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Ein neues Gesetz bringt Vorteile für Verbraucher. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Telefonvertrag & Co.Wie komme ich aus meinem Vertrag raus?

19. Mai 2022, 11:18 Uhr

Seit Oktober 2021 ist das Gesetz über faire Verbraucherverträge in Kraft. Es soll unter anderem Verbraucher vor Vertragsabschlüssen schützen, die sie eigentlich gar nicht wollen, etwa bei unerlaubter Telefonwerbung. Was sich konkret geändert hat, welche Vorteile es Verbrauchern bringt und wie Sie Verträge schnellstmöglich kündigen können, das erklärt Gilbert Häfner, ehemaliger Präsident des Oberlandgerichts Dresden.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge bringt diverse Verbesserungen für die Verbraucher. Dabei geht es im Einzelnen um die Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen sowie Vertragsabschlüsse und Werbung über Telefon.

Verträge über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sehen häufig eine Mindestlaufzeit vor. Welche Zeitspanne ist rechtlich unbedenklich?

Bei derartigen Verträgen, also etwa solchen über die Mitgliedschaft in Fitnessstudios, die Teilnahme an Partnerschaftsbörsen, die Bereitstellung von Internet und Mobilfunk oder Zeitschriftenabonnements, sind Klauseln unwirksam, die den Verbraucher für eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren binden; kürzere Laufzeiten sind nicht zu beanstanden. Dies gilt schon bisher.

Welche Verlängerungsregelungen zu Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen sind zulässig?

Nach dem früheren Recht ist eine Vertragsklausel unbedenklich gewesen, die eine stillschweigende Vertragsverlängerung um bis zu einem Jahr bei Zubilligung einer Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten vor Ablauf der ursprünglichen und der verlängerten Vertragsdauer vorsieht.

Nun gilt, dass eine stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses nur wirksam vereinbart werden kann, wenn die Verlängerung auf unbestimmte Zeit gerichtet ist und der Verbraucher das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat kündigen darf. Auch die zulässige Höchstfrist für die Kündigung vor Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit beträgt nur noch einen Monat.

Diese für Verbraucher günstigeren gesetzlichen Bestimmungen finden allerdings nur auf Verträge Anwendung, die ab dem 1. März 2022 abgeschlossen wurden und werden. Für ältere Verträge verbleibt es bei dem früheren Recht.  Bei Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen (Telefon, Handy, Internet) gilt dies allerdings auch für ältere Verträge (siehe dazu den nächsten Absatz).

Was gilt für Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen (Telefon, Handy, Internet)?

Für diese Verträge gilt bereits seit 1.12.2021, dass nach Ablauf der Mindestlaufzeit, die maximal 24 Monate betragen darf, jederzeit mit einmonatiger Frist gekündigt werden kann (§ 56 des Telekommunikationsgesetzes; dazu Informationen der Bundesnetzagentur). Anders als bei anderen Dauerschuldverhältnissen (Abos, Energielieferungsverträge, Fitnessstudio, Partnerbörse etc.), bei denen diese Regelung erst für ab dem 1.03.2022 neu abgeschlossene Verträge gilt (s. oben), können also Telekommunikationsverträge seit 1.12.2022 auch dann mit einmonatiger Kündigungsfrist gekündigte werden, wenn es sich um Altverträge handelt, die schon viel früher (und bei noch anderer Rechtslage) abgeschlossen wurden.

Auf welche Weise kann man Dauerschuldverhältnisse kündigen, die online abgeschlossen werden?

Verträge über wiederkehrende Leistungen können über das Internet häufig auf sehr einfache Weise, nämlich durch einen "Klick", abgeschlossen werden. Für die Form der Kündigung hingegen sehen die Vertragsbedingungen der Anbieter häufig höhere Anforderungen an die Form der Erklärung vor, die von Gesetzes wegen nicht erforderlich sind und dem Verbraucher die Lösung von dem Vertragsverhältnis erschweren. So zwingen manche Vertragsklauseln den Verbraucher dazu, das Vertragsverhältnis schriftlich, also durch unterschriebenen Brief, zu kündigen.

Das Gesetz über faire Verbraucherverträge erleichtert u.a. Kündigungen. Bildrechte: colourbox.com

Künftig muss dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet werden, ein über die Webseite des Unternehmers begründetes dauerhaftes Vertragsverhältnis auch über diese Webseite zu kündigen. Dort muss der Unternehmer dem Verbraucher eine Kündigungsschaltfläche zur Verfügung stellen, die gut lesbar ist und mit nichts anderem als den Wörtern "Verträge hier kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein darf.

Durch Anklicken dieser Schaltfläche wird der Verbraucher zu einer Bestätigungsseite geführt, auf der er die Angaben zur Kündigung (Vertragsnummer, Kündigungszeitpunkt etc.) machen kann. Diese Seite muss wiederum eine Bestätigungsschaltfläche enthalten, über die der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "jetzt kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Diese gesetzliche Neuregelung gilt ab dem 1. Juli 2022, und zwar auch für Verträge, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind.

Was kann ein Verbraucher tun, wenn ihm der Unternehmer die vorgeschriebenen Schaltflächen zur Kündigung und deren Bestätigung auf seiner Webseite nicht zur Verfügung stellt?

In diesem Fall kann der Verbraucher den Vertrag, für dessen Kündigung die Schaltflächen und die Bestätigungsseite zur Verfügung zu stellen sind, jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Sind Verträge, die aufgrund eines unbestellten Werbeanrufes am Telefon geschlossen wurden, wirksam?

Bei den allermeisten Vertragsarten bedarf es zum wirksamen Vertragsschluss nicht der Beachtung einer bestimmten Form; entsprechende Verträge können also auch mündlich, in elektronischer Textform oder eben telefonisch geschlossen werden. Ob dem Vertragsschluss ein erlaubter oder ein unerlaubter Werbeanruf des Unternehmers voraus ging, ist für die Wirksamkeit des Vertrages ohne Belang. Bei einem über das Telefon zustande gekommenen Vertrag zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher handelt es sich aber um einen so genannten Fernabsatzvertrag.

Das neue Gesetz schützt Verbraucher vor langen Kündigungsfristen. Bildrechte: imago images / INSADCO

Deswegen kann die fernmündlich abgegebene Vertragserklärung des Kunden frei widerrufen werden. Die Widerrufsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt nicht, bevor der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, der auch per E-Mail oder Telefax erklärt werden kann. Unterbleibt eine ordnungsgemäße Belehrung ganz, erlischt das Widerrufsrecht nach zwölf Monaten und 14 Tagen.

Können auch Verträge über die Lieferung von Strom oder Gas wirksam über das Telefon abgeschlossen werden?

Seit dem 27. Juli 2021 gilt aufgrund einer Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes, dass ein Vertrag mit einem Haushaltskunden über die Lieferung von Strom oder Gas nicht mehr telefonisch (oder mündlich) abgeschlossen werden kann. Vielmehr ist dafür nun die so genannte Textform vorgeschrieben, so dass eine lesbare Vertragserklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden muss. Erforderlich ist demnach also ein Vertragsabschluss per Brief, Fax, E-Mail, SMS etc. Auch bei Nutzung eines solchen Telekommunikationsmittels hat der Verbraucher freilich ein Widerrufsrecht.

Möglich bleibt weiterhin der Abschluss eines Energielieferungsvertrages mit dem Träger der Grundversorgung durch schlüssiges Verhalten, also etwa durch Entnahme von Strom oder Gas durch den neuen Eigentümer oder Mieter einer Wohnung, ohne dass zuvor ein Energielieferungsvertrag mit einem Versorgungsunternehmen ausdrücklich abgeschlossen wurde.   

Was kann man tun, wenn man zu Hause mit unerwünschter Telefonwerbung belästigt wird?

Telefonische Werbung ohne vorheriges Einverständnis des angerufenen Verbrauchers ist verboten, und zwar unabhängig davon, ob ein geschäftlicher Kontakt mit diesem bereits besteht oder durch den Anruf erst begründet werden soll. Leider setzen sich Unternehmen immer wieder über dieses Verbot hinweg, so dass sich unerwünschte Telefonwerbung zu einem lästigen Problem für Verbraucher entwickelt hat. Wer Opfer eines solchen Werbeanrufes wird, kann natürlich einfach das Gespräch abbrechen.

Um weiteren Anrufen vorzubeugen, empfiehlt es sich aber, den Namen des Anrufers und das Unternehmen, für das er tätig wird, zu erfragen und zu notieren; diese Informationen sowie Tag und Uhrzeit des Anrufes einschließlich der übermittelten Rufnummer, deren Anzeige der Anrufer nicht unterdrücken darf, können der örtlichen Verbraucherzentrale oder der Wettbewerbszentrale gemeldet werden.

Beide Institutionen haben die Möglichkeit, im Wege einer Verbandsklage die wettbewerbswidrig und verbraucherfeindlich agierenden Unternehmen gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und – für den Wiederholungsfall – die Zahlung von Ordnungsgeld zu erwirken. Daneben steht als Ansprechpartner die Bundesnetzagentur zur Verfügung, die bei Rufnummernmissbrauch eine Abmahnung erteilen, die Rufnummer abschalten und entziehen, Rechnungslegung und Inkasso untersagen oder ein Bußgeldverfahren einleiten kann.

Wird derjenige, der mittels unerlaubter Telefonanrufe Werbung betreibt, bestraft?

Der unerlaubte Werbeanruf bei einem Verbraucher stellt zwar keine Straftat, wohl aber eine Ordnungswidrigkeit dar. Dem Werbenden droht hierfür eine Geldbuße bis 300.000 Euro.

Welche Verbesserungen bringt insoweit das Gesetz für faire Verbraucherverträge?

Damit die Bundesnetzagentur unerlaubte Telefonwerbung aussichtsreicher verfolgen kann, müssen Unternehmen, die telefonisch werben, seit dem 1.Oktober 2021 die Einwilligung von Verbrauchern in Telefonwerbung dokumentieren und aufbewahren. Wer diese Pflicht verletzt, hat mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro zu rechnen.

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 19. Mai 2022 | 17:00 Uhr