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Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

UrteilBei Unfall im Kreisverkehr haftet nicht immer der Einfahrende

13. Mai 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Bei Unfall im Kreisverkehr haftet nicht immer der Einfahrende

Amtsgericht Bonn (Az.: 113 C 169/21)

Waldemar Waldenfeld* will mit seinem Auto auf einen zweispurigen Kreisverkehr auffahren. Dort befindet sich auf der inneren linken Spur bereits ein anderes Fahrzeug. Herr Waldenfeld fährt dennoch auf die noch freie rechte Spur auf. In genau diesem Moment aber blinkt das andere Auto und fährt ebenso auf die rechte Spur. Dort kracht es mit dem Wagen von Herrn Waldenfeld zusammen. Wer ist nun für den Unfall verantwortlich?

In zweispurigen Kreisverkehren ist besondere Vorsicht geboten. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Der Unfallgegner macht es sich leicht: Bei solchen Unfällen hafte immer der einfahrende Autofahrer, sagt er. Am Amtsgericht Bonn sah man das anders: "Den entscheidenden Verkehrsverstoß hat hier der im Kreisverkehr befindliche Autofahrer begangen. Er blinkte erst dann, als er den Spurwechsel auf die rechte Spur vornahm. Für den Einfahrenden war nicht erkennbar, dass der Fahrer im Kreisverkehr überhaupt die Spur wechseln würde. Somit hat auch keine Vorfahrtverletzung des Einfahrenden vorgelegen."

Der andere Autofahrer muss also für den gesamten Schaden haften.


Bei einer "Fahrt ins Blaue" sind Programmpunkte nicht beliebig austauschbar

BGH (Az.: X ZR 18/22)

Familie Palmenwind* hat diesmal bei einem Reiseveranstalter eine "Fahrt ins Blaue" gebucht. Ja, das gibt es tatsächlich. Die Reisefreudigen lassen in diesem Fall der Agentur bei der Reisegestaltung freie Hand. Gezahlt werden muss natürlich trotzdem: Stolze 2.138 Euro kostet hier der dreitägige Ausflug nach Hamburg mit zwei Hotelübernachtungen.

Was man dort im Einzelnen erleben kann, erfährt das Ehepaar allerdings erst vor Ort: Diesmal dabei ist die obligatorische Hafenrundfahrt, die Führung durch ein Kunstmuseum und als Höhepunkt ein Musicalbesuch. Der allerdings muss kurzfristig abgesagt werden: Wegen zahlreicher Coronafälle bei der Besetzung fällt das Stück leider aus. Stattdessen ist kurzfristig eine dreistündige Stadtrundfahrt organisiert worden. Das aber sei nicht gleichwertig, argumentieren die Palmenwinds.

Und sie bekommen Recht, letztlich auch von den Richtern am Bundesgerichtshof: "Der Veranstalter kann bei einer "Fahrt ins Blaue" zwar selbst festlegen, welche Leistungen er anbietet. Durch Aushändigung des Reiseprogramms war der Leistungsinhalt aber unwiderruflich konkretisiert worden. Nichts wies darauf hin, dass das Programm nur vorläufigen Charakter hatte und einzelne Punkte noch austauschbar waren. Der Wegfall des Musical-Besuchs muss deshalb als Reisemangel gewertet werden."

Vom gezahlten Reisepreis erhalten die Kläger 320 Euro zurück.


Kein Schadenersatz bei Sturz über geparkten E-Scooter

Landgericht Bremen  (Az.: 6 O 697/21)

Mietbare E-Scooter – also Elektro-Roller – können in vielen Großstädten frei abgestellt werden. Immer wieder kommt es dabei für Fußgänger zu ärgerlichen Situationen, wenn beispielsweise ein Gehweg blockiert wird. Vor allem für Blinde kann dies unter Umständen gefährlich werden. Bernhard Bernicke* bewegt sich zwar mit einem Langstock fort, fällt aber dennoch über einen an einer Hauswand quer geparkten Roller. Er muss mit einem Oberschenkelhalsbruch ins Krankenhaus gebracht werden. Vom E-Scooter-Verleiher verlangt er nun ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro.

Am Landgericht Bremen wies man die Klage ab: "Maßgeblich für die Prüfung war nicht das allgemein bekannte Gefahrenpotential von E-Scootern. Hier ging es um die konkrete Aufstellweise des Fahrzeugs quer zur Hauswand. Daran war nichts auszusetzen, die Verkehrssicherungspflicht wurde nicht verletzt. Auch blinde Personen müssen immer mit Hindernissen rechnen, wie Fahrrädern, Baugerüsten oder eben E-Scootern."

Es kommt also auf den Einzelfall an – hier erhält der Geschädigte kein Schmerzensgeld.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Mai 2023 | 06:00 Uhr