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Der Redakteur | 04.05.2022Warum stellt der Arzt jedes Quartal eine neue Überweisung aus?

04. Mai 2022, 19:05 Uhr

Ein MDR THÜRINGER-Hörer aus Hermsdorf fragt sich, warum er als Patient des Universitätsklinikums Jena jedes Quartal eine neue Überweisung benötigt. Geht das noch nicht digital?

Zu manchen Spezialisten ohne Überweisung

Wir haben freie Arztwahl in Deutschland. Für Privatpatienten gilt das uneingeschränkt, gesetzlich Versicherte sind auf "Kassenärzte" angewiesen, also auf die Vertragsärzte der Kassen und auf die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Eine Überweisung ist für Fachärzte in der Regel nicht nötig.

Also sämtliche Spezialisten der Körperteile und Organe von A wie Auge über Darm, Herz, Lunge, Nase bis Z wie Zahn dürfen ohne Schein aufgesucht werden. Mitunter ist es aber ratsam, den Umweg über den Hausarzt zu gehen, nämlich dann, wenn dieser besser den Überblick über die verschiedenen Erkrankungen behalten sollte. Ausnahmen von der Zettelfreiheit gibt es aber trotzdem: Stichwort MRT, CT, Röntgen.

Bei Labormedizin, Mikrobiologie, Nuklearmedizin und Röntgendiagnostik ist immer eine Überweisung erforderlich.

Una Großmann, Sprecherin Stiftung Gesundheitswissen

Der Grund ist naheliegend, die jeweilige Einrichtung muss ja wissen, welches Körperteil in welcher Lage untersucht werden soll. Das steht zum Beispiel fürs MRT auf der Überweisung exakt drauf. Mit einem verknacksten Fuß kann also zwar der Hausarzt "übersprungen" werden, man geht also direkt zum Orthopäden und der der schickt einen dann aber mit Überweisungsschein gegebenenfalls zum Röntgen.

Wie ist das in Kliniken?

Wer zur ambulanten Behandlung zu einem Klinikarzt gehen will, der braucht in jedem Fall eine Überweisung. Es sind auch nur sogenannte "persönlich ermächtigte" Krankenhausärzte zur ambulanten Versorgung zugelassen. Einen Sonderfall stellen hier noch Unikliniken dar, auch was die Abrechnung betrifft. Das kann dem Patienten zwar egal sein, aber im günstigen Falle kann sich die Zahl der benötigten Überweisungsscheine pro Jahr deutlich verringern.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung Thüringen (KVT) muss unterschieden werden, ob die Überweisung in eine Hochschulambulanz oder zu einem ermächtigen Arzt erfolgt ist. Ist es eine Hochschulambulanz, gilt eine Überweisung für bis zu vier Quartale, wenn sich die Behandlung über mehrere Quartale erstreckt.

Wie lange ist eine Überweisung gültig?

Grundsätzlich gilt eine Überweisung in dem Quartal, in dem sie erstmals in Anspruch genommen wurde. Also der erste Arzttermin ist entscheidend und dann sind alle weiteren Behandlungen im gleichen Quartal abgedeckt. Allerdings muss niemand Angst haben, dass eine ungenutzte Überweisung schnell ungültig wird, noch bevor der erste Termin überhaupt stattgefunden hat. Laut KVT ist eine Überweisung, die Ende März (also im ersten Quartal) ausgestellt wurde, sogar noch im dritten Quartal, also von Juli bis September einlösbar.

Wann gibt’s die Überweisung digital?

Das ist schwer abschätzbar, geplant ist das - so wie auch die Digitalisierung weiterer Bereiche der Medizin bereits angelaufen ist, wenn auch nur schleppend. Daran sind nicht nur die verschiedenen Systeme von Ärzten, Apothekern, Krankenhäusern und Abrechnungsstellen schuld. Und auch nicht nur die Bürokratie und der Datenschutz. Laut KVT kommen aktuell die betreuenden Firmen der EDV-Systeme nicht hinterher, den erforderlichen KIM-Dienst (Kommunikation im Medizinwesen) überall einzurichten.

Den größten Nutzen sieht man hier übrigens beim digitalen Arztbriefversand. Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Rezepte hätten hingegen in den bisherigen Feldversuchen weder zu Vorteilen für Ärzte noch für Patienten geführt, nur zu Unmut und vielen Pannen. Und die elektronische Patientenakte könnte laut KVT von vielen Praxen schon verarbeitet werden, aber der deutsche Durchschnittspatient ist daran nicht interessiert.

Das ist schade, weil es Leben retten und Heilungschancen verbessern kann, wenn alle behandelnden Ärzte (denen man das gestattet) Einblick nehmen könnten. Und: Für Studien zu schweren Krankheiten wie Krebs oder Corona, wären die (anonymisierten) Daten geradezu ein Schatz. Nationen wie Estland sind da deutlich weiter. Estland ist schon seit zehn Jahren komplett digital im Gesundheitswesen, was die Abläufe bei Behandlung und Abrechnung kolossal vereinfacht hat. Der Deutsche ist da lieber noch ein Weilchen Zettel- und Bedenkenträger. 

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 04. Mai 2022 | 16:45 Uhr