewirken. Cannabis kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich wirken. Was den einen glückselig macht, beeinflusst einen anderen unter Umständen negativ. Akute Nebenwirkungen, die unter Cannabis auftreten können, vergehen in der Regel innerhalb einiger Stunden oder weniger Tage von allein. Dazu zählen:
- Angst- und Panikgefühle
- Orientierungslosigkeit
- Verminderte Reaktionsfähigkeit
- Erinnerungslücken
- Übertriebene Empfindlichkeit
- Depressive Verstimmung
- Herzrasen, Übelkeit oder Schwindel
- Halluzinationen
Was sind langfristige Schäden?
Wenn Cannabis regelmäßig über einen längeren Zeitraum konsumiert wird, kann das zu schweren gesundheitlichen Problemen führen.
Psychische Folgen:
- Angststörungen
- Depressionen
- bipolare Störung
- Psychosen
Organische Schäden:
- Schädigung der Atemwege
- Chronische Bronchitis bis hin zu einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung
- Erhöhtes Lungenkrebsrisiko
Wie wirkt Cannabis auf das junge Gehirn?
Mediziner warnen: Im Gegensatz zu Erwachsenen ist die Hirnentwicklung bei jungen Menschen noch nicht vollends abgeschlossen. Wird das Gehirn regelmäßig mit THC geflutet, kann dies die Reifeprozesse und damit verbunden die Persönlichkeitsentwicklung stören.
In welchem Alter kommen Jugendliche statistisch gesehen das erste Mal mit Drogen in Berührung?
Meist kommen Heranwachsende während der Pubertät zum ersten Mal mit Drogen in Kontakt. Es ist die Phase der körperlichen und seelischen Veränderungen, der Abnabelung vom Elternhaus und der Selbstfindung, zu der auch die Suche nach dem berauschenden Kick, nach riskanten Abenteuern und nach enthemmenden Grenzerfahrungen gehören kann. Auch Gruppenzwang in der Clique kann Jugendliche dazu bringen, Zigaretten, Alkohol, Cannabis, Haschisch oder noch gefährlichere Designerdrogen auszuprobieren.
Wenn jedoch nicht nur Experimentierlust im Spiel ist, kann Drogenkonsum ein Indiz dafür sein, dass der Teenager große Probleme hat und Rauschmittel etwa als "Hilfe" gegen Schulstress, Versagensängste, Liebeskummer oder Konflikte in der Familie einsetzt.
Woran können Eltern erkennen, dass ihr Kind Drogen nimmt?
- Wesensveränderungen: starke Stimmungsschwankungen, unangemessen aggressives, unruhiges, aber auch depressives und zurückgezogenes Verhalten.
- Körperliche / psychische Signale: ungesundes Aussehen, fahle Gesichtsfarbe, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, häufige Übelkeit, Kreislaufstörungen, Müdigkeit und Erschöpfung.
- Veränderung des Verhaltens: Das Kind kann nur schlecht zuhören, wirkt unkonzentriert, ist vergesslich, wechselt unvermittelt Gesprächsthemen, hat Koordinationsschwierigkeiten, ist oft apathisch und gereizt oder zeigt Aktivitäts-und Motivationsverlust.
- Änderung der Lebensgewohnheiten: Der Freundeskreis verändert sich, das Kind vernachlässigt Schule oder Arbeit, hält die Tagesplanung nicht mehr ein, lässt Hobbys und Sport schleifen, vernachlässigt Aussehen und Körperpflege und lässt sein Zimmer verwahrlosen.
- Finanzielle Probleme: Das Taschengeld reicht nicht mehr aus, Jugendliche brauchen ständig Geld, ohne dass Gekauftes sichtbar wird, bei den Eltern verschwindet Geld aus dem Portemonnaie.
Wie sollten sich Eltern verhalten, wenn sie merken, dass ihr Kind Drogen nimmt?
Eltern sollten zuallererst das Gespräch suchen. Nur durch engen Kontakt zueinander ist es möglich, das Drogenproblem anzugehen und dem Kind zu helfen. Ein "finales" Gespräch, in der Hoffnung, dass der Fall damit erledigt ist, reicht allerdings nicht aus. Eltern dürfen nicht erwarten, dass sich ihr Sprössling gleich gesprächsbereit und zugänglich zeigt. Viele Jugendliche reagieren zunächst mit Wut und Verzweiflung, da sie wissen, dass ihr Verhalten falsch ist.
Anschließend sollten die Eltern:
- Veränderungen des Jugendlichen ansprechen
- eigene Gefühle unter Kontrolle haben, ruhig und sachlich bleiben nie abwertend argumentieren
- dem Jugendlichen nicht hinterherspionieren
- Umgang mit "falschen Freunden" nicht pauschal verbieten, sondern Bedenken begründen
- mit Eltern aus dem Freundeskreis über Auffälligkeiten sprechen und gemeinsame Regeln finden
- konstruktives Misstrauen zeigen, wenn Jugendliche sich herausreden wollen
- gemeinsame Unternehmungen, den Jugendlichen einbeziehen
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MDR (rr,jba,cbr)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 02. April 2024 | 14:00 Uhr