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Zurückgegebene TicketsMusterfeststellungsklage gegen Eventim: Worum geht es?

09. März 2023, 09:00 Uhr

Ein abgesagtes Konzert ist schon ärgerlich. Dann müssen auch noch die Karten rückabgewickelt werden. Wurden sie bei Eventim gekauft, gibt es allerdings nicht den vollen Preis zurück! Claudia Neumerkel von der Verbraucherzentrale Sachsen erklärt, wie das eine Musterfeststellungsklage des Bundesverbandes der Verbraucherschützer ändern soll und wie sich betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher ihr anschließen können.

von Carmen Brehme, MDR Wirtschaftsredaktion

Bis wann können sich Verbraucherinnen und Verbraucher der Musterfeststellungsklage anschließen?

Claudia Neumerkel: Verbraucherinnen und Verbraucher können sich bis zum Tag vor der mündlichen Verhandlung anmelden. Derzeit steht der Termin der ersten mündlichen Verhandlung noch nicht fest und es ist auch nicht absehbar, wann der Termin seitens des zuständigen Gerichts festgelegt werden wird. Unter Umständen wird der Termin erst in einigen Wochen bekanntgegeben. Die erste mündliche Verhandlung könnte daher auch erst in einigen Monaten stattfinden. Es ist dennoch zu empfehlen, sich trotzdem möglichst frühzeitig anzumelden. Das Register beim Bundesamt für Justiz ist bereits geöffnet. Entscheiden sich Verbraucherinnen und Verbraucher um, können sie such abmelden, bis der Tag der mündlichen Verhandlung abgelaufen ist.

Um welche einbehaltenen Gebühren geht es genau? Welche Abzüge sind gerechtfertigt?

Claudia Neumerkel: Wird eine Veranstaltung abgesagt oder verlegt, erstattet Eventim – wenn sie von den jeweiligen Veranstaltern mit der Rückabwicklung beauftragt wurde – so der Einwand des Klägers, dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), ihren Kunden nicht den vollständigen Ticketpreis, sondern behält einzelne Preisbestandteile, insbesondere die Vorverkaufs- bzw. Buchungsgebühren, ein. Um etwaige Versandgebühren der Tickets oder Gebühren von Ticketversicherungen geht es bei der Musterfeststellungsklage jedoch nicht.

Claudia Neumerkel ist Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Sachsen. Bildrechte: Verbraucherzentrale Sachsen e.V.

Hat das Urteil auch wegweisende Richtung für andere Ticketanbieter?

Claudia Neumerkel: In jedem Fall wird das Urteil Weichenstellungen für die Erstattbarkeit einzelner Gebühren von allen Ticketvermittlern der gesamten Veranstaltungsbranche geben. Damit werden dann auch zukünftige Situationen geregelt, in welchen Veranstaltungen seitens der Veranstalter abgesagt werden.

Bei Eventim gekauft, die Rückabwicklung der Karten muss über Veranstalter erfolgen. Könnte das auch ein Streitpunkt sein?

Claudia Neumerkel: Nach unserer Kenntnis hat Eventim verlautbart, wenn einzelne Gebühren überhaupt zurückerstattet werden müssten, wäre der jeweilige Veranstalter der korrekte Anspruchsgegner der Rückzahlungsforderungen und nicht der Vermittler. Diese Frage über die grundsätzliche Haftung des Ticketvermittlers hinsichtlich der Gebührenerstattung wird hoffentlich in dieser Musterfeststellungsklage ebenso geklärt werden.

Wie alt können die Fälle sein, mit denen ich mich der Klage anschließen kann?

Claudia Neumerkel: Die Fälle können aus 2019 oder jünger sein, jedoch sollten die jeweiligen Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht vor 2019 entstanden sein, da diese mit hoher Wahrscheinlichkeit verjährt sind. Die Erhebung der Klage in Dezember 2022 hat den Eintritt der Verjährung gehemmt. Bei Unsicherheiten können sich Betroffene an ihre Verbraucherzentrale wenden und dort beraten lassen.

Das Urteil ist für alle im Register eingetragenen Klägerinnen und Kläger bindend. Was bedeutet es für die anderen betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher?

Claudia Neumerkel: Falls der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die Klage verliert, wären die Angeschlossenen an diese Entscheidung gebunden und könnten auch nicht noch einmal selbst gegen das Unternehmen klagen. Kosten für die Teilnahme an der Klage entstünden jedoch nicht.

Bei einem für Verbraucherinnen und Verbraucher positiven Urteil binden die darin getroffenen Feststellungen alle deutschen Gerichte, die in einem möglichen Anschlussverfahren über die individuellen Ansprüche entscheiden müssten. Die Klage entlastet demnach den Einzelnen von einem Großteil des Gerichtsverfahrens, von dem damit verbundenen Aufwand und den Kostenrisiken. Nach einer erfolgreichen Musterfeststellungsklage haben es die Verbraucherinnen und Verbraucher wesentlich einfacher, ihre Ansprüche durchzusetzen. Möglich ist auch, dass im Rahmen des Verfahrens ein Vergleich geschlossen wird, von welchem die Betroffenen direkt und in der Regel unkompliziert profitieren.

Stichwort: Musterfeststellungsklage gegen EventimIm Streit um die Rückerstattung von Ticketpreisen haben sich bis Ende Februar 2023 mehr als 1.500 Personen einer Musterklage gegen den Ticketverkäufer Eventim angeschlossen.

Die Verbraucherschützer bemängeln, dass Eventim bei abgesagten Veranstaltungen einzelne Komponenten des Ticketpreises einbehalte. So blieben Käufer etwa auf der Buchungsgebühr sitzen.

Nach Verbandsangaben können sich Betroffene der Klage anschließen, bis es zur ersten mündlichen Verhandlung kommt. Ein Datum dafür ist noch nicht angesetzt.

Eventim hält die Klage für unbegründet. Das Landgericht München habe in einem Urteil bereits ausdrücklich verneint, dass Ticketkäufer bei Absagen oder Verlegungen Erstattungsansprüche auf Buchungsgebühren gegen Eventim haben, sagte eine Sprecherin.

In einer Musterfeststellungsklage können Verbraucherverbände die Anliegen von mehreren Betroffenen bündeln. Ihre Ansprüche verjähren dann nicht. Nach Abschluss der Musterfeststellungsklage ist das Ergebnis für die Fälle aller angemeldeten Verbraucher verbindlich.

Quelle: MDR AKTUELL APP (Stand 06.03.2023)

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 06. März 2023 | 14:00 Uhr