Der RedakteurWann geben Banken steigende Zinsen an Kunden weiter?
MDR-Hörer Jörg aus Saalfeld stellt die Zins-Frage: "Gibt es Banken oder Sparkassen in Thüringen, die inzwischen wenigstens einen Bruchteil der Sparzinsen an die Kunden weitergeben?"
Laut Definition sind Zinsen ein Entgelt, das Schuldner ihren Gläubigern als Gegenleistung dafür zahlen, dass sie ihnen vorübergehend Kapital überlassen. Das war in den vergangenen Jahren anders. Da mussten Bankkunden teilweise Negativzinsen zahlen. Doch wann kommen wieder Sparzinsen, die den Namen verdienen? "Mir hat das keinen Spaß gemacht, für Einlagen einen Negativzins zu berechnen, ich halte das auch volkswirtschaftlich für falsch", sagt Ralf Schomburg, Vorstand der VR Bank Westthüringen eG.
Banken begrüßen Zinsanstieg
Auch aus Sicht des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen ist die Rückkehr der Zinsen eine gute Nachricht, teilte der Verband schriftlich mit: "Denn mit Zinsen wird ein Verzicht auf heutigen Konsum wieder honoriert, und Risiken werden wieder richtig bepreist." Für die gesamte Kreditwirtschaft bedeuteten steigende Zinsen letztlich wieder den Übergang in ein jahrzehntelang bewährtes und solides Geschäftsmodell.
Das bestätigt auch Ralf Schomburg, betont aber, dass Baufinanzierungen für acht oder neun Prozent nach der Wende auch nicht normal waren. Vom gesunden Maß zwischen Guthaben- und Kreditzins sind wir seiner Ansicht nach gar nicht mehr so weit entfernt.
Bewegung auf dem Zinsmarkt
Die zwei Volksbanken, die zum Interview bereit waren, haben für ihre Kunden auch schon erste konkrete Anlageangebote gemacht. Das Tagesgeld von 0,25 Prozent ist ein Anfang, längerfristige Festgeldanlagen oder sparbuchartige Produkte springen auch schon mal über die Zwei-Prozent-Hürde. Das war vor Monaten noch undenkbar.
Es lohnt sich also durchaus, bei der eigenen Bank nachzufragen beziehungsweise sich auf ihrer Internetseite zu informieren. Schließlich ist gerade viel Bewegung im Zinsmarkt. Je nach Struktur tagen die Bankgremien und entwickeln neue Produkte, für die es Zinsen geben soll.
Warum steigen die Zinsen so langsam?
Dass es nicht ganz so schnell geht, wie sich das die Kunden wünschen, liegt auch daran, dass der Zinssprung beispiellos ist in der Erinnerung der Bankmitarbeiter. Der große Tanker Finanzwirtschaft hat quasi im Rückwärtsgang fahrend auf der Stelle gedreht und nun geht es mit voller Kraft in die andere Richtung. Dass da alle ordentlich durchgeschüttelt werden, ist verständlich. Und Kreditinstitute, besonders die Sparkassen, müssten diesen "Zinsschock" für die Volkswirtschaft puffern, so der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen: "Deshalb stellt die schnelle Zinswende für die Sparkassen kurzfristig eine große Herausforderung dar."
Den Kunden raten sie, stärker als bisher auf den realen Zinssatz - also zum Beispiel Leitzins minus Inflation - zu achten. Denn auch wenn perspektivisch der Zins wieder zurückkehrt, wird der reale Zinssatz noch eine Weile deutlich negativ sein. Und zwei Prozent Sparzinsen gleichen zehn Prozent Inflation bei Weitem nicht aus.
Strategien zur Geldanlage
Alles auf ein Pferd zu setzen, war noch nie eine gute Idee, jetzt sind die Möglichkeiten wieder etwas breiter gestreut. Mit unterschiedlichen Laufzeiten von Tages- und Festgeld, damit auch Luft bleibt für plötzliche Neuanschaffungen, falls sich Kühlschrank, Spülmaschine oder Fernseher verabschieden. In Sachen Anleihen oder Aktienfonds haben sich jetzt die Empfehlungen nicht so sprunghaft verändert wie die Zinsen.
Aber: Wenn das eigene Häuschen - auch eine Geldanlage übrigens - ein Zipperlein bekommen sollte oder perspektivisch ein neues Dach, dann ist es durchaus sinnvoll, sich mit dem guten alten Bausparvertrag zu beschäftigen, gerade auch für junge Leute. Schließlich steigen im Zuge der Zinswende perspektivisch auch die Kreditzinsen.
"Wenn Sie jetzt einen Bausparvertrag abschließen, dann sparen Sie an und sichern sich einen niedrigen Darlehenszins und es gibt Arbeitnehmersparzulage und Wohnungsbauprämie, die das interessant machen", so Martina Kopietz vom Vorstand der Volksbank Thüringen Mitte.
MDR (dgr)
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Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 25. Januar 2023 | 15:00 Uhr