Euro-Münzen und -Scheine auf einem Tisch
"Vor einer Inflation kann man sein Erspartes nicht auf dem Konto schützen", betont Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen. Hier sind gute Geldanlagen gefragt. Bildrechte: Colourbox.de

Sparen Steigende Zinsen: Expertentipps zu Tagesgeld und Festgeld

14. November 2022, 12:27 Uhr

Die Zinsen für Geldanlagen steigen wieder. Hermann-Josef Tenhagen erklärt, wann und für wen sich Tagesgeld, Festgeld und Aktienindex-Fonds eignen. Übrigens: Eine eiserne reserve von zwei, drei Monatseinkommen sollte jeder zurücklegen. Der Finanzexperte verrät, wieso.

Was sollte man immer gespart haben?

Hermann-Josef Tenhagen: Jeder und jede sollte sparen –  mindestens zwei oder drei Monatseinkommen auf einem Tagesgeldkonto, damit man den Dispo nicht braucht. Die Dispozinsen liegen bei zehn Prozent. Das Auto geht schon mal kaputt oder der Kühlschrank. Dann kommen noch diese teuren Schulden drauf, die man bezahlen muss.

Wie kann man sein Erspartes am besten vor der Inflation schützen?

Hermann-Josef Tenhagen: Vor einer Inflation kann man sein Erspartes nicht auf dem Konto schützen, weil die Zinsen in den letzten 20 Jahren praktisch immer unterhalb der Inflationsrate waren. Das heißt: Auf dem Konto wird das Geld immer weniger werden. Da muss man tatsächlich in Sachwerte investieren, das heißt Aktienindex, Fonds oder Immobilien – damit das Geld, was man hat, nach 20 Jahren auch genauso viel wert ist oder sogar mehr als heute.

Wann eignen sich Tagesgeld und Festgeld?

Hermann-Josef Tenhagen: Wenn man ein Tagesgeld mit den zwei oder drei Monatseinkommen hat, die man immer vorhalten sollte – Vermögensbildung kann man mit den Zinsen hier im Augenblick nicht betreiben. Beim Festgeld sind drei Prozent Zinsen für drei Jahre drin, was gerade schon gut ist. Wenn man neun Prozent Inflation hat, bleiben immer noch sechs Prozent minus.

Es gibt einfach eine einfache Strategie: Ich habe ein Tagesgeldkonto für die eiserne Reserve. Ich habe vielleicht ein Konto für das nächste Auto, was 15.000 Euro kosten soll in drei Jahren. Da machen die drei Prozent Zinsen beim Festgeld Sinn, das ist besser als null Prozent Zinsen. Für die langfristige Vermögensentwicklung lohnt sich das aber nicht. Da bin ich im Augenblick tatsächlich nach wie vor auf Aktien, Aktienindex-Fonds, Immobilien und ähnliches angewiesen.

Welche Strategie lohnt sich beim langfristigen Sparen?

Hermann-Josef Tenhagen: Die langfristige Strategie ist, eine eiserne Reserve zu haben. Man sollte sich daneben überlegen: Gibt es etwas, wofür ich eine größere Summe Geld ausgeben will? Dafür kann ich auf Zeit sparen. Da bietet sich Festgeld mit den jeweiligen Zinsen an. Mit Blick auf eine langfristige Entwicklung sind Aktien, Aktienindex-Fonds/ETF – marktbreit, weltweit – interessant. Ich sollte mir auch die Frage stellen: Will ich mir eine Immobilie kaufen? Oder habe ich eine und müsste diese altersgerecht umgebaut oder energetisch saniert werden? Das ist in jedem Fall eine gute Geldanlage.

Immobilien werden immer teurer, der Bauzins steigt. Wie lukrativ ist das dann?

Hermann-Josef Tenhagen:  Eine Immobilie hat immer zwei Aspekte: Kann ich mir diese Immobilie leisten? Die andere Frage ist: Ist das eine gute Geldanlage? Eine gute Geldanlage ist es, wenn ich preiswert kaufe und vielleicht später teurer verkaufen kann. Preiswert kaufen ist in Innenstadtlagen nicht mehr so einfach. Ich würde dann eher gucken: Wo ist die S-Bahn-Trasse? Wo komme ich auch mit dem Fahrrad zum Bahnhof und brauche dann vielleicht nicht zwei Autos? Dann würde ich darauf setzen, dass sich das langfristig gut entwickelt.

Wie sicher ist das Geld in einem Aktienindex-Fonds?

Hermann-Josef Tenhagen:  Hinter einem weltweiten Aktienindex-Fonds etwa stecken 1.600 Firmen aus über 20 Ländern, bei denen ich gleichzeitig investiere und das schon mit den ersten 20 Euro. Ob da eine Firma vielleicht pleite geht oder es in einem Land mal nicht so gut wirtschaftlich läuft, spielt keine Rolle. Ich habe nur den weltweiten Aktienmarkt, der immer rauf- und runtergeht. Aber wir haben uns das über die letzten 40 Jahre mal angeschaut und nie einen Punkt gehabt, wo man nach 15 Jahren nicht im Plus gewesen wäre. Im Schnitt war man mit sieben bis neun Prozent pro Jahr im Plus. Dies würde ich für eine langfristige Anlage empfehlen. Es würde auch mit Blick auf einen Inflationsausgleich ein bisschen mehr bringen.

Sind Aktien-Indexfonds auch etwas für Laien?

Hermann-Josef Tenhagen:  Das ist gerade auch was für Laien, denn man muss sich nicht mit den einzelnen 1.600 Firmen beschäftigen. Man kann einfach hingehen und diese Anlage kaufen. Dann ist man weltweit dabei, ohne sich intensiv damit beschäftigen zu müssen. Schön auch: Es gibt bei Geldanlagen auch immer Kosten. Die sind hier besonders klein, kleiner als normalerweise bei Aktienanlagen. Von daher ist das gerade etwas für Menschen, die sich nicht intensiv damit beschäftigen wollen. Das kann man einfach mal machen und dann die nächsten 15 Jahre liegen lassen. In der Vergangenheit jedenfalls hätte das immer gut funktioniert.

Was sollte man beim Festgeld beachten?

Hermann-Josef Tenhagen:  Festgeld kann komplizierter werden, weil man genauer hingucken muss, wie man es anlegt. Ein Beispiel: Man macht einen Vertrag für die nächsten drei Jahre mit drei Prozent Zinsen. In einem Jahr wären die Zinsen von drei auf vier Prozent gegangen, dann hätte man da alles richtig gemacht. Wenn Sie schon im halben Jahr bei vier Prozent sind, dann wäre es besser gewesen, wenn man das halbe Jahr gewartet hätte und dann erst mit den vier Prozent für die nächsten drei Jahre abgeschlossen hätte. Das haben wir mal durchgerechnet. Aber das weiß man im Augenblick nicht. Da kann man also kleinere Fehler machen. Die großen Fehler kann man dann aber immer noch nicht machen.

Welche Möglichkeit zum Sparen sehen Sie für Menschen mit wenig Einkommen?

Hermann-Josef Tenhagen:  Die Leute, die wenig Geld oder nichts übrig haben, müssen erst einmal ihren Alltag überprüfen und schauen, ob sie da irgendwelche Kosten rausnehmen können. Sei es, dass sie Netflix oder Spotify kündigen oder dass sie an anderer Stelle weniger Geld ausgeben, wie etwa beim Coffee-to-go – damit ein bisschen Geld übrig bleibt. Für die Leute ist besonders wichtig, dass sie das Tagesgeldkonto etwas auffüllen, falls große Rechnungen kommen, wie eine Nachzahlung für Energie beim Gasversorger. Damit kann man auch zum Jobcenter gehen und für einen Monat Hartz IV beantragen. Das geht aber nur in dem Monat, wo die Nachzahlung kommt und wo ich die Nachzahlung bezahlen muss.

Infos zum Experten Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen ist Chefredakteur des Online-Portals finanztip.de.

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 28. Oktober 2022 | 17:45 Uhr

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