Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Online-Händler müssen unter Umständen über Herstellergarantie informieren

07. Mai 2022, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Online-Händler müssen unter Umständen über Herstellergarantie informieren

Europäischer Gerichtshof (Az. C-179/21)

Walter Wallmann* ist Onlinehändler für Taschenmesser. Sein direkter Konkurrent verkauft diese ebenfalls – und hat auf seiner Plattform ein Schweizer Offiziersmesser im Angebot. Er verlinkt dabei auf eine Garantie des Herstellers, allerdings ohne diese genauer zu erläutern. Nach Meinung von Herrn Wallman handelt es sich bei dem Hinweis um ein klares Verkaufs- bzw. Werbeargument. Dann aber müsse die Firma auch über den Umfang der Garantie und die damit verbundenen Verbraucherrechte aufklären.

Der Europäischen Gerichtshof erklärte dazu folgendes: "Die unbedingte Verpflichtung, Informationen über Herstellergarantien zur Verfügung zu stellen, ist unverhältnismäßig. Eine solche Pflicht besteht nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse an diesen Informationen hat. Das liegt vor allem dann vor, wenn der Unternehmer aus der Garantie ein Verkaufs- oder Werbeargument herleitet."

Im konkreten Fall muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Er ist dabei an die Rechtsauslegung des Europäischen Gerichtshofes gebunden.


Bei Schleudertrauma direkt zum Arzt – sonst kein Schmerzensgeld

Landgericht München (Az. 19 O 16989/20)

Siegfried Sielke* arbeitet als Schönheitschirurg. Auf dem Weg zur Arbeit wechselt er mit seinem Maserati die Spur, ein Mercedes fährt auf ihn auf und es kommt zum Auffahrunfall. Herr Sielke erleidet ein Schleudertrauma. Wochen später gibt es seinen Angaben zufolge aber noch weit schlimmere Auswirkungen. Herr Sielke klagt über Sensibilitätsstörungen in der Hand – für seinen Beruf sind die besonders gefährlich. Einen Monat nach dem Unfall geht er nun zum Arzt und lässt sich wegen dieser Störungen behandeln. Am Landgericht München sieht man die Schuld für den Unfall beim auffahrenden Mercedesfahrer. Nun aber geht es um Schmerzensgeld und Verdienstausfall.

Die Richter entschieden so: "Zwar würde dem Kläger wegen der körperlichen Schäden Verdienstausfall und Schmerzensgeld zustehen. Allerdings hat er den Anspruch darauf nicht beweisen können. Einen Monat nach dem Unfall ist das Schleudertrauma nicht mehr sicher feststellbar. Ein entsprechendes Gutachten kommt sogar zu dem Schluss, dass die vom Kläger vorgetragenen Sensibilitätsstörungen der rechten Hand nicht auf den Unfall zurückzuführen waren. Hätte der Kläger die Beschwerden unfallbedingt erlitten, wäre auch zu erwarten gewesen, dass er sich unverzüglich zum Arzt begibt und dort die entsprechenden Symptome schildert."

Es gibt also kein Verdienstausfall und Schmerzensgeld.


Neuer Eigentümer einer Wohnung muss diese besichtigen können

Amtsgericht München (Az. 474 C 4123/21)

Dennis Densicke* ist neuer Eigentümer einer 60 Quadratmeter großen Drei-Raum-Wohnung. Die hat er allerdings noch nie von innen gesehen. Denn als die Wohnung zum Kauf ausgeschrieben war, weigerten sich die Mieter, Interessenten hereinzulassen. Herr Densicke erwarb die Immobilie, ohne sie vorher gesehen zu haben. Nun allerdings sind die Verträge unterschrieben und er möchte die Wohnung endlich besichtigen. Die Mieter stellen sich aber weiter quer: In fünf Monaten lassen sie acht Besichtigungstermine platzen. Herr Densicke kündigt deshalb nun den bestehenden Mietvertrag außerordentlich. Darf er das?

Ja, sagte man am Amtsgericht München: "Will der Eigentümer seine vermietete Wohnung besichtigen, müssen dafür besondere Gründe vorliegen. Im vorliegenden Fall trifft dies zu. Da der Kläger vor dem Kauf der Wohnung keine Gelegenheit hatte, die Wohnung zu sehen, steht ihm spätestens als Eigentümer ein Besichtigungsrecht zu. Weigert sich der Mieter dennoch, dann ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt."

Die Mieter bleiben hier also gekündigt.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Mai 2022 | 06:00 Uhr

Mehr zum Thema Recht

Weitere Ratgeber-Themen