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NotfallKrank im Urlaub: Welche Rechte habe ich?

05. Mai 2022, 11:26 Uhr

Auch in der schönsten Zeit des Jahres ist man nicht vor Unfällen und Katastrophen gefeit. Doch welche Rechte hat man als Patient im Ausland? Wer deckt die Kosten für den Besuch von Angehörigen ab? Wer kommt für den Rücktransport nach Deutschland auf? Was passiert, wenn man vergessen hat, vorab eine Auslandsversicherung abzuschließen? Rechtsexperte Gilbert Häfner klärt auf.

Trägt die gesetzliche Krankenversicherung auch Behandlungskosten, die aufgrund einer Erkrankung während eines Auslandsurlaubs entstehen?

Gesetzlich Versicherte können ihre Krankenkasse auch wegen einer notwendigen medizinischen Behandlung in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Großbritannien sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz in Anspruch nehmen. Mit weiteren Staaten, darunter die Türkei, bestehen Sozialversicherungsabkommen, die den Krankenversicherungsschutz einschließen.
Für diese Länder können sie sich bei ihrer Krankenkasse vor der Reise einen Auslandskrankenschein besorgen. 
Eine Übersicht zum Versicherungsschutz im Ausland finden Sie auch auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

Muss der gesetzlich Versicherte die im Auslandsurlaub entstehenden Behandlungskosten vorschießen und seine entsprechenden Auslagen im Nachhinein bei der Krankenkasse abrechnen?

Jedenfalls in einem medizinischen Notfall muss der deutsche Patient in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und einigen anderen Ländern mit der Bezahlung der Leistung nicht in Vorleistung treten. Insoweit hat der Patient vor Ort in der Arztpraxis oder dem Krankenhaus die Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK).

(EHIC) vorzulegen, die sich üblicherweise auf der Rückseite der nationalen Versichertenkarte befindet, anderenfalls bei der Krankenkasse kostenlos als Zusatzkarte angefordert werden kann.
Soweit in dem Land, in dem die Behandlung stattfindet, Zuzahlungen für einzelne Leistungen erhoben werden, fallen diese auch dem deutschen Patienten zur Last; sie sind auch nicht erstattungsfähig. Namentlich bei Krankenhausbehandlungen können derartige Zuzahlungen größere Beträge ausmachen. Deshalb empfiehlt es sich, bereits vor der Reise bei der Krankenkasse die konkreten Leistungsbedingungen im jeweiligen Urlaubsland zu erfragen und die Risiken erforderlichenfalls durch eine private Auslandsreisekrankenversicherung abzudecken. Merkblätter zu den Besonderheiten einzelner Urlaubsländer finden sich im Internetauftritt der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland - DVKA.

Wer sollte eine zusätzliche private Auslandsreise-Krankenversicherung abschließen?

Obwohl gesetzlich Krankenversicherte (die also bei einer Krankenkasse versichert sind) bei Reisen in die meisten europäischen und einzelne weitere Länder Versicherungsschutz haben (siehe dazu im Einzelnen oben) ist Ihnen dringend auch bei Reisen in diese Länder und erst recht in außereuropäische Länder der Abschluss einer zusätzlichen privaten Auslandsreise-Krankenversicherung zu empfehlen. Die Krankenkasse deckt nämlich auch in den Geltungsländern oft nicht alle Kosten ab und außerhalb Europas zahlt sie in der Regel gar nicht. Ohne eine private Auslandsreise-Krankenversicherung können erhebliche Kosten auf einen zukommen. Das gilt insbesondere auch für einen eventuellen Kranken-Rücktransport.
Bei privat Krankenversicherten hängt es von dem jeweiligen Tarif ab, ob noch eine zusätzliche Auslandsreise-Krankenversicherung notwendig oder deren Leistungen schon in dem Tarif enthalten sind. Hier muss man sich kundig machen.

Ist der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung für die Auslandsreise zu empfehlen?

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Ganz unabhängig vom Reisen ist eine private Haftpflichtversicherung sinnvoll. Denn schon durch kleine Unachtsamkeiten, wie sie sowohl im Alltag als auch im Urlaub vorkommen, können erhebliche Schäden bei anderen hervorgerufen werden. Wer etwa auf der Skipiste unter Verletzung einer der vom Internationalen Skiverband aufgestellten FIS-Regeln einen Zusammenstoß mit einem anderen Skifahrer verursacht und diesen verletzt, haftet nicht nur für die Kosten seiner medizinischen Behandlung. Führt der Skiunfall bei diesem beispielsweise auch zu einer Arbeitsunfähigkeit, so hat ihm der Unfallverursacher das entgangene Arbeitsentgelt zu ersetzen; die gesetzlichen Ansprüche des verletzten Skifahrers auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf Krankengeld entlasten den Schädiger nicht. Bei bleibenden Gesundheitsschäden können gar Forderungen in immenser Höhe auf den Unfallverursacher zukommen. Hiervor schützt ihn eine private Haftpflichtversicherung.

Was ist der Unterschied zwischen einer Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung?

Tritt der Reisende vor Beginn der Reise vom Vertrag zurück (Stornierung der Reise), hat der Reiseveranstalter gegen ihn einen Entschädigungsanspruch, der in den Vertragsbedingungen zumeist gestaffelt nach der Zeitspanne zwischen Rücktritt und Reisebeginn in Prozentsätzen vom Reisepreis pauschaliert ist (sog. Stornopauschale). Bei bestimmten Rücktrittsgründen (etwa schwere Krankheit, Unfall oder Tod des Reisenden oder eines nahen Angehörigen) kommt dafür ganz oder teilweise die Reiserücktrittversicherung auf, sofern der Reisende eine solche vorher abgeschlossen hat.
Bricht demgegenüber der Reisende die bereits angetretene Reise vorzeitig ab, kann der Veranstalter grundsätzlich den gesamten Reisepreis verlangen. Gegen dieses Risiko muss sich der Reisende gegebenenfalls gesondert versichern, nämlich durch eine Reiseabbruchversicherung. Maßgeblich für die Abgrenzung der Leistungsansprüche aus den zwei genannten Versicherungen ist der Zeitpunkt, in dem die Reise angetreten wird. Das ist, sobald der Reisende eine der vereinbarten Reiseleistungen – das wird in der Regel die Beförderung sein – wenigstens teilweise in Anspruch nimmt. Für den Fall einer Flugreise etwa ist auf das Check-in am Flughafenschalter, beim Online-Check-in allerdings erst auf das Boarding abzustellen. Mit diesen Handlungen des Reisenden endet der Schutz aus der Reiserücktrittversicherung (und beginnt gegebenenfalls derjenige aus der Reiseabbruchversicherung). Viele Versicherungsunternehmen bieten freilich eine Kombination aus beiden Versicherungsarten an.

Worauf muss man beim Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung achten?

Bei der Auswahl einer Reiserücktrittsversicherung sollte der Reisekunde sein Augenmerk nicht nur auf den günstigsten Preis richten. Mindestens ebenso wichtig ist, welche Rücktrittsgründe die Versicherung abdeckt. Neben den grundsätzlich enthaltenen Risiken, wie eine die Reiseunfähigkeit begründende Krankheit, leisten manche Versicherer auch, wenn der im Zeitpunkt der Reisebuchung arbeitslose Reisekunde vor Reisebeginn einen neuen Arbeitsplatz findet oder wenn eine Verspätung öffentlicher Verkehrsmittel dazu führt, dass der Reisende seinen Abflug verpasst. Von Bedeutung ist ferner, ob die Versicherungsbedingungen einen Selbstbehalt des versicherten Reisekunden vorsehen. Manche Versicherungsunternehmen befreien sich insoweit zu Lasten ihres Vertragspartners von bis zu 20 Prozent der Stornokosten. Schließlich sollte der Reisekunde prüfen, ob er überhaupt eine Reiserücktrittsversicherung benötigt. Der Abschluss einer solchen empfiehlt sich am ehesten dann, wenn jüngere Kinder mitreisen oder es sich um eine vergleichsweise teure Reise handelt. 

Gehen dem Arbeitnehmer Urlaubstage verloren, wenn er während des Urlaubs erkrankt?

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Der im Urlaub befindliche Arbeitnehmer ist deshalb gehalten, bereits am ersten Tag einer Erkrankung den Arzt aufzusuchen.

Darf der Chef den Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückbeordern, wenn dessen Vertreter am Arbeitsplatz erkrankt?

Genehmigter Urlaub darf grundsätzlich nicht widerrufen werden. Ein Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Urlaub ist nur zulässig, wenn zeitlich unaufschiebbare Aufgaben anfallen, die nur durch im Urlaub befindlichen Arbeitnehmer persönlich erledigt werden können. Der Arbeitgeber muss sich also selbst bei dringlichen Arbeiten vorrangig um anderweitigen personellen Ersatz bemühen. Regelungen, die hiervon zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichen, können auch im Arbeitsvertrag nicht wirksam vereinbart werden, soweit es sich um den gesetzlichen Mindesturlaub – 20 Tage bei einer 5-Tage-Arbeitswoche – handelt. Lediglich in Bezug auf Urlaubstage, die über diesen Mindestanspruch hinausgehen, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit eines Rückrufs aus dem Urlaub auch unter geringeren Anforderungen vereinbaren.     

Welches nationale Schadensersatzrecht gilt, wenn ein Deutscher und ein Niederländer mit ihren Autos auf einer Straße in Italien zusammenstoßen?

Es findet nach den Regelungen der Europäischen Union in deren Mitgliedstaaten grundsätzlich das Schadensersatzrecht desjenigen Staates Anwendung, in dem sich der Unfall ereignet hat. Eine Ausnahme gilt, wenn die Unfallbeteiligten alle aus demselben Mitgliedstaat stammen; dann findet dessen Recht Anwendung. Auch in diesem Fall sind freilich die Verkehrsregeln des Mitgliedstaates maßgeblich, in dem sich der Unfall ereignet hat.

Muss ein deutscher Autofahrer, der im Urlaub auf einer Straße in Frankreich bei einer Geschwindigkeitsübertretung "geblitzt" worden ist, mit einer Verfolgung der Ordnungswidrigkeit in Deutschland rechnen?

Innerhalb der Europäischen Union dürfen deren Mitgliedstaaten bestimmte Verkehrsverstöße, darunter das Führen eines Fahrzeugs unter Einfluss von Alkohol oder Drogen, Geschwindigkeitsüberschreitungen und Rotlichtverstöße, auch grenzüberschreitend verfolgen. In diesem Rahmen ist das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtet, der ausländischen Behörde auf deren Anfrage die Halterdaten zu dem bei einem solchen Verkehrsverstoß beobachteten Kraftfahrzeug zu übermitteln. Die Verhängung einer Sanktion kann nicht dadurch vermieden werden, dass man entsprechende Schreiben ausländischer Behörden einfach ignoriert. Vielmehr gilt es, den jeweiligen Vorwurf aus dem dortigen Anhörungsschreiben oder Bußgeldbescheid mit der gleichen Sorgfalt zu prüfen, wie einen solchen aus dem Inland, und gegebenenfalls die einschlägigen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Geldbußen aus rechtskräftigen Bußgeldbescheiden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden in Deutschland über das Bundesamt für Justiz vollstreckt. Unzulässig ist die Vollstreckung aber, wenn die Geldbuße weniger als 70 Euro beträgt.  

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 23. Juni 2022 | 17:00 Uhr