Wenn der Blitz einschlägtSmarthome, Computer und Co.: Stecker ziehen bei Gewitter?
Im Sommer ziehen regelmäßig dunkle Wolken auf und bringen Blitze und Donner mit sich. Dass der Mensch sich vor einem Gewitter in Sicherheit bringen sollte, lernt er von klein auf. Wie aber sieht es mit elektronischen Geräten aus? In modernen Haushalten finden sich immer mehr davon: Computer, Telefone, Fernseher. Wir klären die Frage, ob sich das Ziehen des Steckers lohnt.
Inhalt des Artikels:
Ein Blitzeinschlag kann fatale Folgen haben. Neben der Gefährdung von Leib und Leben sind auch defekte Gegenstände häufig eine Folge von Gewittern. Laut des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft kam es 2022 in Deutschland zu 160.000 Schäden durch Blitze und Überspannungen. Versicherungen zahlten dafür rund 170 Millionen Euro aus.
Warum sind Blitze für das Stromnetz gefährlich?
Wenn es gewittert und in der Nähe ein Blitz einschlägt, dann kann dies Auswirkungen auf die elektronischen Geräte zu Hause haben. Dabei muss der Einschlag nicht mal direkt ins Gebäude selbst erfolgen: Über Leitungen im Boden kann die Spannung auch von einiger Entfernung bis in den Haushalt gelangen und dort eine Überspannung verursachen. In Deutschland hat das Stromnetz eine Spannung von 230 Volt – ein Blitz kann aber zehn Millionen Volt und höher haben.
Was ist eine Überspannung?Bei einer Überspannung wird die übliche Spannung des Hausnetzes überschritten. In Deutschland beträgt sie 230 Volt. Auf diese sind alle elektronischen Geräte abgestimmt. Durch Schaltvorgänge im Stromnetz oder einen Blitzeinschlag kann die Spannung kurzfristig höher sein. Das wird als Überspannung bezeichnet.
Die Folgen einer zu hohen Spannung: Schäden an Steckdosen und Endgeräten. Fernseher, Computer oder Telefone gehen kaputt. Dabei ist es nicht nur das Gerät selbst, das in Mitleidenschaft gezogen wird, sondern auch der Verlust von wichtigen Dokumenten, Daten und Bildern ist möglich. Der Fachverband Elektro- und Informationstechnik Sachsen/Thüringen weist darauf hin, dass auch fest mit dem Stromnetz verbundene Geräte betroffen sein können. Dazu zählen unter anderem Kochgeräte und Heizungsanlagen, aber auch Garagentore, Photovoltaikanlagen oder Ladepunkte für E-Autos.
Auf dem Land kommt es eher zu Überspannungen als in der Stadt
In ländlichen Regionen ist die Gefahr einer Überspannung höher. Dort ist das Leitungsnetz nicht so verzweigt wie in Städten. Dadurch kann sich nach einem Blitzeinschlag der elektrische Strom nicht so gut verteilen und wahrscheinlicher bei einem einzelnen Endabnehmer landen.
Wie kann ich mich vor Schäden schützen?
Ein Blitzschutz für Gebäude wird in den Bauordnungen der Bundesländer gesetzlich geregelt, so beispielsweise in Paragraph 46 in Sachsen. Dabei muss nicht jedes Haus verpflichtend einen Blitzschutz haben. Bei Hochhäusern etwa ist es vorgeschrieben.
Damit bei einem Blitzeinschlag möglichst wenig an Haus und Einrichtung kaputt geht, hilft ein äußerer und innerer Blitzschutz.
- Der äußere Blitzschutz ist der klassische Blitzableiter. Er sorgt dafür, dass der Blitz in den Boden fährt und verhindert damit Brände.
- Der innere Schutz hingegen wirkt gegen eine Überspannung. Hierbei handelt es sich um mehrere spezielle Ableiter, die vom Fachmann oder der Fachfrau zum Beispiel im Zählerschrank verbaut werden. Zudem gehören auch Steckdosen mit integriertem Überspannungsschutz dazu.
"Es ist vor allem die Überspannung, die die elektronischen Bauteile zerstört. Bei einem direkten Blitzeinschlag in eine elektrische Anlage fließen so hohe Ströme, die Kabel, Klemmstellen und Geräte thermisch überlasten und zerstören. Gerade deshalb ist ein äußerer und innerer Blitzschutz an und in Gebäuden wichtig. Im öffentlichen Bereich ist er zwingend vorgeschrieben, siehe Schulen und Krankenhäuser", erklärt Ingolf Wulkow, technischer Berater beim Landesinnungsverband Sachsen-Anhalt der Elektrohandwerke.
Seit 2018 ist ein Überspannungsschutz in Neubauten Pflicht. Das regelt die DIN VDE 0100-443/-534 des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V., kurz VDE. Für ältere Häuser gilt zunächst der sogenannte Bestandsschutz. "Solang keine Nutzungsänderung vorgenommen wird, besteht der so genannte 'Bestandsschutz'. Nach wesentlichen Änderungen der Elektroanlage, zum Beispiel beim Einbau einer Wärmepumpe oder eines Ladepunkts für E-Autos besteht für diesen Teil der Anlage kein Bestandsschutz", schreibt Detlef Köhler, Geschäftsführer des Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Sachsen/Thüringen.
Hilft es, den Stecker von elektronischen Geräten zu ziehen?
Für Ingolf Wulkow vom Landesinnungsverband Sachsen-Anhalt der Elektrohandwerke ist das Steckerziehen keine dauerhafte Lösung: "Wenn es im Gebäude keinen fest installierten Überspannungsschutz gibt, dann ist das Herausziehen des Netzsteckers für das betreffende Endgerät eine althergebrachte Notlösung, aber nur für dieses eine Ereignis." Hinzu kommt, dass dieser Tipp im Alltag oft gar nicht so leicht umsetzbar ist:
- Nicht bei jedem Gewitter ist jemand zu Hause.
- Es ist gar nicht möglich, von allen Geräten den Stecker zu ziehen, zum Beispiel wenn diese fest verbaut sind.
- Auch bei Smarthomes ist das Trennen der Geräte nur schwer möglich, weil dann die Steuerung nicht mehr funktionieren würde.
"Außerdem sind Gewitter nicht die einzige Ursache für Überspannungen. Stand der Technik ist ein strukturiertes Überspannungskonzept für die gesamte Elektroinstallation im Gebäude. Für Mieter, die ja keinen direkten Einfluss auf die elektrische Anlage in Wohnung und Gebäude haben, gibt es die Möglichkeit alle steckerfertigen Endgeräte über mobile Steckdosenverteiler mit integriertem Überspannungsschutz zu betreiben. Die kosten etwas mehr, aber es lohnt sich", führt Ingolf Wulkow weiter aus, "Überspannungsschutzgeräte werden mit 'SPD' bezeichnet: Surge Protective Device. Bei der Produktion von Neugeräten wird bei vielen Herstellern dem Überspannungsproblem Beachtung beigemessen und eine erhöhte Überspannungsfestigkeit ab Werk verbaut. Da sollte man beim Neukauf genauso drauf achten wie auf die Energieeffizienzklasse."
Ist der Überspannungsschutz dasselbe wie der FI-Schalter?Nein, ist es nicht. Der Überspannungsschutz schützt Endgeräte vor einer zu hohen Spannung.
Der FI-Schalter ist dazu da, Fehlerströme zu erkennen. Dieser fehlgeleitete Strom kann unter Umständen lebensgefährlich werden. Im Notfall reagiert der FI-Schalter, indem er den Stromkreis unterbricht. Dadurch schützt er Menschenleben.
Welche Versicherung zahlt im Fall eines Blitzschadens?
Ein Blitzeinschlag ist auch finanziell ärgerlich. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft berichtet, lagen die Kosten eines Schadenfalles 2022 im Durchschnitt bei 1.070 Euro. Welche Versicherung greift, hängt vom konkreten Fall ab.
- Mängel am Haus, beispielsweise dem Dach, sowie festverbauter elektrischer Installationen wie der Heizungssteuerung: Es ist die Wohngebäudeversicherung zuständig.
- Defekte an Gegenständen im Haus werden von der Hausratsversicherung übernommen. Dies umfasst manchmal auch Schäden durch Überspannung – ein genauer Blick in die Vertragsbedingungen lohnt sich!
Beim Abschluss einer Versicherung sollte auf die exakten Bedingungen geachtet werden. So zahlen manche Versicherer nur, wenn ein ausreichender Blitzschutz vorhanden war.
Wenn durch einen Blitzeinschlag ein Verlust entstanden ist, sollte dieser bei der Versicherung gemeldet werden. Als Nachweis eignen sich Fotos. Die betroffenen Geräte dürfen nicht entsorgt werden, da meistens ein Fachmann oder eine Fachfrau den Schaden überprüfen muss. Es ist zudem hilfreich, sich die Zeit und den genauen Ort des Gewitters aufzuschreiben. Im besten Fall werden auch Beweise gesammelt. Das kann eine Nachrichtenmeldung über das Gewitter oder die Angabe eines Zeugens sein.
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MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 21. Mai 2024 | 14:20 Uhr