Der Tacho eines Autos
Laut ADAC steigern Betrüger mit einer Tachomanipulation den Wert eines Gebrauchtwagens um rund 3.000 Euro. Geschätzter Gesamtschaden in Deutschland: rund sechs Milliarden Euro. Bildrechte: Colourbox.de

Gebrauchtwagenkauf Manipulationen am Tacho erkennen

09. Mai 2022, 12:40 Uhr

Der Markt für gebrauchte Wohnmobile boomt. Doch Käufer sollten bei einem geringen Kilometerstand misstrauisch werden. MDR-Recherchen zeigen: Manipulationen am Kilometerstand sind kein Einzelfall. Woran erkannt man einen gefälschten Tachostand und was kann den Betrug verhindern? Außerdem: Tipps zum Kauf eines gebrauchten Wohnmobils.

Ein eigenes Wohnmobil ist der Traum vieler Camper. Doch für viele Käufer kommt nach dem Erwerb das böse Erwachen, wenn sich herausstellt, dass der Kilometerstand extrem nach unten manipuliert wurde. Reporter der MDR-Magazine Voss & Team sowie der ARD-Sendung Plusminus haben gleich mehrere Kunden getroffen, bei denen der Tachostand um bis zu 150.000 Kilometer heruntergedreht wurde. Die Folge: überhöhte Verkaufspreise und hohe Reparaturkosten. Schätzungen der Polizei gehen davon aus, dass an jedem dritten Gebrauchtwagen in Deutschland der Tacho manipuliert wurde.

Neuwagen müssten längst betrugssicher sein

Bei Autos, die weniger als vier Jahre alt sind, dürfte das eigentlich gar nicht mehr vorkommen. Denn das EU-Parlament erließ 2017 die Verordnung 1151. Darin geregelt: Seit 2018 müssen Neuwagen manipulationssicher sein. Der ADAC hat im vergangenen Jahr eine Stichprobe gemacht, wie Hersteller die EU-Verordnung umsetzen. "Der ADAC hat sich eine Handvoll neue Fahrzeuge rausgepickt und alle diese Fahrzeuge ließen sich ganz unkompliziert manipulieren", berichtet Katrin van Randenborgh vom ADAC. Der Kilometerstand konnte meist nach wenigen Minuten beliebig verfälscht werden. Dafür werden Geräte verwendet, die ganz legal im Internet zu kaufen sind.

Ein Adapter hilft Tachobetrug zu erkennen.
Mit einem kleinen Adapter und einer Handy-App können auch Laien den wahren Kilometerstand des Autos bestimmen. Er liest die Steuergeräte des Wagens aus, auf denen die echte Laufleistung gespeichert ist. Er ist eine vereinfachte Version von Auslesegeräten, die Werkstätten benutzen. Bildrechte: MDR / Voss & Team

Chip könnte Manipulation verhindern

Dabei wäre es ganz einfach, Neuwagen betrugssicher zu machen. Bei vielen PKW-Modellen werden spezielle Sicherheitschips in Steuergeräten verbaut. Diese Chips verfügen über einen Schreibschutz. Jedoch wird der offenbar nicht genutzt. "Es gibt aus Sicht des ADAC ganz einfache technische Möglichkeiten, den Kilometerstand vor Manipulationen zu schützen. Das wird aber schlichtweg nicht umgesetzt. Und das ist aus unserer Sicht eindeutig ein Versagen der Hersteller", kritisiert Katrin van Randenborgh. Das zweite Problem sei, dass es derzeit keine Institution gäbe, die nachprüft, ob der Sicherheitschip tatsächlich eingebaut wird. Zuständig für so eine Kontrolle wäre das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das bei der Erstzulassung von Fahrzeugen prüfen müsste, ob der Manipulationsschutz eingebaut ist. Das Ministerium schiebt die Problematik auf die EU und erklärt auf MDR-Anfrage: "Der europäische Gesetzgeber hat bisher versäumt, konkrete Prüfvorschriften zu erlassen, die die harmonisierte Prüfung und Nachprüfung eines zeitgemäßen Schutzes vor Manipulation festlegen."

CarPass würde Sicherheit bringen

Der sogenannte CarPass könnte mehr Sicherheit bringen. In Belgien muss er jedem Gebrauchtwagen beigelegt werden. Er wurde im Auftrag der Initiative gegen Tachomanipulation e.V. entwickelt. Darin sind unter anderem alle Kilometerstände von Inspektionen, Reparaturen und Wartungen hinterlegt. In Deutschland wird der CarPass mittlerweile zwar angeboten, Pflicht ist er jedoch nicht.

So checken Sie den Kilometerstand

Eine professionell durchgeführte Tachomanipulation können selbst Werkstätten und Kfz-Sachverständige nicht immer aufdecken. Der ADAC rät, beim Kauf eines Gebrauchtwagens auf Unstimmigkeiten bei folgenden Faktoren zu achten.

1. Serviceheft und TÜV-Berichte prüfen

Fehlt das Inspektionsheft ganz, sollte man vom Kauf Abstand nehmen. Sind alle Einträge mit dem gleichen Stift geschrieben oder alle Stempel gleich, sollte man misstrauisch werden.

2. Ölwechsel checken

Ein Ölwechsel erfolgt in der Regel alle 40.000 Kilometer. Im Motorraum hängt meist ein Kärtchen mit dem Kilometerstand vom letzten Wechsel oder mit Hinweis auf den nächsten Termin. Das sollte im Vergleich zum Tachostand plausibel sein.

3. Kilometerstand hinterfragen

Im Schnitt wird ein Auto rund 12.000 Kilometer pro Jahr gefahren. Liegt der Kilometerstand deutlich darunter, sollte der Verkäufer dies begründen können. 

4. Kontakt zum Vorbesitzer

Auf der Zulassungsbescheinigung Teil II sind die Vorbesitzer eingetragen. Ein Anruf kann offene Fragen bei fehlenden Unterlagen klären.

5. Pflegezustand

Eine längere Nutzungsdauer hinterlässt Spuren. Durchgesessene Polster, abgenutzte Gummis an Gas- oder Bremspedal und ein klemmender Blinker können ein Zeichen sein, dass der Wagen mehr Kilometer runter hat, als auf dem Tacho steht.

6. Kaufvertrag

Der Kilometerstand sollte zwingend im Kaufvertrag stehen. "Kilometerstand laut Tacho" oder "Kilometerstand abgelesen“ sind zu unverbindlich. Bestehen Sie auf der Angabe "tatsächliche Laufleistung". Dann kann der Käufer bei manipuliertem Tacho den Wagen zurückgeben oder eine Preisminderung verlangen.

7. Werkstattbesuch

Einen gerade gekauften Gebrauchtwagen in der Werkstatt durchchecken zu lassen, ist immer eine gute Idee. Im Verdachtsfall kann auch der Fehler- und Wartungsintervall-Speicher ausgelesen werden.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Voss & Team | 12. Mai 2022 | 20:15 Uhr

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