Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio

Leben

GesundheitRezepteGartenFamilienlebenLifestyleRechtFinanzenDigitalesMobilität
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der WocheHausbesitzer steht bei Fremdverschulden Fassaden-Reinigung zu

07. Januar 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Hausbesitzer steht bei Fremdverschulden Fassaden-Reinigung zu

Oberlandesgericht Hamm (Az.: 11 U 96/21)

Das Holzhaus von Holger Hollmann* steht direkt an einer Brücke, die dringend saniert werden muss. Bei den Bauarbeiten entsteht eine große Menge an Betonstaub, der sich beharrlich auf der Fassade des skandinavisch anmutenden Holzhauses absetzt.  Der Staub muss mit großem Aufwand von einer Fachfirma beseitigt werden. Das Geld dafür verlangt Herr Hollmann von der Stadt zurück. Denn das Gutachten eines Sachverständigen beweist: Der hässliche Schmutzfilm auf der Fassade stammt klar von den Brückenbauarbeiten.

Doch der öffentliche Träger hält dem Hausbesitzer vor, er hätte sich mit einer entsprechenden Schutzschicht auf dem Holz schützen können. Außerdem hätte er gleich reagieren müssen, unmittelbar nachdem der Dreck entdeckt wurde.

Am Oberlandesgericht Hamm sah man das anders: "Wenn die Bauarbeiten an der Brücke für erhebliche Staubentwicklung gesorgt haben, darf der Hauseigentümer erwarten, dass die Fassade seines Hauses auf Kosten der öffentlichen Hand gereinigt wird. Zwar müssten Anwohner bis zu einem gewissen Umfang Verschmutzungen und Staub hinnehmen, wenn in der Umgebung gebaut wird. Hier ist diese Grenze jedoch klar überschritten worden."

Der Eigentümer des Holzhauses erhält hier 6.000 Euro für die Reinigung der Fassade.


Nachbarn haben Anspruch auf Entfernung von Überwachungskameras

Amtsgericht Bad Iburg (Az.: 4 C 366/21)

Familie A bewohnt die eine Hälfte eines Doppelhauses. Nachbar B wohnt auf der anderen Seite, und dort bringt er eines Tages zwei Kameras an. Die können nicht nur filmen, sondern auch Personen erkennen und die entsprechenden Daten aufzeichnen. Die Ausrichtung der Objektive ermöglicht es rein theoretisch, das Nachbaranwesen zu überwachen. Nachbar B gibt allerdings an, diese sensiblen Bereiche würden mit Hilfe der Technik verpixelt. Für Familie A ist das nicht ausreichend – man möchte überhaupt keine Kamera auf dem Grundstück.

Am Amtsgericht Bad Iburg hatte man dafür Verständnis: "Es ist unwichtig, ob tatsächlich eine Überwachung stattfindet oder nicht. Alleine die Möglichkeit, ungewollt gefilmt zu werden, ist hier entscheidend. Wenn im Radius der Kamera lebende Menschen ernsthafte Befürchtungen äußern, dass ihre Persönlichkeitsrechte verletzt werden, muss dies hingenommen werden. Die Ausrichtung der Objektive muss dann geändert oder das Gerät im Zweifelsfall ganz entfernt werden."


Kein Anspruch auf fiktives Geburtsdatum in Ausweis oder Pass

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz  (Az.: 7 A 10318/22)

Said Saidi* ist nach eigener Aussage 1957 in Algerien geboren worden. Mittlerweile hat er auch die deutscher Staatsangehörigkeit. Allerdings ist ihm selbst sein konkretes Geburtsdatum unbekannt. Das hängt mit der kinderreichen Familie zusammen, in die er geboren wurde: Seine Mutter habe das Geburtsdatum einfach nicht notiert.

Im Personalausweis und Reisepass des Mannes steht deshalb das Geburtsdatum "XX.1957". Ein Dokument seines Geburtslandes konnte er nicht vorlegen. Das Geburtenregister in Algerien bestätigt aber immerhin sein Geburtsjahr. Nun sollen neue Ausweisdokumente ausgestellt werden. Auf die Variante mit XX will man sich nicht mehr einlassen. Also beantragt Herr Saidi ein fiktives Datum einzutragen. Das sei auch für ihn persönlich gut: Wegen des fehlenden Geburtsdatums habe er immer wieder Nachteile gehabt.

Die Stadtverwaltung ist dagegen – und auch am Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz war man letztlich nicht auf seiner Seite: "Es gibt keinen Anspruch auf ein fiktives Geburtsdatum in Ausweisdokumenten. Das gilt auch dann, wenn das genaue Geburtsdatum nicht bekannt ist. Grundsätzlich dürfen nur nachweislich korrekte Daten in persönliche Dokumente eingetragen werden. Damit soll die Richtigkeit sämtlicher Personaldaten sichergestellt werden."

Wenn Herr Saidi deshalb Nachteile hat – so sehen es die Richter – müsse der Gesetzgeber Abhilfe schaffen.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 07. Januar 2023 | 06:00 Uhr