ErnährungNahrungsergänzungsmittel – mehr Schaden als Nutzen?
Vitamin-Pillen und Mineralstoffpräparate boomen seit Jahren. Viele wollen sich mit den Nahrungsergänzungsmitteln etwas Gutes tun. Aber die Wirkung ist umstritten. Zum Teil kann der Konsum sogar zum Problem werden und dem Körper schaden, erklärt Dr. Thomas Dietz.
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Vitamine in Pillenform boomen
In Deutschland geben Verbraucher jährlich mehr als eine Milliarde Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Dabei sind die meisten Säfte, Kapseln, Pülverchen oder Tabletten nutzlos, jedenfalls für normal ernährte Menschen. Schlimmstenfalls können die oft überdosierten Präparate sogar schaden. Was viele nicht wissen: Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich gesehen Lebensmittel und müssen im Gegensatz zu Arzneien keinen Wirkungsnachweis erbringen.
Die Dosis macht das Gift
Ein Zuviel an bestimmten Mineralstoffen oder an Vitaminen kann dem Körper mehr schaden als nützen. So kann eine unkontrollierte und überhöhte Calciumzufuhr bei entsprechender Veranlagung zu Nierensteinen und einer gestörten Nierenfunktion führen.
Bei einer Überdosierung von Vitamin D wehrt sich der Körper oft mit Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. Und nicht nur das: Wer über längere Zeit zu viel davon nimmt, kann damit rechnen, dass er Kalkablagerungen in Gefäßen oder Organen sowie Nierenschäden bekommt.
Wofür brauchen wir Mineralstoffe?
Mineralstoffe gehören zu den lebenswichtigen Bestandteilen unserer Nahrung. Im Stoffwechsel erfüllen Mineralstoffe unterschiedlichste Funktionen. Sie dienen als Baustoff für die Knochen (bekanntestes Beispiel Calcium), sie beeinflussen die Muskel- und Nervenfunktion (Beispiel Magnesium) und regeln den Wasserhaushalt des Körpers (Beispiel Natrium). Sie sind Bestandteil von Hormonen (Beispiel Jod) sowie von Enzymen (Beispiel Selen) oder anderen biologisch wirksamen Verbindungen.
Diese Mineralstoffe benötigt der Körper
- Calcium: Muskelfunktion, Erhaltung Knochen und Zähne, Hilfe bei Zellteilung
- Magnesium: Für Energiestoffwechsel, für Muskeln, des Nervensystems und hat eine Funktion bei der Zellteilung
- Kalium: Für das Nervensystems, Aufrechterhaltung eines normalen Blutdrucks
- Eisen: Für Energiestoffwechsel, Bildung von roten Blutkörperchen, Sauerstofftransport im Körper, funktionierendes Immunsystem
- Zink: Fettsäurestoffwechsel, Erhaltung Haut, Haare, Nägel, funktionierendes Immunsystem
- Selen: Schilddrüsenfunktion, Schutz der Zellen vor oxidativem Stress
- Phosphor: Funktion der Zellmembran, Energiestoffwechsel, Erhaltung Zähne und Knochen
Wie macht sich ein Mineralstoffmangel bemerkbar?
Ein Mineralstoffmangel ist bei gesunden Menschen selten. Die häufigsten Ursachen für Mineralstoffmangel sind sehr einseitige Ernährung, längere Diäten, Erkrankungen, starke körperliche Belastung sowie Wachstum, Schwangerschaft und Stillen.
Bei einem Mineralstoffmangel fühlt sich der Betroffene häufig müde und matt, hat mit Muskelbeschwerden zu kämpfen. Da die Symptome jedoch ganz unterschiedlich sein können – je nachdem welches wichtige Element dem Körper fehlt – ist es wichtig, darüber mit seinem Arzt zu sprechen.
In den meisten Fällen lässt sich Mineralstoffmangel durch eine abwechslungsreiche Ernährung vermeiden. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bitte unbedingt auch mit dem Arzt abstimmen.
Lebensmittel mit Mineralstoff-Power
- Kalium: Enthalten in Spinat, Linsen, Soja, Bananen, Grünkohl, Sellerie, Beerenobst, Auberginen, Birnen.
- Calcium: Enthalten in grünem Gemüse wie Grünkohl, Brokkoli, Spinat oder Porree, auch in Käse wie Emmentaler.
- Eisen: Enthalten in grünem Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl, Brokkoli, Feldsalat und Endivien, auch in Linsen und Hirse.
- Jod: Enthalten in Fisch wie Kabeljau, in Hummer, in Muscheln.
- Mangan und Zink: Enthalten in Amarant (Pseudogetreide)
- Selen: Enthalten z.B. in Steinpilzen oder in Paranüssen.
Wofür brauchen wir Vitamine?
Ohne Vitamine sind wir weder leistungs- noch lebensfähig. Sie erfüllen im Körper wichtige Aufgaben. Vitamine sind an sämtlichen Stoffwechselprozessen beteiligt: der Gewinnung von Energie aus Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß sowie am Aufbau von Hormonen, Enzymen und Blutkörperchen.
Wir brauchen sie in ausreichenden Mengen, um gesund zu bleiben. Die meisten Vitamine muss der Körper über die Nahrung aufnehmen. Nur das Vitamin D kann er mit Hilfe von Sonnenlicht (durch die UVB-Strahlen) selbst herstellen – bei ausreichendem Tageslicht.
Und das Vitamin K wird über den Darm aufgenommen. Es stammt entweder aus der Nahrung oder wird von Darmbakterien selbst hergestellt.
Wie macht sich ein Vitaminmangel bemerkbar?
Bei einer ausgewogener und abwechslungsreicher Ernährung besteht hierzulande normalerweise keine Gefahr eines Mangels an Vitaminen.
Abwechslungsreich bedeutet: fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag, Milch- und Vollkornprodukte, Fisch, Nüsse und pflanzliche Öle.
Häufig sind die Ursachen für einen Mangel an Vitaminen z.B. chronische Magen-Darm-Erkrankungen, einseitige Ernährung wie z.B. eine Essstörung oder Alkoholismus.
Anzeichen für einen Vitaminmangel können sein: Müdigkeit, schlechte Konzentration, leichte Kreislaufprobleme, Infektanfälligkeit, Blässe, Haarausfall, Entzündungen am Körper, aber auch Gelenk– und Muskelschmerzen.
Beispiele für Vitaminmangel
- Vitamin C: Müdigkeit, Infektanfälligkeit, allgemeine Leistungsschwäche, Gelenkschmerzen, bei massivem Mangel Zahnfleischbluten, Wundheilungsstörungen
- Vitamin D: Nervosität, nachlassende Knochenfestigkeit, bei Kindern Rachitis, schwache Muskulatur, mangelhafte Zahnbildung
- Vitamin B1: Kreislaufprobleme, neurologische Störungen wie z.B. Fußbrennen
- Vitamin B2: eingerissene Mundwinkel, Hautausschlag
- Vitamin B12: Müdigkeit, permanente Abgeschlagenheit, Blässe, allgemeine Leistungsschwäche
- Vitamin A: trockene, schuppige Haut, Sehstörungen (eher selten)
- Vitamin E: trockene Haut, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit
Die überwiegende Zahl der Menschen hierzulande ist mit Vitaminen aber ausreichend gut versorgt, sie brauchen keine zusätzlichen Nahrungsergänzungsmittel.
Die Mischung macht's - diese Vitamine braucht der Körper
Wer sich gesund ernähren möchte, setzt auf vitamin- und nährstoffreiche Kost.
Es gibt Lebensmittel, die sind wahre Vitaminbomben, z.B. schwarze Johannisbeeren, Kiwi, Sanddorn, Zitrusfrüchte, Grünkohl und rote Paprika, die sehr viel Vitamin C liefern.
- Vitamin A steckt in: Eigelb, Leber, Vollmilch, Spinat, roter Paprika.
- Vitamin B1 steckt in: Schweinefleisch, Erbsen, Vollkornprodukten
- Vitamin B2 steckt in: Milchprodukten, Käse, Fleisch, Fisch, Brokkoli
- Vitamin B3 steckt in: Leber, Fleisch, Ei, grünem Blattgemüse
- Vitamin B5 steckt in: Leber, Sonnenblumenkernen, Pilzen
- Vitamin B6 steckt in: Fleisch, Milch, Avocado, Bananen, Kartoffeln, Walnüssen
- Vitamin B7 steckt in: Hefe, Leber, Eigelb, Linsen
- Vitamin B9 steckt in: Orangen, Salat, Kohl, Spinat, Vollkornprodukten
- Vitamin B12 steckt in: Fleisch, Leber, Ei, Fisch, Milchprodukten
- Vitamin D steckt in: fetten Fischsorten (Aal, Lachs) – Vitamin D kann vom Körper mit Hilfe von UV-Einstrahlung selbst hergestellt werden.
- Vitamin E steckt in: Nüssen, Pflanzlichen Öle, Butter, Ei
- Vitamin K steckt in: Spinat, Kohl, grünem Salat, Brunnenkresse.
Beachten Sie außerdem:
- Vitamin D nur bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel einnehmen.
- Calciumreich ernähren! Wechseljahre und Alter sind Risikofaktoren für einen Mangel.
- Wasserverlust, Alter und bestimmte Erkrankungen können eine Nahrungsergänzung von Magnesium notwendig machen.
- Es sprechen mehr Gründe gegen als für Omega-3-fettsäurehaltige Nahrungsergänzungsmittel.
- Eine Überdosierung ist gefährlich. Zinkhaltige Nahrungsergänzungsmittel können bei vegetarischer Ernährung eventuell sinnvoll sein.
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 16. Juni 2022 | 17:00 Uhr