Ein Ohr, aus dem eine Tonfrequenz erscheint, ist von bunten Lichteffekten umgeben.
Der medizinische Begriff "Tinnitus aurium" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "das Klingeln der Ohren". Bildrechte: imago/Science Photo Library

Ohrgeräusche Was hilft gegen Tinnitus?

11. März 2024, 10:16 Uhr

Fast drei Millionen Deutsche leiden unter Tinnitus. Der Ton im Ohr findet nur im eigenen Kopf statt. Klopfen, Rauschen, Piepen: Tinnitus ist nicht gleich Tinnitus – und er ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Wir erklären, woher die Dauergeräusche im Ohr kommen und wo Betroffene Hilfe finden.

Tinnitus entsteht nur im eigenen Kopf

Ein Tinnitus kann sich durch ständiges Pfeifen, Rauschen, Summen, Zischen, Knacken, Brummen oder gar Klopfen in meist zusätzlich quälend hoher Tonlage zeigen. Diese Dauergeräusche im Ohr sind für die Betroffenen oft mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Anhaltender Tinnitus verursacht so häufig auch Rückenschmerzen durch Muskelverspannungen, Schlafprobleme und Konzentrationsstörungen bis hin zu schweren Depressionen.

Die wahrgenommen Geräusche hören nur die Betroffenen selber, denn sie entstehen für andere nicht hörbar im eigenen Körper. Heilen lässt sich ein chronischer Tinnitus nach jetzigem Stand in der Regel nicht. Therapien können aber helfen, dass die Betroffenen lernen, damit umzugehen. Die meisten Erkrankten haben keine eingeschränkte Hörfunktion; neben den Störgeräuschen. Ein Tinnitus tritt nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit meist erst ab dem 50. Lebensjahr auf.

Verschiedene Ursachen

Die häufigsten Ursachen für einen Tinnitus sind Hörschädigungen durch Lärm, Schwerhörigkeit im Alter, Infektionen wie Mittelohrentzündungen oder Knalltraumata. Aber auch Knochenfehlstellungen, Stoffwechselerkrankungen und Durchblutungsstörungen können so auf sich aufmerksam machen.

Bei Dauergeräuschen schnell handeln

Grundsätzlich handelt es sich um irreguläre Erregungen im Bereich der Hörbahn, durch kaputte Sinneszellen im Ohr, so der HNO-Spezialist Udo Walter, der in seinem Buch "Zu viel um die Ohren" Tipps für den Umgang mit Tinnitus gibt. Oft verschwindet der nervige Ton von selber schnell wieder, etwa nach einem lauten Konzert oder nach dem Passieren einer dröhnenden Baustelle.

Hält der Tinnitus aber länger als einen ganzen Tag an und geht sogar mit einem plötzlichen Hörverlust oder Schwindel einher, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden! Denn bei akuten Hörproblemen können die Sinneszellen durch die Gabe von Kortison in manchen Fällen gerettet werden. Allerdings ist die Zeit hier der ausschlaggebende Faktor: Die ersten 14 Tage sind für den Erfolg der Behandlung ausschlaggebend. Dauert der Tinnitus länger als drei Monate an, sprechen die Mediziner von einem chronischen Tinnitus. Er bleibt oft ein Leben lang.

Hilfe in Behandlungs-Zentren: Uniklinik Jena und Berliner Charité

Neben dem Tinnitus-Zentrum der Uniklinik Jena gibt es auch ein Behandlungs-Zentrum an der Berliner Charité, bei dem Tinnitus-Patienten und -Patientinnen Hilfe finden. Die Betroffenen werden dort fachübergreifend von einem Team aus HNO-Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten und Hörgeräteakustikern betreut. Dieser ganzheitliche Behandlungsansatz konnte schon deutliche Langzeiteffekte zeigen.

Therapien helfen, mit dem Tinnitus zu leben

Chronischer Tinnitus ist – wie bereits schon erwähnt – nicht heilbar. Aber es gibt Wege, den Patienten zu helfen, damit leben zu lernen. Nach Angaben des Bundesministerium für Gesundheit habe sich hier vor allem die kognitive Verhaltenstherapie bewährt. "Sie ist wissenschaftlich anerkannt und die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen", erklärt das Ministerium.

Warnung vor falschen Therapieversprechen

Prof. Birgit Mazurek vom Tinnitus-Zentrum der Berliner Charité warnt vor fragwürdigen Heilmethoden, die vor allem im Internet zu finden sind. Dazu gehören zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel oder sogenannte Rauschgeneratoren. Auch Präparate wie Cannabis, Gingko, Oxytocin oder Steroide haben sich in evidenzbasierten Studien als nicht wirksam bei der Behandlung von chronischem Tinnitus erwiesen, so Prof. Mazurek. Dass sich dennoch viele Betroffene Hilfe von fragwürdigen Mitteln versprechen, kann die Tinnitus Expertin gut verstehen: Der Leidensdruck der Patienten sei einfach sehr groß.

Tinnitus und Schwerhörigkeit

Mit zunehmenden Alter tritt oft Schwerhörigkeit auf und auch dadurch kann ein Tinnitus entstehen. Im September vergangenen Jahres hat die Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde in ihren neuen Leitlinien zur Behandlung von chronischem Tinnitus deshalb erstmals den Einsatz von Hörgeräten empfohlen.

Sinnvoll ist der Einsatz von Hörgeräten vor allem bei niedrigen und mittleren Tinnitus-Frequenzen, heißt es in den Leitlinien. Wichtig dabei ist allerdings eine intensive Begleitung und Beratung der Betroffenen durch Mediziner. Hörgeräte können dazu beitragen, dass die Geräusche im Ohr als weniger lästig empfunden werden, beseitigen können sie sie allerdings nicht.

Hilfe durch Selbsthilfe – von Betroffenen für Betroffene

Eine gute Anlaufstelle für Menschen, die von akutem oder chronischem Tinnitus betroffen sind, sind Selbsthilfegruppen. Die Deutsche Tinnitus Liga e.V. gibt einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand und verspricht Hilfe, wie man sich im "Informationsdschungel" rund um das Thema zurechtfindet. Die Vernetzung mit anderen Betroffenen, der Austausch von Erfahrungen, sei ein wichtiger zweiter Baustein in der Tinnitus-Behandlung, sagt auch Tinnitus-Expertin Prof. Birgit Mazurek. Denn eines müsse jedem Betroffenen klar sein: Die Therapie erfordert viel Geduld und Durchhaltevermögen. Nur dann kann sie erfolgreich sein in der Vermittlung, wie man mit den ständigen Ohrgeräuschen leben kann.

MDR (cbr) | Erstmals erschienen am 05.01.2022.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Hauptsache gesund | 06. November 2023 | 11:00 Uhr

Mehr Gesundheit

Weitere Ratgeber-Themen