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Ein Zug gilt als verspätet, wenn er mit mindestens sechs Minuten Verzögerung entrifft. Bildrechte: imago images/Ralph Peters

Neue FahrgastrechteVerspätung mit der Bahn: Wann gibt es keine Entschädigung mehr?

08. Juni 2023, 15:27 Uhr

Wenn sich durch höhere Gewalt wie Unwetter oder Kabelklau ein Zug verspätet, gibt es nun keinen Anspruch mehr auf Entschädigung. Grund dafür ist die Umsetzung einer EU-Regelung, welche für alle Bahnunternehmen gilt.

von Carmen Brehme, MDR Wirtschaftsredaktion

Keine Entschädigung mehr bei außergewöhnlichen Umständen

Bei Verspätungen mit dem Zug haben Fahrgäste aller Eisenbahnunternehmen seit 7. Juni in bestimmten Fällen keinen Anspruch mehr auf Entschädigung. Nach der "Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr", die EU-Recht in nationales Recht umsetzt, gilt dies dann für Ereignisse, die auf höherer Gewalt beruhen und zu Verzögerungen führen:

  • extreme, Jahreszeiten untypische Witterungsbedingungen
  • Naturkatastrophen
  • Eingriff Dritter (etwa Personen im Gleisbett, Kabeldiebstahl, Sabotage)
  • Schuld Bahnreisender (etwa unsachgemäßes Ziehen der Notbremse)

In der Verordnung heißt es auch: "Darüber hinaus sollte ein Eisenbahnunternehmen nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sein, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung durch eine schwere Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie beispielsweise eine Pandemie, verursacht wurde".

Die Eisenbahnunternehmen müssen in jedem Falle nachweisen, dass die außergewöhnlichen Umstände unvermeidbar waren, auch "wenn alle zumutbaren Maßnahmen" ergriffen worden wären. Die Gründe für die Verspätung dürfen nicht in der eigenen Verantwortung liegen. Nach Angaben des Europäischen Verbraucherzentrum Deutschlands gelten die Bahn-Fahrgastrechte "in allen EU-Mitgliedstaaten sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen – und zwar für den Fernverkehr und für den Nahverkehr."

Streik bleibt Entschädigungsgrund

Entschädigungen werden weiterhin gezahlt bei durch Streik bedingten Verspätungen. Auch nicht zu den Ausnahmen zählen laut Verordnung "Handlungen oder Unterlassungen eines anderen Unternehmens, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur nutzt, und Handlungen oder Unterlassungen der Infrastrukturbetreiber und Bahnhofsbetreiber".

Nach Angaben der Deutschen Bahn gibt es auch Entschädigungen, wenn die Verspätungen durch Bauarbeiten hervorgerufen werden.

Wie hoch wird der Anteil der Fälle sein, die nach den neuen Fahrgastrechten kein Entschädigungsgrund sind?

Pauschal lässt sich das nicht sagen. Die Entschädigungsansprüche hängen auch von externen Ereignissen ab, die in jedem Jahr anders ausfallen. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn erklärt auf MDR-Anfrage mit Blick auf das vergangene Jahr, "in deutlich über 90 Prozent der Fälle hätten wir auch unter Anwendung der neuen EU-Verordnung genauso entschädigt."

So viel Entschädigung gibt es weiterhin bei berechtigten Gründen

1) Einfache Fahrt

  • ab 60 bis 119 Minuten Verspätung am Zielbahnhof: 25 Prozent des Fahrpreises
  • ab 120 Minuten Verspätung am Zielbahnhof: 50 Prozent des Fahrpreises

2) Ticket mit Hin- und Rückfahrt

Bei einem Ticket für Hin- und Rückfahrt gelten dieselben Verspätungszeiträume. Hier wird die Entschädigung dann anhand der Hälfte des Ticketpreises berechnet.

Neu auch: Umbuchung bei Verspätung

Neu seit 7. Juni ist nach Angaben des Europäischen Verbraucherzentrum Deutschlands, dass die Umbuchung seitens des Bahnunternehmens auf einen späteren Anschlusszug auch bei einem anderen Anbieter möglich ist.

Die Weiterreise kann aber auch selbst organisiert werden und dem Bahnunternehmen in Rechnung gestellt werden, wenn dieses dazu die Zustimmung erteilt hat. Möglich ist dies auch, wenn keine Umbuchung "innerhalb von 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrt des Zuges" erfolgt ist.

Folgeschäden ausgeschlossen

Wer durch einen verspäteten Zug etwa die Kreuzfahrt nicht antreten kann oder den Flieger verpasst, bleibt wie bisher schon auf diesen Kosten sitzen. "Folgeschäden aus der Verspätung wie z. B. einen verpassten Anschlussflug oder eine erloschene Hotelreservierung werden nicht übernommen", betont das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland.

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MDR (cbr) l Erstmals erschienen am 21.05.2023.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 31. Mai 2023 | 17:45 Uhr