Hund, Katze und Co.Welches Haustier passt zu mir?
In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Haustieren deutlich gestiegen. Der Grund ist menschlich, denn viele fühlen sich einsam, sehnen sich nach körperlicher Nähe. Doch die Anschaffung eines Haustieres will gut überlegt sein. Welches Haustier passt zu mir und welcher Pflegeaufwand steckt dahinter? Diese und weitere Fragen beantwortet Tierverhaltenstherapeut Dr. Ronald Lindner im Interview.
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Ein Haustier will gut überlegt sein
Im vergangenen Jahr lebten etwa 35 Millionen Haustiere in deutschen Haushalten. Die Katze ist nach wie vor Deutschlands Heimtier Nummer eins, dicht gefolgt vom Hund. Auf Platz drei sind die Kleintiere wie Kaninchen und Meerschweine. Unsere Ziervögel, wie Wellensittiche und Co. schaffen es auf Platz vier.
Die Anschaffung eines Haustieres will gut überlegt sein. Tierverhaltenstherapeut Dr. Ronald Lindner erklärt im Interview, was es zu beachten gibt.
Wenn ich mir ein Haustier anschaffen will, was sind die ersten Fragen, die ich mir stellen muss?
Dr. Ronald Lindner: Passt das Tier zu mir und meinem Alltag? Kann ich ein verlässlicher Sozialpartner für meinen Hund oder ein kompetenter Manager für meine Meerschweinchen-WG sein? Wie und woher beziehe ich mein notwendiges Fachwissen für eine artgerechte Haltung? Was braucht mein Tier, um sich bei mir wohlzufühlen?
Mit einem Tier übernimmt man die Verantwortung für ein Lebewesen – und muss auch bereit sein, diese zu tragen, solange das Tier lebt. Egal ob Meerschweinchen, Kaninchen oder Kätzchen – ein oder mehrere Tiere sollte man sich immer ganz bewusst zulegen, als Spontangeschenk ist es absolut ungeeignet.
Wie und wo informiere ich mich über den Familienzuwachs?
Dr. Ronald Lindner: Es gibt unzählige Ratgeberformate über art- und verhaltensgerechte Tierhaltung in vielschichtigen Medien, wie Bücher, Zeitschriften, Fernsehen und Internet. Nicht alle sind dabei wirklich hilfreich und wissenschaftlich korrekt. Es gehört leider auch zur Wahrheit, dass es viele vermeintliche Experten in diversen Medien gibt.
Sie sollten dabei immer auf ihr Bauchgefühl hören: Sobald mit Druck oder Strafe gearbeitet wird, suchen Sie besser nach einer neuen Quelle, denn das spricht eher für einen unseriösen Fachmann. Ein guter Tipp sind auch die Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. Dort findet man u.a. die Mindestanforderungen für die Haltung von Hunden, Katzen und Heimtieren.
Woher weiß ich denn, welches Haustier am besten zu mir passt?
Dr. Ronald Lindner: Welches Tier für welchen Halter beschäftigt viele Menschen seit Urzeiten. Auch wird immer wieder von typischen "Katzenfrauen" und ausgesprochenen "Hundemännern" schwadroniert. Richtig ist, dass man sich vor Inbesitznahme tatsächlich die eigenen Lebensgewohnheiten und Alltagsabläufe bewusst machen sollte. Ein "Lesemensch", der gern gemütlich daheim chillt und Musik hört, will sicher weniger gern bei Wind und Wetter mehrfach Gassi gehen – er entscheidet sich möglicherweise richtig für ein gut vergesellschaftetes Katzenpaar.
Wer Vogelliebhaber ist, sollte wissen, dass auch Wellensittiche als "Minipapageien" hochintelligente und soziale Schwarmvögel sind, die dringend mindestens einen weiteren "Welli" (und nicht den Besitzer) als Sozialpartner brauchen.
Ganz ähnlich sind die Ansprüche bezüglich des Zusammenlebens bei Kaninchen und Meerschweinchen – zwei Tierarten, die als "klassische Einstiegstiere im Kinderhaushalt" gelten. Während diese Haltung bei entsprechender Unterstützung durch die Eltern noch halbwegs tiergerecht praktiziert werden kann, ist die Haltung von nacht- bzw. dämmerungsaktiven Fluchttieren, wie Hamster oder Chinchilla nicht für Kinderhaushalte geeignet.
Bleibt der Hund als das wohl am besten an die menschlichen Lebensgewohnheiten angepasste Tier, das im Menschen seit vielen tausend Jahren seinen Hauptsozialpartner gefunden – ein weltweit einzigartiges Phänomen.
Katzen, Hunde, Meerschweinchen und Wellensittich gehören zu den beliebtesten Haustieren in Deutschland. Mit welchem Zeitaufwand ist bei diesen Haustieren zu rechnen und wie hoch ist der finanzielle Aufwand?
Dr. Ronald Lindner: Tiere kosten Zeit und Geld! Dies muss man sich vor der Anschaffung durchaus bewusst machen. Natürlich sollte dies nicht generell zur Vermeidung oder Verhinderung von Tierbesitz führen, denn auch diese Aufwendungen sind immer in Relation zur momentanen und künftigen Lebenssituation zu bewerten.
Auch hier möchte ich noch mal die Merkblätter der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V. erwähnen. Aber auch die STIFTUNG BÜNDNIS MENSCH & TIER stellt Kostenaufstellungen und Haltungspläne für Hunde, Katze, Meerschweinchen, Kaninchen und vieles mehr zur Verfügung.
Kosten für Haustiere pro Jahr
Die Kosten für ein Haustier in einem Jahr setzen sich u.a. aus Futter, Haftpflichtversicherung, Weiterbildung, Ausrüstung, Tierarztkosten und Hundesteuer zusammen:
- Katze: ca. 1.450 Euro
- Hund: ca. 2.000 Euro
- Kaninchen: ca. 1.300 Euro
Laut Industrieverband Heimtierbedarf lebten im vergangenen Jahr etwa 35 Millionen Haustiere in deutschen Haushalten – eine Million Tiere mehr als vor der Pandemie. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Dr. Ronald Lindner: Ich beobachte das ein wenig mit Sorge. Denn irgendwann ist die Pandemie sicher vorbei und wir können unseren "normalen" Leben wieder nachgehen. Viele werden dann wieder Reisen wollen, schließlich durften sie das seit über einem Jahr nicht. Da kann das Haustier schnell zur Last werden. Aber was dann? Ab ins Tierheim damit?! Wohl besser nicht! Und ich kann es nicht oft genug betonen: Auch unsere Haustiere haben Gefühle, die wir berücksichtigen müssen. Deshalb sollte die Anschaffung eines neuen Familien-Mitgliedes gut überlegt sein.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Hunde wollen keinen Zwinger, Vögel keinen Käfig und Katzen sind am liebsten frei! Wenn es um die Bedürfnisse unserer Haustiere geht, sind wir Menschen eher inkompetente Übersetzer der jeweiligen Tiersprache. Dabei hat jede Tierart ihren ureigenen Anspruch an eine artgemäße Haltung, wo das Ausleben möglichst aller angeborenen Verhaltensmuster möglich sein muss. Tiere wollen nicht nur nicht leiden, sondern sich wohlfühlen!
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Quelle: Dr. Ronald Lindner, Steffen Hoffmann, MDR um 4
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 26. April 2021 | 17:00 Uhr