Neu ab Juli 2020 Mehr Rente, weniger Mehrwertsteuer, steigender Mindestlohn in der Pflege
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Die Renten steigen, der Pflegemindestlohn auch, die Mehrwertsteuer sinkt. Infizierte Haustiere müssen gemeldet werden. Plastik-Trinkhalme und Einweg-Geschirr werden wohl aus dem Verkehr gezogen. Für Lang-Lkw werden Abbiegeassistenten Pflicht. Wer seine Steuererklärung selber macht, muss sie bis Monatsende abgeben.

Renten steigen deutlich
Die rund 21 Millionen Rentner in Deutschland bekommen ab Juli wieder höhere Altersbezüge: Im Osten steigen sie um 4,20 Prozent. Im Westen sind es 3,45 Prozent.
Der Rentenwert in Ostdeutschland steigt damit auf 97,2 Prozent des Westniveaus. Bis 2024 sollen es schrittweise 100 Prozent werden. Das Rentenniveau bundesweit steigt leicht auf 48,21 Prozent des durchschnittlichen Einkommens.
Die Rentenerhöhung orientiert sich an der Lohnentwicklung. 2019 stiegen die Löhne im Vergleich zum Vorjahr im Westen um 3,28 Prozent, im Osten um 3,83 Prozent.
Für tausende Rentner bedeutet die Erhöhung allerdings auch, dass sie Post vom Finanzamt bekommen, weil sie den Grundfreibetrag für Rentner übersteigen und damit steuerpflichtig werden. Dieser Grundfreibetrag liegt 2020 bei 9.408 Euro für Alleinstehende und 18.816 Euro für verheiratete Rentnerpaare.
Mehrwertsteuer sinkt
Die wohl größte Änderung betrifft die Mehrwertsteuer: Sie wird am 1. Juli für sechs Monate von 19 auf 16 Prozent gesenkt, der ermäßigte Steuersatz von sieben auf fünf Prozent.
Die Maßnahme ist Teil des Konjunkturpakets der Bundesregierung. Ziel ist es, in Zeiten von Corona die Kaufkraft der Deutschen und damit die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Richtig zum Tragen kommt die Senkung allerdings nur bei größeren Anschaffungen wie Autos, Möbel oder Elektronik. Lebensmittel bleiben dagegen in etwa gleich teuer.
Die Frage ist auch, ob Handel und Wirtschaft die gesenkte Mehrwertsteuer an die Kunden weitergeben. Die Deutsche Bahn hat bereits angekündigt, es zu tun: Ab 1. Juli sinken die Preise im Fernverkehr um 1,9 Prozent. Auch im Nahverkehr sollen die Tickets weniger kosten. Hier entscheiden allerdings die Nahverkehrsunternehmen über die jeweilige Senkung.
Sonderregelung für Gastronomie
Ab Juli lohnt es sich mehr, auswärts essen zu gehen: In Restaurants und Gaststätten wird der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Die Regelung gilt für ein Jahr, also bis zum 30. Juni 2021. Sie soll der Gastronomie wieder auf die Beine helfen, die durch Corona heftige Einbußen erlitten hat.
Pflegemindestlohn steigt
Der Mindestlohn in der Altenpflege wird zum 1. Juli angehoben: Im Osten steigt er von 10,85 Euro auf 11,20 Euro, im Westen von 11,35 auf 11,60 Euro. Bis April 2022 sind drei weitere Anhebungen geplant. Im September 2021 erfolgt dabei die seit Langem geforderte Ost-West-Angleichung – dann soll der Mindestlohn bundesweit zwölf Euro betragen, im April 2022 sollen es dann 12,55 Euro sein. In Einrichtungen mit Pflegemindestlohn arbeiten etwa 1,2 Millionen Beschäftigte.
Meldepflicht für infizierte Haustiere
Auch Tiere können sich mit dem Coronavirus anstecken, selbst wenn das wohl nur selten vorkommt. Um Infektionen bei Haustieren besser zu erforschen, soll es ab Juli eine Meldepflicht für Corona-Fälle geben. Sie sieht vor, dass Tierärzte ihnen bekannte Fälle bei den Behörden anzeigen müssen. Das soll für alle vom Menschen gehaltenen Tiere gelten, auch für Zootiere. Die Regelung bedeutet aber nicht, dass jetzt alle Besitzer gleich zum Tierarzt müssen: Eine Testpflicht für die schätzungsweise 31 Millionen Haustiere in Deutschland soll es nicht geben. Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner sagte bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs aber, dass es sinnvoll sein könne, Katzen testen zu lassen, wenn die Halter bereits positiv auf das Virus getestet wurden. Grund dafür ist, dass es bestätigte Fälle gibt, wo Katzen sich mit Sars-CoV-2 angesteckt haben. Hunde dagegen scheinen weniger empfänglich dafür zu sein. Die Kosten für einen Test werden allerdings nur übernommen, wenn ein Veterinäramt ihn anordnet. Wer sein Haustier freiwillig testen lassen will, muss das selbst bezahlen. Die Kosten liegen dem Friedrich-Loeffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, "im unteren zweistelligen Bereich". Antikörper-Tests, die eine überstandene Infektion anzeigen, seien etwas teurer. Der Bundesrat muss über die Verordnung noch entscheiden. Termin dafür ist der 3. Juli.
Abbiegeassistent für Lang-Lkw
Immer wieder passieren im Straßenverkehr schwere Unfälle durch abbiegende Lastwagen, die oft tödlich enden. Ab 1. Juli ist für neu zugelassene Lkw ein Abbiegeassistent Pflicht – allerdings nur für große Lkw mit Anhänger (18,75 m bis 25,25 m). Auch müssen die Fahrzeuge mitblinkende Seitenmarkierungsleuchten haben. Bereits zugelassene Lang-Lkw müssen bis Juli 2022 nachgerüstet werden. Ab 2022 sollen Abbiegeassistenten EU-weit verpflichtend für alle neuen Fahrzeugtypen eingeführt werden, ab 2024 dann für alle neu zugelassenen Lkw und Busse. Da der Umgang mit Lang-Lkw im europäischen Recht nicht geregelt ist, war es möglich, für diesen Fahrzeugtyp in Deutschland eine frühere Pflicht einzuführen. Abbiegeassistenten weisen Lkw- oder Busfahrer mit optischen oder akustischen Signalen in kritischen Situationen auf einen übersehenen Radfahrer oder Fußgänger hin.
Lkw-Fahrverbot soll Ferienverkehr entlasten
Um den Reiseverkehr während der Ferienzeit möglichst reibungslos zu gestalten, wird auch in diesem Jahr der Lkw-Verkehr in Deutschland eingeschränkt. Vom 1. Juli bis zum 31. August dürfen Lkw mit Anhänger und Lkw, die mehr als 7,5 Tonnen wiegen, zwischen 7 und 20 Uhr auf bestimmten Autobahnen und Bundesstraßen nicht fahren. In begründeten Fällen werden von den Straßenverkehrsbehörden der Bundesländer Ausnahmegenehmigungen erteilt.
Verbot für Plastik-Wegwerfware
Trinkhalme, Wattestäbchen und Einweggeschirr aus Plastik sollen künftig nicht mehr verkauft werden dürfen. Bundestag und Bundesrat entscheiden am 3. Juli über ein entsprechendes Verbot, das bei Zustimmung dann auch sofort greifen soll. Mit dem Verbot setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie um. Es soll nicht nur in Deutschland gelten, sondern in allen EU-Ländern. Konkret betroffen sind Einmalbesteck und Einmalteller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen, Luftballons aus Plastik, To-Go-Lebensmittelbehälter und Getränkebecher aus Styropor sowie Produkte aus oxo-abbaubarem Kunststoff (z.B. Polyethylen). Lagerbestände dürfen aber noch verkauft werden.
Verwendung gefährlicher Weichmacher stark eingeschränkt
Phthalat-Weichmacher machen Kunststofferzeugnisse elastisch – doch sie können die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und sich schädlich auf die Entwicklung von Kindern im Mutterleib auswirken. Wegen diesen Gefahren wird für vier Weichmacher zum 7. Juli 2020 der zulässige Grenzwert auf 0,1 Prozent heruntergesetzt. Konkret gilt er für DEHP (Di(2-ethylhexyl)phthalat), DBP (Dibutylphthalat), DIBP (Diisobutylphthalat) und BBP (Benzylbutylphthalat). Ihr Anteil darf nur noch dann höher liegen, wenn die Produkte für die Verwendung im Freien gedacht sind oder industriell oder landwirtschaftlich genutzt werden und nicht in längeren Kontakt mit Menschen kommen. Für den Einsatz in Spielzeugen und Babyartikeln sind DEHP, DBP und BBP schon länger verboten, DIBP ist es ab 7. Juli auch.
Die Grüne Versicherungskarte wird weiß
Wer mit dem Auto ins Ausland fährt, braucht als Nachweis für die Kfz-Versicherung die Grüne Versicherungskarte. Sie ändert zum 1. Juli 2020 ihre Farbe und wird weiß. Das hat einen einfachen Grund: Weil sich der Schein auf weißem Grund besser ausdrucken lässt, können Versicherer ihn digital per E-Mail im PDF-Format versenden anstatt per Post auf Papier. Fahrerinnen und Fahrer müssen die neue Grüne Versicherungskarte – der Name bleibt erhalten – für Auslandsfahrten ausdrucken und auf Papier mit sich führen. Ein Vorzeigen des PDFs auf dem Smartphone oder Tablet wird nicht akzeptiert. In Deutschland gilt bis Ende 2020 eine Übergangsfrist: Bis dahin stellen die Versicherungen die Grüne Versicherungskarte parallel in der bisherigen grünen und der neuen weißen Variante aus. Ab Januar 2021 wird es dann nur noch die weiße geben. Bestehende Karten können bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit verwendet werden.
Steuererklärung bis 31. Juli abgeben!
Wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, hat dafür jetzt bis zum 31. Juli 2020 Zeit – sofern er oder sie sie selbst macht. Wenn ein Steuerberater oder Lohnbüro mithilft, muss sie erst Ende Februar 2021 abgegeben werden. Wichtig: Wer merkt, dass er die Abgabefrist nicht einhalten kann, sollte beim Finanzamt rechtzeitig eine Fristverlängerung beantragen. Ansonsten droht ein Verspätungszuschlag von 25 Euro pro angefangenem Monat.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 30. Juni 2020 | 19:30 Uhr