Der Redakteur | 20.05.2022 Warum werden Lebensmittel "unter Schutzatmosphäre verpackt"?
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20. Mai 2022, 19:51 Uhr
Auf vielen Lebensmitteln liest man inzwischen: "Unter Schutzatmosphäre verpackt". Was das bedeutet und warum die "Schutzatmosphäre" nicht nur Lebensmittel, sondern auch uns schützt, hat Thomas Becker herausgefunden.
Zwar haben wir keine repräsentativen Umfrage vorliegen, aber die durchaus übliche Vermutung beim Stichwort "unter Schutzatmosphäre verpackt" lautet: Da stehen die Mitarbeiter in Schutzanzügen in einem Reinraum und stopfen den Schnittsalat in die Tüte. Doch genau so läuft es eben nicht.
Die Schutzatmosphäre bezieht sich auf das Gas, das in die Verpackung geblasen wird. Nun klingt das gefährlicher als es ist, denn: Letztlich handelt es sich um "ganz normale" Luft. Die Besonderheit ist allerdings ihr Mix. Im Normalfall besteht unsere Luft aus 78% Stickstoff, 20,95% Sauerstoff, 0,93% Argon und 0,04% Kohlenstoffdioxid. Weitere Edelgase und Bestandteile kommen noch einmal auf deutlich weniger als 1% in der Summe.
Sauerstoff lässt Lebensmittel schnell altern
Das Problem für unseren Salat (und übrigens auch für die Scheibe Schinken am Frühstückstisch auf der Terrasse) ist der 20-prozentige Anteil des Sauerstoffs in der Luft. Sauerstoff lässt nicht nur unsere Zellen altern, unsere Schinkenscheibe wird dank seiner Anwesenheit recht schnell hässlich grau.
Und auch unser Schnittsalat würde schneller welken, als er verkauft und nach Hause getragen werden kann. Also gibt’s sauerstoffarme Luft, mit mehr CO2 und mehr Stickstoff - und fertig ist die Schutzatmosphäre. Diese wird in die Verpackung hineingeblasen und verdrängt die Umgebungsluft. So ähnlich ist das Prinzip auch in den Lagerhallen für Obst, beispielsweise bei Äpfeln.
Dann wird im Großmaßstab dafür gesorgt, dass in dieser Halle eine sauerstoffarme Atmosphäre herrscht und die Äpfel zum Beispiel nur noch sehr langsam reifen.
Schutzatmosphäre nicht nur für die Optik gut
Grundsätzlich isst das Auge bekanntlich mit. Und - um bei dem Salat-Beispiel zu bleiben - verwelkten Salat mit braunen Schnittflächen will niemand essen. Zusätzlich hat die Schutzatmosphäre tatsächlich noch einen zweiten Effekt. Auch viele Mikroorganismen, die unsere Speisen verderben lassen, brauchen zum Leben und zur Vermehrung Sauerstoff.
Das Wachstum der Lebensmittelverderber wie Hefe oder Laktobazillen wird unterdrückt und sehr stark verlangsamt.
Auch reagieren im Gegensatz zum Sauerstoff, der sehr reaktionsfreudig ist, die anderen Gase der Luft nicht mit den Inhaltsstoffen, also dem Salat.
Keimarm, aber nicht keimfrei
Was aber nicht funktioniert, ist, mit der Methode quasi die Lebensmittel bis in ihr Inneres keimfrei zu machen oder zu konservieren. Hierfür sind leider trotzdem die verschiedenen Konservierungsmethoden nötig. Einige "natürliche" wie Einkochen, Einfrieren, Salzen, Zuckern oder das Einlegen in Essig sind der beliebtere Teil der Chemie, aber dass auch das alles Chemie ist, steht außer Zweifel.
Auch ist in der Branche die Entwicklung der für viele Menschen unverträglichen Konservierungsstoffe noch nicht abgeschlossen. Man versucht hier, angelehnt an die Natur, Schutzkulturen zu finden und Mikroorganismen gezielt einzusetzen, die andere bekämpfen.
So werden Verderbniskeime, die man nicht haben möchte, unterdrückt. Ihnen wird zum Beispiel die Nahrungsquelle entzogen, indem andere den Zucker wegfressen. So bleiben Nahrungsmittel auch länger frisch.
Und - weil auch diese Frage im Laufe des Tages aufkam - eine Vakuumverpackung ist eigentlich das Gegenteil der Schutzatmosphäre, aber mit dem gleichen Ziel, nämlich den Sauerstoff vom Produkt fern zu halten. Nur wird hier ein Vakuum erzeugt und nichts reingeblasen. Vorteil: Die Verpackungsfolie liegt sehr eng an, was das Transportvolumen natürlich verringert.
Quelle: MDR (jw)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 20. Mai 2022 | 16:40 Uhr