Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Sozialhilfe muss nicht für unsachgemäße Schäden zahlen

03. Dezember 2022, 11:13 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Sozialhilfeempfänger zerstört Zimmerdecke: Träger muss nicht für Reparatur zahlen

Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 7 SO 1522/22)

Vincent Vinzke* erhält seit Jahren Sozialhilfe – seine Miete muss er nicht selbst zahlen. In seiner Wohnung hat er allerdings Ärger mit seinen Obermietern. Weil diese regelmäßig Lärm machen, hält er es für nötig, mit einem Besenstiel regelmäßig gegen die Zimmerdecke zu klopfen. Die lautstarken Äußerungen der Nachbarn von oben lassen sich so häufig stoppen. Allerdings entstehen dadurch mit der Zeit 14 Löcher in der Zimmerdecke. Beim Auszug soll Herr Vinzke dafür nun knapp 1.500 Euro zahlen. Der fordert das Geld aber vom Sozialhilfeträger ein. Sein Vermieter hat ihm auch ausdrücklich zu diesem Schritt geraten. Doch der Träger lehnt ab.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied letztlich so: "Der Sozialhilfeträger muss die Kosten bei einer ordnungsgemäßen Wohnnutzung übernehmen, so zum Beispiel für notwendige Schönheitsreparaturen, Einzugs- oder Auszugsrenovierungen. Anders verhält es sich, wenn Schäden durch unsachgemäßen Umgang mit der Mietsache entstanden sind. In diesem Fall liegt die Durchsetzbarkeit der Schadenersatzansprüche im Risikobereich des Vermieters." Eine Revision zum Bundessozialgericht wurde nicht zugelassen.


Kurzurlaub mit dem Kombi ist für Porsche-Fahrerin zumutbar

Bundesgerichtshof (Az.: VI ZR 35/22)

Tamara Tamaschke ist empört: Sie will in den Urlaub an den Gardasee fahren, kann dies aber nicht tun. Ihre Garage ist blockiert durch ein parkendes Auto, das sich direkt vor die Ausfahrt gestellt hat. Nun muss sie statt des gewünschten Porsche Cabrio ihr zweites Auto für die Urlaubsfahrt verwenden. Dabei handelt es sich um einen 3er-BMW Kombi, der aus ihrer Sicht nicht gleichwertig ist. Für die entgangene Urlaubsfreude, die sie mit dem Cabrio zweifellos würde gehabt haben, fordert sie von dem Parkrowdy eine Entschädigung von 175 Euro pro Tag – also insgesamt 2.450 Euro.

Steht ihr das Geld zu? Nein, sagt abschließend der Bundesgerichtshof: "Zwar wurde hier die Ausfahrt rechtswidrig blockiert und so das Eigentum der Frau am Auto schuldhaft verletzt. Für einen Anspruch auf Schadenersatz muss allerdings der Ausfall der Nutzung auch fühlbar geworden sein. Das ist nicht der Fall, wenn ein angemessener Zweitwagen vorhandenen ist. Dass der Kombi nicht dasselbe Fahrgefühl bei einem geplanten Urlaub vermitteln kann wie ein Cabrio, ist für einen Schadenersatz nicht ausreichend." Es gibt also keinen Ausgleich für entgangene Urlaubsfreuden.


Auch nach der Trennung gilt Grundsatz "Geschenkt ist geschenkt"

Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az.: 17 U 125/21)

Die Beziehung von Marko und Marion endet nach anderthalb Jahren in einem großen Streit. In der Anfangszeit hatte Marko seine Freundin noch mit wertvollen Geschenken überhäuft: Neben einem Paar Diamantohrringen war das auch eine frei verfügbare American Express Platinum Zweitkarte. Im Zuge der turbulenten Trennung erstattet Marion dann aber Anzeige gegen ihren Ex-Partner wegen Sachbeschädigung in der eigenen Wohnung. Vom Gericht wird ein Kontaktverbot ausgesprochen. Marko fordert seinerseits nun die Ohrringe und das abgehobene Geld zurück. Er hält die Anschuldigung seiner Freundin für frei erfunden.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main war man nicht auf seiner Seite: "Um eine Schenkung zu widerrufen, muss grober Undank nachgewiesen werden. Der Beschenkte muss sich also einer Verfehlung von gewisser Schwere schuldig gemacht haben. Diese muss eine Gesinnung zeigen, die in erheblichen Maße die angemessene Dankbarkeit vermissen lässt. Eine solche undankbare Einstellung konnte das Gericht hier jedoch nicht erkennen." Marion darf ihre Geschenke behalten.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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