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Etwa 70 Prozent der Deutschen machen einmal im Leben Bekanntschaft mit einer Blockade im Iliosakralgelenk. Bildrechte: imago images / Jochen Tack

Blockaden im BewegungsapparatHilfe bei Rückenschmerzen durch das Iliosakralgelenk

25. Oktober 2023, 05:00 Uhr

Ein Ziehen im Rücken ist nicht immer Vorbote eines Bandscheibenvorfalls. Oft liegt die Ursache in der Verbindung zwischen Wirbelsäule und Becken. Das Iliosakralgelenk neigt bei Überlastung zu schmerzhaften Blockaden. Übungen können, es zu stabilisieren und weniger anfällig zu werden.

Haben Sie schon einmal vom Iliosakralgelenk, kurz ISG, gehört? Das Gelenk ist vielen kaum bekannt. Doch es kann unfassbare Schmerzen verursachen. Viele dürften die sogar schon mal gespürt haben, denn bis zu 25 Prozent der Schmerzen im Lendenwirbelbereich kommen vom Iliosakralgelenk. Es verbindet die untere Wirbelsäule mit dem Becken und ist durch einen festen Bänderapparat nur wenig beweglich.

Dennoch können kleinste Verschiebungen oder Blockaden starke Rückenschmerzen machen. "Die Schmerzen treten im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, können aber über das Gesäß bis in die Beine ausstrahlen", sagt die Hallenser Physiotherapeutin Gitte Baumeier. "Besonders schmerzhaft ist das Aufrichten, langes Sitzen oder Stehen sowie das Heben schwerer Gegenstände."

Der untere Rücken und das Becken werden von mehreren großen Muskelgruppen gestützt und sind fest durch Bänder verbunden. Das macht diese Region besonders unbeweglich und steif. Muskeln können schnell verspannen. Bildrechte: IMAGO / imagebroker/saurer

Typische Stelle für Blockaden

Verantwortlich für die Entstehung eines ISG-Syndroms sind Fehlbelastungen am Bandapparat des Iliosakralgelenks. Zahlreiche Muskeln, Faszien und Bänder setzen hier an. Ist nur ein einziger Muskel beispielsweise durch schweres Heben, Fehlhaltungen oder eine ruckartige Bewegung verspannt, kann das ganze Gelenksystem gestört sein. Es kann verkanten und blockieren. Mit speziellen Bewegungstests können Therapeuten herausfinden, ob es sich um eine solche Blockade handelt.

Manuelle Therapie hilft

Sind Wirbelbrüche oder Bandscheibenvorfälle mit einer Röntgenuntersuchung oder Computertomografie ausgeschlossen, wird die Blockade meist mit speziellen Handgriffen aus der manuellen Therapie gelöst. Doch wenn man die Therapie nur dem Arzt oder der Physiotherapeutin überlässt, kann ein befreites Ilioskralgelenk schnell erneut blockieren.

Vom Therapeuten kann man sich zeigen lassen, wie man gegebenenfalls die Blockade selbst lösen kann. "Es gibt einige Bewegungen, die man – einmal erlernt – selbst machen kann. Als Patient wird man auch immer merken, was einem gut tut. Ist die Bewegung angenehm, ist sie die Richtige", erklärt Physiotherapeutin Gitte Baumeier.

Physiotherapeutin Gitte Baumeier empfiehlt ein Beckenboden-Trainining, um einer Blockade im Iliosakralgelenk vorzubeugen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Beckenboden stabilisiert ISG

Zudem ist es wichtig, die Muskulatur des unteren Rückens zu stärken. Beim ISG spielt dabei eine ganz unscheinbare Muskulatur eine große Rolle: "Der Beckenboden stabilisiert das Becken von innen. Das wird häufig total unterschätzt", so Gitte Baumeier. Sie empfiehlt gezielt den Beckenboden zu trainieren. Das gibt dem Iliosakralgelenk neuen Halt. Auch eine Stärkung der tiefen Bauchmuskeln hilft langfristig von ISG-Blockaden verschont zu werden. Der tägliche Trainingsaufwand dafür ist überschaubar. Zehn bis 20 Minuten reichen sicherlich aus.

Mit diesen Übungen wird das Iliosakralgelenk wieder beweglich

Durch zu langes Sitzen in einer Position, statische, einseitige Bewegungen oder schweres Heben verspannen die Muskeln. Da das Iliosakralgelenk selbst eher unbeweglich ist, reagiert es besonders häufig auf Überanstrengungen. Es wehrt sich dagegen, indem es blockiert. Folgende Übungen helfen, diese Blockaden wieder zu lösen:

Wirbelsäule drehen: Mit dem Rücken auf den Teppich oder das Bett legen. Beide Arme seitlich ausstrecken. Den Kopf zur rechten Seite drehen. Dann die Beine mit den Füßen auf dem Boden aufstellen und langsam zur linken Seite absinken lassen. Etwa eine halbe Minute halten. Es zieht im unteren Rücken, der Schmerz sollte aber auszuhalten sein. Anschließend Kopf und Beine jeweils in die andere Richtung bewegen.

Katzenbuckel: Im Vierfüßlerstand, also mit beiden Händen und Knien, auf den Boden stellen. Den Rücken wie bei einem Katzenbuckel kräftig nach oben drücken, das Kinn dabei an die Brust ziehen. Die Stellung für einige Momente halten. Anschließend den Rücken absinken lassen, nach unten so tief wie möglich ins Hohlkreuz gehen, den Kopf nach oben strecken. Diesen Wechsel mehrere Male wiederholen.

Treppen steigen: Im Wechsel mit dem linken und rechten Bein die Stufen einer Treppe hoch steigen. Dabei das Knie so hoch wie möglich anheben. Wärme löst die Verspannungen

Tipp: Wärme gegen VerspannungenDa ein blockiertes Gelenk häufig von verspannten Muskeln begleitet wird, hilft Wärme. Ob Wärmflasche, Rotlichtlampe oder heiße Badewanne: Die wohlige Temperatur erweitert die Gefäße, regt die Durchblutung an und entspannt. Die Muskeln lockern sich, der Schmerz lässt nach. Auch rezeptfreie Cremes oder Wärmepflaster aus der Apotheke mit dem Wirkstoff Capsaicin fördern die Durchblutung und können die Beschwerden lindern.

Blockaden selber lösen, Tipps von Dr. Christina Lemhöfer ist Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin am Universitätsklinikum Jena

  • Die Selbstmobilisation in der Rückenlage: Sie liegen auf dem Rücken und schieben abwechselnd langsam das eine Bein gerade auf der Unterlage nach unten raus. Dadurch wird es leicht aus dem Becken "herausgezogen". Das sorgt dafür, dass die Bänder gelockert werden und das ISG mobilisiert wird.
  • Das funktioniert auch in der Seitenlage: Eine Hand auf dem Beckenkamm zieht das Becken nach vorne und das ISG leicht auseinander (die andere Hand fixiert). Das sorgt für eine Entlastung und Aufdehnung der Strukturen rund ums ISG.
  • Um Blockaden vorzubeugen, empfiehlt die Ärztin außerdem regelmäßig zu dehnen.

Dehnungs-Tipp 1

  • Sie setzen sich bequem auf einen stabilen Stuhl oder Hocker. Es kann auch die Sofakante sein, wenn diese nicht zu weich ist.
  • Die Beine sollten etwa rechtwinklig gebeugt sein.
  • Dann legen sie ein Bein über den Oberschenkel des anderen Beines und beugen den Oberkörper langsam nach vorn. Dabei sollte der Rücken möglichst gerade bleiben und die Dehnung im Gesäßmuskel spürbar sein.
  • Danach auf der anderen Seite wiederholen.

Dehnungs-Tipp 2

  • In Rückenlage, die Beine angewinkelt anziehen und langsam, koordiniert zu einer Seite abfallen lassen. Soweit, bis sie die Dehnung im Gesäß und unteren Rücken spüren.
  • Dann Wechsel zur anderen Seite.
  • Mit dieser Übung kann man Dehnung und leichte Kräftigung kombinieren.

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MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 26. Oktober 2023 | 05:00 Uhr