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Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der WocheWohnung ist vor unangemeldeten Steuerprüfern geschützt

01. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Eigene Wohnung ist vor unangemeldeten Steuerprüfern geschützt

Bundesfinanzhof (Az: VIII R 8/19)

Ulla Ullmann arbeitet als selbstständige Unternehmensberaterin. Für das vergangene Jahr macht sie erstmals die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer in der Steuerklärung geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reicht sie auch eine Wohnungsskizze ein. Auf der sind aber nur zwei Zimmer zu sehen: ein Wohn-Esszimmer und ein Schlafzimmer. Dabei ist der maschinenschriftliche Eintrag "Schlafen" durchgestrichen und handschriftlich durch "Arbeit" ersetzt. Wo also wird Frau Ullmann schlafen? Um das zu klären, schickt das Finanzamt einen sogenannten Flankenschutzprüfer der Steuerfahndung vorbei. Der erscheint unangekündigt vor der Wohnungstür, zeigt seinen Dienstausweis und bittet um Einlass. Ist das erlaubt? Am Bundesfinanzhof sagte man klar und deutlich Nein:

Laut Grundgesetz gilt die Unverletzlichkeit der Wohnung. Vor dem Aufsuchen einer Wohnung müssen Behörden daher immer zunächst nach milderen Mitteln suchen. In diesem Fall zeigte sich die Klägerin durchaus kooperativ. Vermutlich hätte ein einfacher Anruf gereicht, um die Sache zu klären. In jedem Fall aber wäre ein angekündigter Besuch ausreichend gewesen. Außerdem war das Vorgehen rechtswidrig, weil das Finanzamt nicht einen eigenen Mitarbeiter sondern die Steuerfahndung vorbeigeschickt hat. Zufällige Besucher oder Nachbarn hätten so den rufschädigenden Eindruck bekommen können, dass hier strafrechtliche Ermittlungen geführt würden.

Das Vorgehen der Behörden war hier also rechtswidrig.


Der Begriff "Wucher" ist in Ebay-Bewertungen zulässig

Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 319/20)    

Die Firma Walzenbrecht verkauft über Ebay sogenannte Gelenkbolzenschellen, mit denen man Schläuche befestigen kann. Für vier dieser Schellen verlangt sie 14 Euro und fünf Euro Versandkosten. Der Käufer bewertet das Geschäft nach dem Kauf: Die Ware sei zwar gut, die Versandkosten aber seien "Wucher". Der Verkäufer verlangt nun vor Gericht, dass genau dieser Teil der Bewertung entfernt wird. Laut Allgemeiner Geschäftsbedingungen bei Ebay müssten Bewertungen "sachlich" gehalten sein und dürften keine "Schmähkritik" enthalten. Am Bundesgerichtshof urteilte man in diesem Fall wie folgt:

Wegen der Bedeutung von Meinungsfreiheit als Grundrecht muss die Definition von Schmähkritik eng ausgelegt werden. Eine Äußerung ist deshalb nur dann unzulässig, wenn statt einer Kritik an der Sache die Diffamierung des Gegners im Vordergrund steht. Das war hier aber nicht der Fall.

Die Firma wird mit der Bewertung leben müssen.


Solaranlage auf dem Hausdach darf Nachbarn nicht unzumutbar blenden

Landgericht Frankenthal  ( Az. 9 O 67/21 )

Familie Gartenbach wohnt in einem Einfamilienhaus in einer Wohnanlage. Ihr Nachbar hat dort auf seinem Grundstück eine Fotovoltaikanlage installiert. Die arbeitet zwar einwandfrei, blendet die Nachbarn allerdings in den Sommermonaten zwischen 17 und 18 Uhr. Die Sonnenlichtreflexionen scheinen dann direkt ins Wohnzimmer - und machen auch den Aufenthalt auf der Terrasse und im Garten unmöglich. Ein Gutachten bestätigt das: Die Spiegelung sei fast so hell wie der Blick in die Sonne selbst. Und die Blendung könne unter Umständen dazu führen, dass die Sehfähigkeit eingeschränkt wird. Am Landgericht Frankenthal urteilte man deshalb so:

Die Solaranlage auf einem Hausdach darf die Nachbarn nicht unzumutbar blenden. Es ist ihnen nicht zuzumuten, Terrasse und Garten in diesem Zeitraum nicht nutzen zu können – oder die Innenräume durch Rollläden verdunkeln zu müssen. Derartige Hindernisse an einer beschwerdefreien Nutzung des Hauses müssen nicht hingenommen werden.

Die Fotovoltaikanlage muss nun so ausgerichtet werden, dass sie die Nachbarn nicht mehr blenden kann.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Oktober 2022 | 05:00 Uhr