Arbeitsrecht Darf der Arbeitgeber den Impfstatus von Beschäftigten abfragen?
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Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, ob die Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Beschäftigen abfragen dürfen. Auf der einen Seite gibt es Gründe für den Arbeitgeber, das erfahren zu wollen, auf der anderen Seite ist diese Information ein sensibler persönlicher Bereich, der den Datenschutz berührt. Rechtsexperte Gilbert Häfner gibt Antworten auf diese in der Politik stark debattierte Frage.
Hat der Arbeitgeber ein Recht darauf, den Impfstatus zu erfahren?
Gesundheitsdaten, und damit auch der Impfstatus, zählen nach Artikel 9 der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu den speziell geschützten besonderen Kategorien von personenbezogenen Daten. Die Verarbeitung dieser Daten ist nach Absatz 1 dieser Bestimmung grundsätzlich untersagt. Als Verarbeitung gilt dabei auch eine Erhebung solcher Daten, also auch die Frage nach dem Impfstatus.
Gibt es Ausnahmen?
Absatz 2 des eben genannten Artikels 9 der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) lässt neben der Einwilligung des Betroffenen einige weitere Ausnahmen zu, die meist auf dem Recht eines Mitgliedsstaates beruhen. So ist nach § 26 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) die Verarbeitung zulässig,
wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.
Da der Arbeitgeber zur Erfüllung insbesondere seiner Fürsorgepflichten gegenüber den Beschäftigten (§ 618 Abs. 1 BGB) und den Kunden und nach § 3 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet ist, Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz soweit wie möglich auszuschließen und er die Information über den Impfstatus benötigt, etwa um an Arbeitsplätzen mit erhöhtem Infektionsrisiko nur Geimpfte oder Genesene einzusetzen, dürfte die Datenverarbeitung und damit die Frage nach dem Impfstatus insoweit zulässig sein. Im Streitfall würde hierüber ein Gericht entscheiden, das die Frage der Erforderlichkeit und der Interessenabwägung konkret zu prüfen hätte.
Weitere Ausnahmen gelten etwa, wenn die Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, erforderlich ist.
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder schreibt in ihren "Datenschutzrechtlichen Informationen zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Arbeitgeber und Dienstherren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie":
Auch wenn eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten grundsätzlich nur restriktiv möglich ist, können für verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie oder zum Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern datenschutzkonform Daten erhoben und verwendet werden. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der gesetzlichen Grundlage stets zu beachten.
Eine ausdrückliche Regelung für den Bereich der Gesundheitsberufe enthält § 23a des Infektionsschutzgesetzes: Dort wird beispielsweise Kliniken ausdrücklich erlaubt, den Impfstatus ihrer Beschäftigten abzufragen, wenn es zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten erforderlich ist. In solchen Berufen kommen Beschäftigte mit Personen in engen Kontakt, die sich vor Corona nicht wirksam selbst schützen können.
Beispiel Wenn ein Restaurant nur noch Geimpfte oder Genesene bewirtet (2G-Regel) - was ihm rechtlich frei steht, auch wenn die staatlichen Regelungen keine derartige Einschränkung vorsehen –, so muss der Restaurant-Betreiber auch seine Beschäftigten nach dem Impfstatus fragen dürfen, um den Betrieb entsprechend organisieren zu können.
Ist diesbezüglich eine Gesetzesänderung geplant?
Die derzeit geplante Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung, die noch im September in Kraft treten soll, sieht ein Fragerecht der Arbeitgeber zum Impfstatus nicht vor, verbietet eine dahingehende Frage aber auch nicht. Einen ihm bekannten Impfstatus der Beschäftigten soll der Arbeitgeber jedoch berücksichtigen können. Das sieht der neue § 2 Absatz 1 Satz 4 der Verordnung vor. Eine Aussage zum Fragerecht findet sich also nicht in dem Entwurf. Das hat die Arbeitgeber zur Kritik veranlasst und die öffentliche Diskussion in Gang gebracht.
Seit einer Äußerung von Gesundheitsminister Jens Spahn in einer Fernsehsendung am 31.8.2020, er tendiere zunehmend dazu, eine Regelung zu schaffen, die Arbeitgebern die Frage nach dem Impfstatus an seine Beschäftigten gestatte, gibt es eine lebhafte Diskussion. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht seinen Kabinettskollegen Jens Spahn am Zug, hat sich aber in der Sache selbst nicht festgelegt, sondern will einen eventuellen Vorschlag dann prüfen.
Ob – vor allem vor der Wahl – ein Politiker den Mut hat, noch eine konkrete gesetzliche Regelung vorzuschlagen, scheint mir sehr fraglich. Möglicherweise überlässt man diese Frage auch den Gerichten, was allerdings zu einer langen Phase der rechtlichen Unsicherheit führen würde, die ungünstig wäre. Vermutlich wird die Frage nach der Wahl erneut aufkommen, wobei das Ergebnis offen ist.
Quelle: MDR um 4
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 02. September 2021 | 17:00 Uhr