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Mit der Trennung der Eltern ändert sich auch das Leben der Kinder - doch nicht immer zum Schlechten. Bildrechte: Colourbox.de

Angesprochen - AusgesprochenGetrennte Familien - Wechselmodelle nehmen an Bedeutung zu

18. März 2023, 10:00 Uhr

Wie gestalten Eltern die Beziehungen zu ihren Kindern neu, wenn sie ihre Partnerschaft beenden und sich trennen? Sabine Walper, Direktorin des Deutschen Jugendinstituts in München (DJI), erzählt im Podcast über das Neusortieren von Familien, über Trends und darüber, welche Herausforderungen Kinder bei Trennungen der Eltern bewältigen müssen.

von Rainer Erices, MDR THÜRINGEN

Familien leben dynamisch. Partner trennen sich, ob mit oder ohne Kinder und unabhängig von Ehe und Trauschein. Die Einstellungen zur Familie, so sagt die Psychologin und Bildungsforscherin Sabine Walper, seien heute andere als früher. Ein großer Teil der Bevölkerung würde eine Trennung befürworten, wenn in einer Partnerschaft permanent Probleme entstünden. Auch Senioren würden das heute so sehen. Allerdings gebe es nachweislich Unterschiede bei der Stabilität von Familien. Verheiratete Eltern mit Kindern würden weniger auseinandergehen. Auch Eltern ohne Trauschein, die sich bewusst das Sorgerecht für ihre Kinder teilten, blieben eher zusammen. Für die Kinder bedeute das, dass sie vergleichsweise sicher sein könnten, bei ihren leiblichen Eltern, in der Kernfamilie, aufzuwachsen.

Zahl der Alleinerziehenden und Patchworkfamilien hoch

In welchen familiären Konstellationen Kinder heutzutage aufwachsen, ist sehr unterschiedlich. Jahrelang, so berichtet Walper, sei die Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland gestiegen. Inzwischen sei sie relativ stabil. Das zeigten amtliche Statistiken. Unklar sei allerdings die Zahl der Kinder, die nach Trennung ihrer leiblichen Eltern nunmehr in anderen Familien aufwüchsen, also in sogenannten Patchworkfamilien. Man müsse davon ausgehen, so sagt die Forscherin, dass der Anteil solcher Stieffamilien mit leiblichen und nicht leiblichen Kindern in Deutschland relativ hoch sei, vermutlich mehr als zehn Prozent.

Geteilte Betreuung kein genereller Nachteil für Kinder

Mit dem Aufwachsen in einer neuen Familie steige für Kinder die Komplexität des Lebens. Das müsse nicht unbedingt schädlich für das Wohlergehen sein. Kinder könnten sich auch bei einer geteilten Betreuung gut entwickeln, sagt die Forscherin. In manchen Ländern, wo diese geteilte Betreuung, also das sogenannte Wechselmodell, verbreitet sei, etwa in Schweden, gebe es positive Befunde für die Entwicklung der Kinder. Ein größerer Verwandtschaftskreis beispielsweise böte mehr erwachsene Bezugspersonen, die finanzielle und soziale Sicherheit der Kinder steige.

Allerdings sollte dabei bedacht werden, dass sich die Eltern im Einvernehmen für dieses gemeinsame Betreuen entschlossen hätten. Damit würden sie trotz Trennung ein gutes Verhältnis zueinander pflegen, was sich auf die Kinder fördernd auswirke. Sabine Walper geht davon aus, dass eben dieses Wechselmodell in Zukunft in Deutschland an Bedeutung gewinnen werde. Gegenwärtig werde es Studien zufolge von nur fünf bis acht Prozent der Trennungsfamilien praktiziert. Das werde sich ändern.

Lebenssituation der Eltern enscheidend

Die Bereitschaft, ein solches Wechselmodell zu etablieren, damit Kinder sowohl ihre leibliche Mutter und den leiblichen Vater behielten, sei dort besonders groß, wo die Partner bereits vorher eine gleichberechtigte Rollenverteilung lebten. Sie seien bemüht, so sagt Sabine Walper, auch nach der Trennung ihren Kindern gleiche Anteile bei der Betreuung zu bieten. Das könne allerdings auch problematisch werden. Wie gut ein gleichberechtigtes Wechselmodell funktioniere, hänge von der Lebenssituation der Eltern ab – von deren Einbindung in Beruf, von ihrer Flexibilität und vor allen Dingen von ihrer Wohndistanz.

Es gebe beispielsweise Kinder, die in zwei unterschiedlichen Kindergärten untergebracht seien, weil ihre Eltern in verschiedenen Städten lebten. Über die Entwicklung solcher Kinder, sagt die Forscherin, wüssten wir noch viel zu wenig. Zumindest sei vorstellbar, dass es nicht leicht für die Kinder sei, an beiden Orten etwa feste Freundschaften zu entwickeln, die sie bräuchten, um sich gut zu entwickeln.

Zur gesamten Podcast-Reihe

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit | 17. März 2023 | 18:00 Uhr