Computergrafik Blutkörperchen in einer verengten Arterie
Werden die Gefäßwände der Bauchaorta spröde, kann dort eine ballonförmige Aussackung entstehen, die auch Aneurysma genannt wird. Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Kaum Symptome Tödliche Gefahr: Aneurysma der Bauchschlagader

05. September 2023, 05:00 Uhr

Aneurysmen können im ganzen Körper entstehen, wo Gefäßwände der Arterien geschwächt sind. Besonders gefährlich ist das im Gehirn und im Bauchraum: Reißen sie, besteht Lebensgefahr. In Deutschland sterben 10.000 Menschen pro Jahr, weil ihre Bauchaorta gerissen ist.

Wie kommt es zu einem Aneurysma der Bauchaorta?

Wie ein dicker Schlauch durchzieht die Bauchaorta unseren Bauchraum. Sie versorgt unsere Beine, aber auch Organe wie Magen, Leber, Darm und Niere mit Blut. Doch bei manchen Menschen verändert sich unbemerkt die Wand dieses Blutgefäßes. Es bildet sich eine Ausbuchtung, ein Aneurysma. Im schlimmsten Fall kann es plötzlich einreißen. Ohne sofortige Behandlung besteht Lebensgefahr. In Deutschland sterben 10.000 Menschen pro Jahr, weil ihre Bauchaorta gerissen ist.

Stichwort Aorta und Bauchaorta (bitte aufklappen)

Die Aorta, die große Körperschlagader, ist unser mächtigstes Blutgefäß. Sie ist geformt wie ein Krückstock, verläuft also vom Herz ausgehend zunächst ein Stück aufwärts und zieht sich dann nach unten. Nachdem sie das Zwerchfell passiert hat, wird sie als Bauchaorta bezeichnet. Bei den meisten Menschen hat sie einen Durchmesser von etwa zwei Zentimetern.

Warum bei manchen Menschen – vor allem innerhalb bestimmter Familien – Aneurysmen entstehen, gibt Forschern noch Rätsel auf. Sicher ist – in einigen Abschnitten des Blutgefäßes beginnen Umbauprozesse in der Wand. Gefäßchirurg Ilhami Benli von der Ilm-Kreis-Klinik in Arnstadt vergleicht das mit einer baufälligen Ziegelwand: "Das ist wie Mörtel, der bröckelt."

Elastische Fasern verlieren nach und nach ihre Dehnfähigkeit. Die Pulswelle, die bei jedem Herzschlag durch das Gefäß strömt, wird zu einer immer höheren Beanspruchung. An der schwächsten Stelle beult die Gefäßwand gewissermaßen aus.

"Eine Erkrankung, die man nicht spürt"

Von den gefährlichen Veränderungen im Bauchraum merken Betroffene nichts. "Es geht um eine Erkrankung, die man nicht spürt", sagt Ilhami Benli. Die meisten Menschen leben mit so einem Aneurysma, ohne dass es je zu Komplikationen kommt. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland ungefähr 200.000 Menschen mit so einem Defekt an der Bauchaorta leben.

Manchmal kommt der Zufall zu Hilfe, etwa dann, wenn bei Ultraschalluntersuchungen der Galle oder der Niere Veränderungen an der Aorta entdeckt werden. Doch: Je größer das Aneurysma ist, desto wahrscheinlicher kann es zu einem plötzlichen, tödlichen Riss kommen.

Herz-Kreislauf-Versagen nach Riss in der Aorta

Reißt die überdehnte Gefäßwand der Bauchaorta ein, strömen sofort große Mengen Blut in den Bauchraum. Es kommt zum Schock, zum Ausfall der Nieren und zum Herz-Kreislauf-Versagen. Innerhalb weniger Minuten kann der Tod eintreten. Für 80 Prozent der Betroffenen kommt jede Hilfe zu spät.

Bei manchen Menschen deutet sich das unmittelbar bevorstehende Platzen durch unklare Beschwerden an. Das können Magenschmerzen sein. Auch Rücken- oder Flankenschmerzen können auftreten, wenn das Aneurysma bereits auf Harnwege oder Rücken drückt.

Risikofaktoren: Wer ist besonders gefährdet?

Von einem Aneurysma der Bauchaorta sind vor allem ältere Menschen betroffen, Männer vier bis sechs Mal häufiger als Frauen. Wer raucht, unterliegt einer besonders hohen Gefahr, dass sich ein Aneurysma einstellt – und dass es schneller wächst als bei anderen Betroffenen. Außerdem gelten Arteriosklerose und Bluthochdruck als Risikofaktoren.

Empfehlung: Screening-Untersuchung für Ältere

Um rechtzeitig genug mehr Betroffene erkennen zu können, rät die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) zu einer Screening-Untersuchung. Diese wird allen Männern ab 65 empfohlen sowie allen Frauen ab 65, die besonders gefährdet sind – etwa, weil sie rauchen.

Die Untersuchung erfolgt per Ultraschall und ist schmerzlos. Allerdings werden auf diese Weise auch Veränderungen der Bauchschlagader entdeckt, die möglicherweise nie Probleme gemacht hätten – für manche Menschen kann das Wissen um die ständige Gefahr eine Belastung sein.

Wann muss operiert werden?

Wird ein Aneurysma entdeckt, entscheidet die Größe der Ausbuchtung, ob rasch operiert werden sollte oder das Wachstum des Aneurysmas zunächst beobachtet wird. Beträgt der Durchmesser der Schlagader an der betroffenen Stelle schon 5,5 cm oder mehr, wird meist zu einer Operation geraten. Ziel der Operation ist, die Bauchschlagader so zu stabilisieren, dass sie sich nicht weiter ausdehnen kann und ein späterer Riss vermieden wird. Dafür werden Prothesen oder Stents verwendet. Zum Teil müssen auch Gefäße, die von der Schlagader abzweigen, mitversorgt werden.

Hier müssen Ärzteteam, Patienten und deren Familien eingehend beraten, wie Betroffene am besten versorgt werden können. Denn auch die OP selbst kann ein Risiko sein. Für viele jedoch bedeutet der Eingriff, dass eine jahrelang schwebende Gefahr von nun an ausgeschaltet ist.

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 07. September 2023 | 21:00 Uhr

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