Social Media, Downloads, UrheberrechtDiese Rechte und Pflichten im Internet sollten Sie kennen
94 Prozent aller Deutschen nutzen das Internet, viele wissen jedoch nicht, was erlaubt ist und was nicht. Muss ich mich bei Sozialen Netzwerken mit meinem richtigen Namen anmelden? Darf ich eine Kopie von einem von mir gekauften Film einem Freund geben? Und wie sollte ich mich verhalten, wenn eine Abmahnung ins Haus flattert? Rechtsexperte Gilbert Häfner klärt auf.
Inhalt des Artikels:
- Muss ich in sozialen Netzwerken als Profilnamen meinen richtigen Namen angeben?
- Darf ein soziales Netzwerk Nutzerkonten sperren oder Beiträge löschen?
- Wie kann ich mich gegen Hassrede im Netz wehren?
- Ist "Sexting" strafbar?
- Dürfen sich Demo-Teilnehmer löschen oder verpixeln lassen?
- Ist das Herunterladen von Musik oder Filmen strafbar?
- Haften Eltern für ihre Kinder, wenn diese verbotenerweise Filme oder Musiktitel aus dem Internet herunterladen?
- Wie verhalte ich mich bei einer Abmahnung bei Verstoß gegen das Urheberrecht?
Muss ich in sozialen Netzwerken als Profilnamen meinen richtigen Namen angeben?
Die Nutzungsbedingungen einiger sozialer Netzwerke sehen für den Profilnamen eine Klarnamenpflicht vor. Für Nutzungsverhältnisse, die vor dem 25. Mai 2018 begründet wurden, hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst (Urteile vom 27.01.2022, Az. III ZR 3/21 und 4/21) entschieden, dass entsprechende Klauseln unwirksam sind, weil ihnen eine – zwischenzeitlich außer Kraft getretene – gesetzliche Regelung entgegenstand, wonach Diensteanbieter die Nutzung der Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hatten.
Seit dem vorgenannten Datum gilt allerdings die Datenschutz-Grundverordnung der EU, die eine entsprechende Bestimmung nicht enthält. Es ist daher fraglich, ob auch Nutzer, die sich erst am 25. Mai 2018 oder später bei einem sozialen Netzwerk mit Klarnamenpflicht angemeldet haben, auf ein Pseudonym als Profilnamen bestehen dürfen.
Wo liegt die Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung im Internet und Straftat?
Die Meinungsfreiheit ist im demokratischen Rechtsstaat ein hohes Gut und grundgesetzlich geschützt. Wie andere Grundrechte auch unterliegt aber die Meinungsfreiheit – und ebenso die Kunstfreiheit – Schranken, insbesondere wenn ihre Inanspruchnahme Grundrechte anderer Personen berührt.
Für Meinungsäußerungen im Internet gelten grundsätzlich keine Besonderheiten: Beleidigungen und Verleumdungen anderer Personen sind strafbar. Das Gleiche gilt für volksverhetzende Inhalte oder Aufrufe zu Straftaten etc.
Gilbert Häfner | Jurist
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nimmt eine Äußerung den Charakter einer Schmähung aber erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, auch jenseits polemischer und überspitzter Kritik. Insoweit liegt eine Schmähung bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor; sie ist eher auf die Privatfehde beschränkt.
Dass freilich auch anhand dieser verfassungsgerichtlichen Kriterien die Abgrenzung zwischen erlaubter, auch zugespitzter Kritik oder Satire einerseits und verbotener Schmähung und Beleidigung andererseits im Einzelfall schwierig sein kann, zeigt das berühmt gewordene Gedicht "Schmähkritik", das der Fernsehmoderator Jan Böhmermann öffentlich auf den türkischen Staatspräsidenten gehalten hat.
So hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in zweiter Instanz ein landgerichtliches Urteil bestätigt, in dem Böhmermann unter Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft verboten worden ist, bestimmte Passagen dieses Gedichts zu wiederholen. Dabei hat das OLG es auch nicht als Rechtfertigung gelten lassen, dass der Fernsehmoderator dem Gedicht die Ankündigung vorangestellt hatte, nun werde es lediglich ein Beispiel für solche Arten von Äußerungen gegeben, die, weil Schmähkritik, rechtlich nicht zulässig seien.
Das OLG hat allerdings nicht das gesamte Gedicht verboten, sondern einige der Verse als erlaubte Meinungsäußerung angesehen, so etwa: "Sackdoof, feige und verklemmt, ist E., der Präsident." Diese Einschätzung hat das OLG damit begründet, dass zwar die äußere Form dieser Äußerung für den damit angesprochenen Amtsträger herabsetzend sei. Der Fernsehmoderator bringe damit jedoch zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht der Angesprochene nicht entspannt und souverän mit Kritik umgehe.
Hintergrund war der erkennbare Bezug zu einem von Böhmermann einleitend erwähnten tatsächlichen Ereignis, nämlich der nach diplomatischen Maßstäben bemerkenswerten Reaktion dieses Amtsträgers auf die von einem anderen deutschen Fernsehmagazin geübte Kritik an dessen Politik.
Soweit hingegen das OLG Hamburg gegen Teile des Gedichts wegen beleidigender Inhalte (z. B. "am liebsten mag er Ziegen ficken") durch eine Unterlassungsanordnung eingeschritten ist, hat der "gescholtene" Fernsehmoderator zuletzt das Bundesverfassungsgericht angerufen. Dieses hat nun (Beschluss vom 26.01.2022, Az. 1 BvR 2026/19) die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen – mit der knappen Begründung, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe.
Darf ein soziales Netzwerk Nutzerkonten sperren oder Beiträge löschen?
Die Nutzungsbedingungen sozialer Netzwerke sehen zuweilen Kommunikationsstandards für den Inhalt von Beträgen vor, so etwa ein Verbot von "Hassreden". Dagegen ist als solches nichts einzuwenden, zumal die Betreiber der Netzwerke von Gesetzes wegen verpflichtet sind, aufgrund der Beschwerde eines anderen Nutzers einzuschreiten, wenn der von ihm beanstandete Inhalt eines Beitrags offensichtlich strafbar ist.
Auch unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit von Inhalten darf ein Betreiber sich aufgrund seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit das Recht vorbehalten, bei einem Verstoß gegen die Kommunikationsstandards Beiträge zu entfernen und das betreffende Nutzerkonto zu sperren.
Für einen interessengerechten Ausgleich zwischen jenem Grundrecht des Betreibers und der ebenfalls von Verfassung wegen geschützten Meinungsäußerungsfreiheit der Nutzer ist es jedoch erforderlich, dass der Betreiber sich in seinen Nutzungsbedingungen auch verpflichtet, den betreffenden Nutzer über die Entfernung eines Beitrags zumindest nachträglich und über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos vorab zu informieren, ihm den Grund dafür mitzuteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen, an die sich eine Neubescheidung anschließt. Fehlt es an einer solchen Regelung, darf ein Beitrag, der die Schwelle zum strafbaren Inhalt nicht überschreitet, nicht ohne Weiteres gelöscht oder deswegen das Nutzerkonto gesperrt werden.
Wie kann ich mich gegen Hassrede im Netz wehren?
Nach den Bestimmungen des am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) müssen Plattformbetreiber ein wirksames Beschwerdemanagement vorhalten. Insoweit trifft sie die Pflicht, den Nutzern der jeweiligen Plattform ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares, leicht bedienbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte, so etwa ehrverletzende Äußerungen, anzubieten sowie entsprechend Beschwerden unverzüglich zu prüfen.
Ist ein von einem Nutzer beanstandeter Inhalt offensichtlich rechtswidrig, hat der Plattformbetreiber ihn grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren. In nicht offensichtlichen Fällen der Rechtswidrigkeit beträgt die Frist zur Löschung oder Sperrung des Inhalts in der Regel sieben Tage. Seine Entscheidung über die Beschwerde muss der Plattformbetreiber dem Beschwerde führenden Nutzer - und dem Nutzer, der den beanstandeten Inhalt eingestellt hat - bekanntgeben und begründen.
Des Weiteren kann ein von "Hassreden" Betroffener Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten. Diese muss dann prüfen, ob die beanstandete ehrverletzende Äußerung an sich rechtswidrig ist. Gegebenenfalls leitet sie ein Ermittlungsverfahren ein. Ist dem Betroffenen der Verfasser der "Hassrede" nicht bekannt, richtet sich die Anzeige gegen unbekannt. Die Staatsanwaltschaft muss dann auch aufklären, von wem die inkriminierte Äußerung stammt. Hält die Staatsanwaltschaft im Ergebnis ihrer Ermittlung eine Straftat für erwiesen, erhebt sie Anklage oder beantragt sie den Erlass eines Strafbefehls. In beiden Fällen entscheidet dann ein Gericht über die Bestrafung des Täters. Der Betroffene muss damit rechnen, dass er vor Gericht als Zeuge aussagen muss.
Schließlich kann der Betroffene, wenn er den Verfasser der "Hassrede" kennt, diesen im Rahmen eines Zivilprozesses auf Unterlassung und/oder Schadensersatz (Schmerzensgeld) verklagen. Das sollte er aber nur dann tun, wenn sicher ist, dass die beanstandete Äußerung rechtswidrig ist, und er beweisen kann, dass diese Äußerung tatsächlich von dem Beklagten stammt.
Ist "Sexting" strafbar?
Immer öfter verbreiten Jugendliche Bilder und Videos von eigenen sexuellen Handlungen oder solcher Handlungen anderer Jugendlicher über soziale Netzwerke und Nachrichten-Apps ("Sexting"). Ist das strafbar? Mit Freiheitsstrafe von einem von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch – StGB). Dabei ist Gegenstand von Kinderpornographie eine Person unter 14 Jahren; bereits die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes genügt insoweit.
Auch das Verbreiten oder öffentliche Zugänglichmachen eines jugendpornographischen Inhalts ist mit Strafe bedroht, und zwar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe (§ 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Gegenstand von Jugendpornographie ist eine Person, die vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist. Demnach macht sich ein Jugendlicher auch dann strafbar, wenn er Bilder oder Videos von ausschließlich eigenen sexuellen Handlungen ins Internet einstellt oder seinen Freunden übermittelt.
Dürfen sich Demo-Teilnehmer löschen oder verpixeln lassen?
Im Internet sind Filme und Bilder von Demonstrationen zu sehen, auf denen die Gesichter der Teilnehmer zu erkennen sind. Kann ein betroffener Demonstrationsteilnehmer verlangen, dass die ihn zeigende Aufnahme gelöscht oder zumindest sein Gesicht "verpixelt" wird? Grundsätzlich dürfen Foto- oder Filmaufnahmen einer Person nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden. Das Einwilligungserfordernis gilt jedoch (unter anderem) nicht für Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (§ 23 KunstUrhG).
Grund für diese Ausnahme ist, dass anderenfalls über solche Ereignisse, die meist von öffentlichem Interesse sind, faktisch nicht mehr berichtet werden könnte, da sonst die Einwilligung von unzähligen Personen eingeholt werden müsste, die dem Fotografen oder Kameramann unbekannt sind. Im Übrigen ist das Interesse der Teilnehmer an Versammlungen etc. am Schutz ihrer Privatsphäre schon deshalb als geringwertiger einzustufen, weil sie sich bewusst dafür entschieden haben, an einer für jedermann ohne Weiteres zugänglichen Veranstaltung teilzunehmen.
Ist das Herunterladen von Musik oder Filmen strafbar?
Durch das Einstellen von Filmen und Musiktiteln ins Internet wird die Kopie öffentlich, also einer unbegrenzten Zahl von Personen zugänglich gemacht, was nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) nur mit dem Einverständnis des Rechteinhabers erlaubt ist. Liegt dieses nicht vor, ist auch das Herunterladen bzw. der Download solcher Werke zu privaten Zwecken verboten, wenn die Vorlage "offensichtlich rechtswidrig" angeboten wird.
Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit kann grundsätzlich ausgegangen werden, wenn der Film gerade erst oder noch nicht einmal in die Kinos gekommen oder der Musiktitel in den aktuellen Charts platziert ist. Unter den gleichen Voraussetzungen wie das Herunterladen fällt auch das sogenannte Streaming, also die bloße Übertragung eines Datenstroms mit lediglich kurzzeitiger Zwischenspeicherung im Cache der Festplatte, unter das Vervielfältigungsverbot des Urheberrechtsgesetzes.
Haften Eltern für ihre Kinder, wenn diese verbotenerweise Filme oder Musiktitel aus dem Internet herunterladen?
Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 15.11.2012 (Az. I ZR 74/12) entschieden hat, sind Eltern nicht gehalten, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder ihm den Zugang zum Internet nur mit Einschränkungen zu gewähren. Eltern genügen vielmehr ihrer Aufsichtspflicht, wenn sie das Kind darüber belehren, dass es Filme, Musik oder andere Inhalte, die im Internet illegal angeboten werden, nicht herunterladen darf. Genügen sie diesen Anforderungen, haften sie nicht für eine durch ihr Kind mittels Download begangene Urheberrechtsverletzung.
Im entschiedenen Fall hatte ein 13-jähriger Jugendlicher in einem Zeitraum von sieben Monaten mehr als 1.000 Musikdateien illegal heruntergeladen und sogar zugleich wieder im Internet angeboten. Der Vater hatte sich damit verteidigt, den Sohn belehrt und monatlich den Computer kontrolliert zu haben, ohne dass ihm die Tauschbörse aufgefallen sei. Dies hat der BGH für ausreichend gehalten.
Wie verhalte ich mich bei einer Abmahnung bei Verstoß gegen das Urheberrecht?
Auch, wenn der Nutzer sich keiner Schuld bewusst ist, sollte er die Abmahnung nicht ignorieren, sondern zunächst, unter Beachtung der ihm in der Abmahnung gesetzten Frist, den Rat eines Anwalts oder der örtlichen Verbraucherzentrale einholen. In manchen Fällen ist zwar die Abgabe einer Unterlassungserklärung geboten, jedoch mit einem anderen Inhalt als die in der Abmahnung geforderte. Auch der mit der Abmahnung geforderte Schadensersatz sowie die geltend gemachten Anwaltskosten sind nicht selten deutlich überhöht.
Unser Experte
Quelle: MDR um 4
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 19. Oktober 2023 | 17:00 Uhr