Der Redakteur | 30.10.2024Mit 100 Euro monatlich zum Millionär? Wie ich mein Geld seriös anlege
Die Rechnung ist fast zu schön um wahr zu sein. Ansparen in der Jugend, ernten im Rentenalter. Doch es funktioniert tatsächlich. Zugrunde liegen die Zahlen aus 120 Jahre Börsengeschichte, inklusiver aller Abstürze und Weltkriege. Nur gibt es einige "aber": Man muss durchhalten und die Inflation spielt auch noch mit.
Inhalt des Artikels:
Die Finanzexperten der Verbraucherzentrale haben die Geldanlagestrategien unter die Lupe genommen. Herausgekommen sind grundlegende Tipps für alle, die Geld anlegen wollen für die eigene Zukunft oder die der Kinder und Enkel. Besonders hier fällt das Urteil bezüglich der klassischen Bankprodukte ziemlich vernichtend aus.
Ausbildungspolicen: Finger weg, Bausparvertrag: Finger weg und Renten- und Lebensversicherung ist das Teuerste, was man machen kann.
Niels Nauhauser
Die Kinderpolicen aus Sparen und Versichern hätten nur einen mangelhaften Schutz, sind unflexibel und wegen hoher Kosten unrentabel, so Nauhauser.
Das gilt auch für Rentenversicherungen, Gold und Bausparverträge und auch die Investmentfonds-Angebote der Banken sind wegen der hohen Kosten aus Sicht der Verbraucherschützer nicht zu empfehlen. Was bleibt dann noch?
Am Anfang steht das Ziel - Was will ich mit dem Sparen erreichen?
Wenn es darum geht, das erste eigene Fahrrad zusammenzusparen und damit einen pädagogischen Ansatz zu verbinden, dann sind Sparbuch oder Tagesgeldkonto durchaus sinnvoll, erklärt Niels Nauhauser Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Er war federführend beteiligt an den umfangreichen Ratgebern der Verbraucherzentrale, auf deren Basis die Verbraucherschützer in den Bundesländern beraten. Und zwar Menschen, die 50 Euro monatlich sparen wollen, genauso wie den Lottomillionär. Und für beide Geldbeutel funktioniert der Kapitalmarkt ähnlich, betont Niels Nauhauser.
Trotzdem steht ganz oben der eigene Lebensentwurf: Will ich bauen und eine Familie gründen? Will ich für Rente sparen? Oder für ein Auto oder eine Heizung? Entsprechend müssen Laufzeit und Risiko ausfallen. 5.000 Euro, die in fünf Jahren definitiv gebraucht werden, sollten eher in Tagesgeld und Festgeld angelegt werden, aktuell sind die drei Prozent p.a. bei solchen Anlageformen eine ordentliche Rendite.
Erst tilgen, dann sparen
Ein wichtiger Aspekt vor der Entscheidung für eine Anlageform sind auch bestehende Kredite. Dazu gehören z.B. Autokredite oder auch BAföG-Darlehen. Wenn man beim BAföG 30 Prozent der Schulden erlassen bekommt, ist das mit Zinsgewinnen nicht zu erreichen. Auch über das frühzeitige Tilgen anderer Kredite sollte man nachdenken, wenn Geld übrig ist.
Der beste Kredit ist immer der, den man nicht braucht.
Niels Nauhauser
Kann man seinen Enkel wirklich mit monatlich 100 Euro zum Millionär machen?
Ja, aber… Rechnerisch ist das tatsächlich mit überschaubaren Beträgen möglich. Der Sparplan dafür fußt auf dem Wissen aus 120 Jahren Börse und den Entwicklung der Indizes, der DAX wäre zum Beispiel so ein Index.
Eingerechnet sind hier viele schwarze Mon- und Freitage, Abstürze und zwei Weltkriege und unterm Strich eine Rendite aus Kurssteigerungen und Ausschüttungen, die drei bis vier Prozent über dem liegen, was weniger risikobehaftete Anlagen abwerfen. Mehr als sieben Prozent jährlich vor Steuern und Inflation.
Die Rechnung von Niels Nauhauser lautet: 100 Euro monatlich in einen ETF, also einen Aktienfonds und nach 18 Jahren dem Kind gut 40.000 Euro überreichen und liegenlassen bis zur Rente.
Das geht mit den ETFs ganz gut, weil sie eine breite Risikostreuung haben, Einzelaktien würde ich nicht empfehlen.
Niels Nauhauser
Entscheidend ist aber wirklich: Nur das Kind, das dieses Geld nicht anfasst, sondern 50 Jahre an der Börse liegen lässt, hat zum Renteneintritt nach allen Börsenerfahrungen der letzten 120 Jahre mehr als eine Million Euro auf der Habenseite, ohne selbst auch nur einen einzigen weiteren Euro eingezahlt zu haben.
Hinter diesem Gewinn stecken Zins und Zinseszins und die Erfahrung, dass sich Aktienfondsvermögen im Schnitt alle 10 Jahre verdoppeln. Das ist der Zinseszinseffekt. Die Rechnung kann jeder machen mit dem Ausgangswert von 40.000 Euro und 50 Jahren Laufzeit.
Was genau ist ein ETF?
Es ist ein Aktienfonds, der börsengehandelt ist und je nach Produkt locker mehr als 1.000 Aktien umfasst. Beim MSCI World Index sind es etwa 1.500 Unternehmen aus über zwanzig Industrieländern. Der MSCI All Country World Index zum Beispiel hat zudem Unternehmen aus Schwellenländern im Angebot, hier sind Chancen und Risiko etwas höher.
Der Unterschied zu herkömmlichen Investmentfonds: Man erspart sich die hohen Verwaltungsgebühren und Ausgabeaufschläge bei den Banken und Sparkassen.
Die jährlichen Verwaltungsgebühren für herkömmliche Fonds betragen in der Regel 1,5 bis 2 Prozent des Fondsvermögens. Die Gebühren für ETFs liegen dagegen meist zwischen 0 und 0,5 Prozent.
Informationsseite der Verbraucherzentrale
Und da gibt es keinen Haken?
Ein Haken ist die Inflation, in 50 Jahren wird es für eine Million Euro deutlich weniger zu kaufen geben und die meisten Leute werden ohnehin unterwegs aussteigen. Sei es wegen eines Börsencrashs oder eines Kurssprungs, der zwischendurch gierig macht – wer nicht durchhält, kommt nicht ans Ziel, sagt Niels Nauhauser. Und wer nicht ruhig schlafen kann mit dem Gedanken, das eingesetzte Vermögen könnte sich über Nacht auch mal halbieren, der sollte es lassen. Auch wenn das auch nur eine Momentaufnahme ist.
Es dauert meistens nicht länger als sechs Jahre, bis die Werte wieder zurückgekommen sind und: Es geht auch nicht nur um Kursgewinne, sondern auch um Dividenden der Unternehmen.
Niels Nauhauser
Und natürlich sind Aktienfonds Risikoanlagen, so wie das Leben voller Risiken ist. Wer das Risiko scheut, darf nicht einmal zu Hause bleiben, denn da passieren die meisten Unfälle.
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MDR (dvs)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 30. Oktober 2024 | 16:40 Uhr