
Tipps vom Autoexperten Pick-up's – sind die Bullen noch zeitgemäß?
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16. Februar 2022, 10:03 Uhr
Auch auf deutschen Straßen sind immer mehr Pick-ups unterwegs. Sie sind groß und oft praktisch – aber die Spritschlucker sind nicht nur teuer in der Anschaffung, sondern auch im Unterhalt. Autoexperte Andreas Keßler klärt über die Vor- und Nachteile der bulligen Lastenträger auf.
Mal eben schnell etwas abholen: In der DDR gab es dafür den "Klau-Fix", wie der Kleinanhänger HP400 im Volksmund hieß. In den USA wurden solche Kleintransporte hingegen schon seit alters her mit einem "Pickup" (= aufladen, abholen) erledigt.
Blick in die Geschichte des Lastenwagens
Zu Zeiten des Wilden Westens wurde ein leichterer Zweispänner mit offener Ladefläche und Kutschbock so bezeichnet. Seit 100 Jahren ist ein Pick-up ein Klein-LKW mit Fahrerhaus vor der Ladefläche.
Schon das legendäre T-Modell von Ford gab es in einer Pick-up Variante und erfreute sich großer Beliebtheit. Diese Beliebtheit hat bis heute angehalten: Was in Deutschland der VW-Golf ist, ist in den USA der Ford F-150, ein "Full-Size-Pick-up".
Für europäische Verhältnisse ist diese Fahrzeugkategorie viel zu groß, das Konzept funktioniert bei uns – nicht nur, weil es keinen "Klau-Fix" mehr gibt – aber inzwischen auch recht gut.
Moderne Pick-ups sind vielseitig einsetzbare Fahrzeuge, hauptsächlich im gewerblichen Bereich. Tendenz hierzulande steigend. Sie sind groß und bullig und sehen nach Kraft aus. Aber sind sie noch zeitgemäß? Obwohl teuer in der Anschaffung und im Unterhalt, haben sie auch Vorteile.
Die Vor- und Nachteile von Pick-ups:
- Pick-ups sind echte Arbeitstiere: Reinrassige Vertreter dieser Gattung haben einen soliden Stahlprofil-Rahmen, in dem Motor, Antrieb und Achsen hängen. Ohne Sprengstoff (oder jahrelange Korrosion) sind solche Autos nicht zu zerstören.
- Pick-ups sind sehr geländegängig, auch wenn sie nicht mit Allradantrieb ausgerüstet sind (Allradantrieb ist keineswegs immer serienmäßig an Bord). Das liegt an der großen Bodenfreiheit, den großen Rädern und vor allem an den in der Regel drehmomentstarken Motoren.
- Der größte Nachteil ist gleichzeitig der größte Vorteil von Pick-ups: die offene Ladefläche. Vor Witterung und Langfingern völlig ungeschützt, ist selbst sperriges schnell (mit geeigneten Hebezeugen!) verladen. Es darf während des Transportes nur nicht regnen.
- Pick-ups sind als Nutzfahrzeuge konstruiert und nicht auf optimalen Fahrkomfort ausgelegt. Man kann zwar (wenn das Auto eine Doppelkabine hat) mit der ganzen Familie verreisen, aber weite Tagesetappen sind nicht empfehlenswert.
- Große Motoren und hohes Gewicht heißen leider auch hoher Verbrauch. Für private Halter kann das das Killer-Argument sein, gewerbliche Pick-up-Nutzer setzen die Treibstoffkosten von der Steuer ab. Als Betriebskosten.
- US-Pick-ups sind riesig. Für den gewerblichen Einsatz in Großstädten sollte es deshalb wirklich gute Gründe geben.
Pick-up gilt als LKW
Pick-ups sind in Deutschland als Nutzfahrzeuge zugelassen. In den Zulassungsbescheinigungen steht unter "Fahrzeugart" LKW. Damit entfällt die Hubraumsteuer, da Nutzfahrzeuge bei uns nach Nutzlast besteuert werden. Wenn ein LKW also einen fetten V8-Motor unter der Haube hat, womöglich einen Diesel, ist das steuerlich betrachtet dasselbe, wie wenn ein 3-Zylinder mit 800 cm³ für Vortrieb sorgen würde.
Die Höhe der Kfz-Steuer wird hauptsächlich von der möglichen Zuladung bestimmt. Aus diesem Grund werden die in Deutschland erhältlichen Pick-ups mit "richtigen" Motoren verkauft, die dann im Einsatz auch ordentlich was wegziehen.
Hier sieht so manches Finanzamt aber einen steuerlichen "Gestaltungsmissbrauch" und definiert Pick-ups einfach als PKW, um sie doch wieder auf Basis des Hubraums zu besteuern.
Es gilt der Einzelfall! Sehr interessant ist folgendes steuerliche Detail: Die Zulassungsart von Pick-ups ändert sich nicht, auch wenn das Finanzamt den Hubraum besteuert. Und deshalb fällt der geldwerte Vorteil bei einer privaten Nutzung des geschäftlich abzuschreibenden Firmenfahrzeugs "Pick-up" weg. Hier muss im Regelfall weder Fahrtenbuch geführt noch jeden Monat ein Prozent des Fahrzeuglistenpreises zusätzlich versteuert werden.
Quelle: MDR um 4
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 16. Februar 2022 | 17:00 Uhr