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Wie hoch die Grunderwerbsteuer ausfällt, kann jedes Bundesland selbst festlegen. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Unterschiedliche SteuersätzeGrunderwerbsteuer: Wie sie funktioniert und wie man sparen kann

22. September 2023, 05:00 Uhr

CDU, FDP und AfD haben gemeinsam ein Gesetz gegen die Stimmen der Regierungsparteien von Linke, SPD und Grüne durch den Thüringer Landtag gebracht. Das hat für ziemlich viel Aufsehen gesorgt. Worum es im Gesetz geht, geriet dabei in den Hintergrund: die Grunderwerbsteuer. Wir werfen einen Blick darauf, was die Grunderwerbsteuer ist, warum es sie gibt und wie sich eine Senkung auf Immobilienkäufer und Fiskus auswirkt. Zudem schauen wir auch, ob es Möglichkeiten zum Sparen gibt.

von Frank Frenzel, MDR Wirtschaftsredaktion

Der Vorgang sorgte bundesweit für Aufsehen: Erstmals haben CDU und FDP gemeinsam mit der AfD ein Gesetz gegen die Stimmen der Regierungsparteien von Linke, SPD und Grüne durch den Thüringer Landtag gebracht. Ziemlich unter ging dabei, worum es im Gesetz ging: nämlich um die Grunderwerbsteuer, die in Thüringen bundesweit zu den höchsten zählt und jetzt sinkt. Was heißt das für Immobilienkäufer und was für den Fiskus?

Von aktuell 6,5 auf fünf Prozent soll die Grunderwerbsteuer in Thüringen sinken. Bei einem Immobilienkauf von zum Beispiel 300.000 Euro sind damit künftig statt 19.500 Euro nur noch 15.000 Euro fällig. 4.500 Euro weniger also, für private Immobilienkäufer eine nicht zu unterschätzende Entlastung. Das Land rechnet mit Einnahmeausfällen von knapp 50 Millionen Euro. Die SPD will das neue Gesetz verfassungsrechtlich prüfen lassen, weil neben der Senkung des Steuersatzes auch ein Freibetrag für Ersterwerber von Immobilien vorgesehen ist, der nach Ansicht der SPD vom Bund geregelt werden müsste.

Warum gibt es die Grunderwerbsteuer?

Die Grunderwerbsteuer steht den Bundesländern zu. Seit 2007 dürfen sie den Steuersatz festlegen. Seitdem sind in vielen Bundesländern die Grunderwerbsteuersätze gestiegen. Den höchsten Satz mit 6,5 Prozent erheben das Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Thüringen (bis Ende 2023). Nur Bayern hat die Steuer nicht erhöht. Dort beträgt die Grunderwerbsteuer 3,5 Prozent vom Kaufpreis. Alle weiteren Sätze können der nachfolgenden Auflistung entnommen werden.

Was ist die Grunderwerbsteuer?Die Grunderwerbsteuer (GrEST) ist eine sogenannte Verkehrsteuer. Sie wird bei Immobiliengeschäften fällig und muss vom Käufer bezahlt werden.

Überblick über die Grunderwerbsteuer in den Bundesländern Stand 2023

  • Baden-Württemberg: 5 Prozent
  • Bayern: 3,5 Prozent
  • Berlin: 6 Prozent
  • Brandenburg: 6,5 Prozent
  • Bremen: 5 Prozent
  • Hamburg: 5,5 Prozent (bis 31.12.2022: 4,5 Prozent)
  • Hessen: 6 Prozent
  • Mecklenburg-Vorpommern: 6 Prozent
  • Niedersachsen: 5 Prozent
  • Nordrhein-Westfalen: 6,5 Prozent
  • Rheinland-Pfalz: 5 Prozent
  • Saarland: 6,5 Prozent
  • Sachsen: 5,5 Prozent (bis 31.12.2022: 3,5 Prozent)
  • Sachsen-Anhalt: 5 Prozent
  • Schleswig-Holstein: 6,5 Prozent
  • Thüringen: 6,5 Prozent (Absenkung auf 5,0 Prozent ab 1.1.2024 beschlossen)

Minus für den Freistaat

2022 betrug in Thüringen die Grunderwerbssteuer 286 Millionen Euro. Schon 2023 geht das Land von einem Rückgang von 80 Millionen Euro aus. Der Grund: Preise für Handwerker und Baumaterialien sowie Finanzierungskosten (Zinsen) sind exorbitant gestiegen. Deshalb kaufen und bauen immer weniger Leute. Das bedeutet gleichzeitig weniger Umsatz und damit geringere Steuereinnahmen. Die nun beschlossene Senkung der Grunderwerbsteuer würde das Aufkommen wahrscheinlich weiter einbrechen lassen. So geht die Landesregierung für 2024 offiziell von Mindereinnahmen von circa 50 Millionen Euro aus.

Auch bundesweit sind die Einnahmen rückläufig. Nach 18,3 Milliarden Euro 2021 und 17,1 Milliarden 2022 rechnen die Steuerschätzer für dieses Jahr mit einem Rückgang auf 13 Milliarden Euro.

Plus für Häuslebauer und für den Wohnungsbau

Hohe Zinsen, hohe Handwerkerpreise und teure Baumaterialien machen den Wohnungsbau und Immobilienerwerb zunehmend unattraktiv. Viele potentielle Käufer und Bauherren sehen von geplanten Projekten ab. Die Wohnungsbauziele der Bundesregierung, wie zum Beispiel 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, wurden 2022 nicht erreicht und werden wohl auch 2023 verfehlt werden.

Einen möglichen Ausweg sehen Experten im Senken der Grunderwerbsteuer. In einer Studie vom März 2023 kommt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zu dem Schluss, dass eine niedrigere Grunderwerbsteuer zu einem vermehrten Baugeschehen führen würde. Außerdem komme eine niedrigere Steuer die Länder unterm Strich günstiger, als über höhere Grunderwerbsteuersätze den staatlichen Wohnungsneubau in gleichem Umfang zu finanzieren. Das zeigten die Beispiele Bayern und Sachsen, die beide ihre Grundsteuer während des Untersuchungszeitraumes nicht erhöht haben.

Laut Studie lagen die Bauinvestitionen in Bayern in den Jahren 2011 bis 2020 durchschnittlich um acht Prozent höher, in Sachsen um elf Prozent höher "als in vergleichbaren Ländern mit höheren Sätzen".
Die Analyse zeige außerdem, dass Mehreinnahmen durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer in der Regel bei Weitem nicht ausreichen, um damit den staatlichen Wohnungsbau in dem Umfang zu finanzieren, wie er durch die Erhöhung privatwirtschaftlich verloren gehe. Im Klartext: Eine hohe Grunderwerbsteuer würgt private Initiativen ab.
"Eine Reduktion der Grunderwerbsteuersätze könnte demnach die Wohnungsbautätigkeit, die derzeit angesichts der Zinswende ins Stocken geraten ist, anreizen", heißt es in der Studie.

Der positive Einfluss niedriger Steuern auf Immobilientransaktionen insgesamt sei bekannt, so das IfW Kiel: "Offenbar ist eine Reduktion der Grunderwerbsteuer aber auch ein effektives Mittel, um speziell den Wohnungsneubau voranzutreiben und könnte der Bauwirtschaft in Zeiten steigender Zinsen und Preise aus der Krise helfen."

Lässt sich die Grunderwerbsteuer vermeiden?

Die Grunderwerbsteuer zählt – wie die Notarkosten – zu den sogenannten Bau- oder Kaufnebenkosten. Banken verlangen in der Regel, dass diese Steuer direkt vom Käufer beglichen wird. Das heißt, Banken finanzieren die Steuer nicht mittels Kredit. Eine hohe Grunderwerbsteuer schmälert also massiv das, für den Kauf einer Immobilie nötige, Eigenkapital. Insgesamt gibt es nur wenige Möglichkeiten, die Steuer zu reduzieren oder ganz zu sparen.

Tipp 1: Inventar

Oft wird mit der Immobilie diverses Inventar mitverkauft, zum Beispiel eine Einbauküche oder eine Sauna. Dieses sollte im Kaufvertrag extra ausgewiesen werden, denn das mindert den für die Grunderwerbsteuer maßgeblichen Kaufpreis. Nur Gegenstände, die mit der Immobilie untrennbar verbunden sind, zählen bei der Grunderwerbsteuer mit. Das betrifft zum Beispiel Öfen, Mauern, Zäune, Hof-, Weg- und Platzbefestigungen oder Terrassenüberdachungen.

Tipp 2: Verträge für Grundstück und Haus trennen

Wer einen Neubau plant, sollte nach Möglichkeit erst das Grundstück kaufen und später mit dem Hausbau beginnen. Dann nämlich ist die Grunderwerbsteuer nur für den Grundstückskauf fällig. Kostet zum Beispiel das Grundstück 100.000 Euro und das Haus darauf 300.000 Euro, dann sind:

  • in Sachsen (3,5 Prozent) 3.500 Euro statt 14.000 Euro fällig,
  • in Sachsen-Anhalt (fünf Prozent) 5000 Euro statt 20.000 Euro zu zahlen,
  • in Thüringen (aktuell noch 6,5 Prozent, ab 1.1.2024 fünf Prozent) 6.500 Euro beziehungsweise 5000 Euro statt 26.000 Euro beziehungsweise 20.000 Euro fällig.

Es empfiehlt sich dabei, dass beide Verträge zeitlich und inhaltlich getrennt sind. Zum Beispiel sollte das Grundstück nicht von der Firma gekauft werden, die später das Haus baut.

Tipp 3: Grunderwerbsteuer komplett vermeiden

Komplett steuerfrei ist der Kauf unter nahen Angehörigen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind: also der Verkauf zwischen Eheleuten, Eltern und Kindern sowie Großeltern und Enkeln. Ebenso steuerfrei ist auch der Immobilienerwerb als Teil des Zugewinnausgleichs von einem Ex-Partner oder den Schwiegereltern.

Share Deals – wie Wohnungsunternehmen die Steuer umgehen

Wie bei vielen anderen Steuerarten auch, gibt es für Investoren oft vielfältige Möglichkeiten, die Steuerlast zu minimieren. Eine davon nennt sich "Share Deal", zu Deutsch geteiltes Geschäft. Damit können sich zum Beispiel Wohnungsunternehmen die Grunderwerbsteuer komplett sparen, wenn sie eine größere Anzahl von Wohnungen kaufen. So machen es Großkonzerne wie die Vonovia Aktiengesellschaft oder das Unternehmen Deutsche Wohnen. Sie haben die Möglichkeit überall in Deutschland Immobilien zu kaufen, ohne einen Cent Grunderwerbsteuer zu zahlen. Und das ist völlig legal.

Der Trick besteht darin, dass eben nicht die einzelnen Immobilien gehandelt werden, sondern Anteile an Wohnungsgesellschaften. Ein Unternehmen, wie zum Beispiel eine Aktiengesellschaft, kauft dabei nicht die Wohnungen direkt, sondern sogenannte Firmenanteile. Solange der Anteil unter 90 Prozent liegt, fällt die Grunderwerbsteuer komplett weg.

Andere Länder, andere Sitten – Grunderwerbsteuer international

Auch viele andere Länder in Europa erheben auf Immobilienkäufe eine Grunderwerbsteuer. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland im oberen Mittelfeld. Einen höheren Steuersatz der Grunderwerbsteuer gibt es zum Beispiel in Luxemburg (sechs bis neun Prozent), Spanien (sechs bis elf Prozent), Griechenland (neun bis 13 Prozent), Belgien oder Italien (zwei bis neun Prozent). Frankreich fordert grundsätzlich 5,1 Prozent Grunderwerbsteuer und liegt damit in etwa auf dem gleichen Level wie Deutschland. Andere Staaten wie Österreich (3,5 Prozent) und Dänemark belasten ihre Bürger beim Immobilienkauf deutlich weniger. Dänemark fordert keine Grunderwerbsteuer, sondern nur 0,6 Prozent des Kaufpreises von einem Anwalt, der den Kauf betreut.

Es gibt sogar Länder, die gänzlich auf eine Grunderwerbsteuer verzichten, wie zum Beispiel Polen, Kroatien oder Malta. Und: Die Steuersätze hängen oft von verschiedenen Verkaufs- und Kaufbedingungen ab. In Italien zum Beispiel, ob die Immobilie als Erst- oder Zweitwohnsitz genutzt werden soll.

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. September 2023 | 10:05 Uhr