Arbeitsrecht Wann Vorgesetzte Überstunden anordnen dürfen - und wann nicht
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23. September 2024, 13:57 Uhr
Die Zahl der geleisteten Überstunden in Deutschland geht seit einigen Jahren zurück. Doch 2022 wurde nur weniger als die Hälfte von ihnen auch ausbezahlt. Vorgesetzte brauchen konkrete Gründe, um Mehrarbeit anzuordnen. Pauschale Klauseln, mit denen sich Beschäftigte im Arbeitsvertrag zu Mehrarbeit verpflichten, sind teilweise ungültig. Spätestens dann, wenn Beschäftigte die Arbeitshöchstzeiten überschreiten, können sie sich gegen Überstunden wehren.
Ein wichtiger Auftrag, der unbedingt noch abgearbeitet werden muss. Die Präsentation, die bis morgen fertig sein soll. Oder einfach nur viel zu wenig Kollegen, um die Menge an Arbeit zu bewältigen: Gründe, warum Beschäftigte Mehrarbeit leisten, gibt es viele. Laut einer Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben Arbeitnehmer in Deutschland 2022 im Schnitt 34,4 Überstunden gemacht. Mehr als die Hälfte davon waren demnach unbezahlt. Bei der Zahl der Überstunden gibt es zwar seit einigen Jahren einen rückläufigen Trend: Sie ist zuletzt binnen zehn Jahren um gut 30 Prozent gesunken. Doch für viele Arbeitnehmer gehört regelmäßige Mehrarbeit nach wie vor zum beruflichen Alltag.
Spätestens dann, wenn sich überbordende Arbeitszeiten negativ auf das Privatleben auswirken, sollten sich Beschäftigte über ihre Rechte informieren. Denn niemand ist pauschal zu Überstunden verpflichtet. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Darf mein Chef einfach Überstunden anordnen?
Grundsätzlich dürfen Vorgesetzte nicht einfach Überstunden anordnen. Immerhin ist in den meisten Arbeitsverträgen genau geregelt, wie hoch die wöchentliche Arbeitszeit ist. Doch es gibt Ausnahmen. Manche Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen enthalten Klauseln, die Überstunden in einem bestimmten Umfang erlauben. Auch im Arbeitsvertrag können Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, dass Mehrarbeit möglich ist. Solche Abmachungen sind aber nur gültig, wenn für Arbeitnehmer klar ist, auf wie viele Überstunden sie sich höchstens einstellen müssen.
Unabhängig davon gibt es laut Miruna Xenocrat, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Arbeitnehmerhilfe in Berlin, Ausnahmesituationen. Vorgesetzte können in Notfällen von ihren Mitarbeitern verlangen, länger zu arbeiten. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die halbe Belegschaft mit einer Grippe im Bett liegt. Doch nicht alle "Notfälle" begründen eine Pflicht zur Mehrarbeit. "Anstehende Terminsachen oder kurzfristige Terminaufträge zählen eigentlich nicht dazu", so die Anwältin Xenocrat.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Spätestens dann, wenn Arbeitnehmer die erlaubten Arbeitshöchstzeiten überschreiten, können sie sich gegen Überstunden wehren. Wie die Anwältin Miruna Xenocrat erklärt, dürfen Beschäftigte pro Woche grundsätzlich nicht mehr als 48 Stunden arbeiten. In Ausnahmefällen seien auch bis zu 60 Stunden möglich, "wenn sich die Arbeitszeit nach sechs Monaten wieder normalisiert". Pro Tag sind allerdings nicht mehr als zehn Stunden Arbeit erlaubt - das gibt das Arbeitszeitgesetz vor.
Kann ich mir Überstunden auszahlen lassen?
"Da Überstunden nur die absolute Ausnahme sind, gibt es – außer bei Auszubildenden – keine gesetzliche Regelung", erklärt Miruna Xenocrat. Grundsätzlich können sich Arbeitgeber laut der Anwältin entscheiden, ob sie Überstunden auszahlen oder einen Freizeitausgleich anbieten. Vor allem bei Unternehmen mit Zeiterfassung gibt es oft Klauseln, nach denen Beschäftigte ihre angehäuften Überstunden in einem bestimmten Zeitraum wieder abbauen müssen.
Wenn Arbeitgeber weder Freizeitausgleich noch eine Bezahlung der Überstunden anbieten, sollten Beschäftigte prüfen, ob das rechtens ist. Manche Arbeitsverträge enthalten eine Klausel, dass Überstunden grundsätzlich nicht extra vergütet werden. Solche Vereinbarungen sind aber nicht immer gültig, vor allem wenn der Umfang der Überstunden nicht genau erkennbar ist.
Werden Überstunden ausbezahlt, ist oft in Tarifverträgen geregelt, wie hoch die Vergütung der Plusstunden ist. Zuschläge zum normalen Stundenlohn sind nicht selten.
Da Überstunden nur die absolute Ausnahme sind, gibt es – außer bei Auszubildenden – keine gesetzliche Regelung.
MDR (cbr)
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