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Urteile der WocheKein Fahrverbot wegen neuem Cannabis-Grenzwert

04. Oktober 2024, 16:57 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Kein Fahrverbot wegen neuer Cannabis-Regeln

Oberlandesgericht Oldenburg (2 ORbs 95/24)

Georg Gehrenbach ist mit 1,3 Nanogramm THC je Milliliter Blut im Straßenverkehr erwischt worden. Das ist der Wirkstoff, der durch das Rauchen von Cannabis freigesetzt wird. Zum Zeitpunkt seiner Verurteilung im Februar war der zulässige Grenzwert damit klar überschritten. Drei Monate Fahrverbot lautete damals das Urteil des zuständigen Amtsgerichtes, hinzu kamen 1.000 Euro Geldstrafe. Doch das Verfahren ging in die nächsten Instanzen: Mit einer Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Oldenburg hatte der 40-jährige Mann letztlich Erfolg:

"Seit dem 22. August ist der zulässige Grenzwert von THC im Blut von 1 auf 3,5 ng/ml gestiegen. Dieser höhere Grenzwert gilt auch für Fahrten vor dem Stichtag. Denn im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht ist immer die mildeste Gesetzesfassung anzuwenden. Zwar ist der Autofahrer schon im Februar vom Amtsgericht verurteilt worden. Da die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht aber offen gehalten wurde, muss er nun freigesprochen werden."

Das Urteil ist also nichtig.


Operation zur Brustverkleinerung bei Männern keine Kassenleistung

Landessozialgericht Hessen (Az. L 1 KR 193/22)

Männer haben nicht gerade selten mit einem Phänomen an den Brustdrüsen zu kämpfen: Bei der sogenannten Gynäkomastie schwellen die Drüsen an und können dann erhebliche Schmerzen verursachen. Schlimmer aber noch empfinden viele Betroffene die äußerlichen Veränderungen. Auch Sandro Sanske* beklagt sich bei seinem Arzt über deutlich angeschwollene Brustdrüsen und wünscht sich einen operativen Eingriff. Er habe erhebliche psychische Probleme und sei seiner Ansicht nach sogar "entstellt". Die Richter am Landessozialgericht Hessen überzeugte das jedoch nicht:

"Eine Brustdrüsenschwellung bei Männern stellt ohne entzündliche Veränderungen keine behandlungsbedürftige Krankheit dar und ist deshalb in der Regel keine Kassenleistung. Schmerzen können leicht mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten behandelt werden. Kommt es zu psychischen Problemen, kann unter Umständen aber eine Therapie notwendig werden, die von der Kasse übernommen wird. Ein chirurgischer Eingriff darf in jedem Fall nur das letzte Mittel sein."

Da die körperlichen Auffälligkeiten nicht sonderlich ausgeprägt waren, zahlte die Kasse in diesem Fall nicht.


Falscher Psychotherapeut muss Honorar zurückzahlen

Sozialgericht Berlin (Az. S 143 KR 853/22)

Karl Karmann* ist von einem Strafgericht wegen Urkundenfälschung, Missbrauchs von Titeln und Betruges verurteilt worden. Gegen Geld hatte er sich zuvor gefälschte Diplome, einen Doktortitel und mehrere Abschlüsse verschafft. Mit einer so erschwindelten Zulassung als Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche hatte er Honorare in Höhe von 110.000 Euro eingestrichen. Nun will die Krankenkasse das gezahlte Geld zurück. Der falsche Psychotherapeut jedoch will nicht zahlen. Er habe aufgrund seiner Fortbildungen viel Fachwissen erlangt und den Patienten tatsächlich geholfen. Sie alle seien mit seiner Arbeit hochzufrieden gewesen. Am Sozialgericht Berlin brach das Kartenhaus zusammen:

"Es ist nicht entscheidend, ob der Mann hier tatsächliches Fachwissen hatte oder die Patienten mit seiner Arbeit zufrieden waren. Ihm hätte in jedem Fall klar sein müssen, dass er mit einer Zulassung, die auf gefälschten Dokumente beruht, keine Honorarforderung stellen kann. Wenn es ihm darum gegangen wäre, Menschen zu helfen, hätte er dies jederzeit ehrenamtlich bei einem Sozialverband tun können."

Hier muss das gesamte Honorar zurückgezahlt werden.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. September 2024 | 08:00 Uhr