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VereinsrechtWas Vereine wissen müssen

09. Juni 2022, 10:26 Uhr

Rund jeder zweite Deutsche ist Mitglied in einem Verein. Insgesamt gibt es mehr als 600.000 Vereine, Tendenz weiter steigend. Gilbert Häfner, ehemaliger Präsident des Oberlandgerichts Dresden, klärt die wichtigsten Rechtsfragen: Sind Vereinsmitglieder unfallversichert? Muss ein Verein einen Vorstand haben? Was hat es mit Ehrenamtspauschale und Übungsleiterpauschale auf sich – und bis wann sind sie steuerfrei? Antwort auf diese und weitere Fragen lesen Sie hier.

Wie viele Mitglieder sind mindestens nötig, um einen Verein zu gründen?

Für die Gründung eines Vereins sind mindestens zwei Mitglieder nötig. Der Verein wird dadurch geschaffen, dass sich die Gründungsmitglieder über die Satzung einigen. In das Vereinsregister eingetragen wird der Verein allerdings erst, wenn mindestens sieben Mitglieder gewonnen sind und die Satzung unterschrieben haben. Die Gründungsmitglieder müssen geschäftsfähig sein. Minderjährige, die mindestens sieben Jahre alt, aber noch nicht volljährig sind, können einen Verein nur mit Zustimmung ihrer Eltern gründen.

Wie funktioniert das Vereinsregister und wer muss sich darin eintragen lassen?

Das Vereinsregister wird beim zuständigen Amtsgericht geführt. Für die Eintragung eines Vereins muss ein Anmeldungsschreiben mit den Namen, Geburtsdaten und Anschriften der Vorstandsmitglieder sowie öffentlich beglaubigten Unterschriften der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder eingereicht werden. Beizufügen ist außerdem das Original und eine Kopie der Satzung sowie eine Abschrift über die Bestellung des Vorstands.

Was in das Vereinsregister eingetragen wirdIn das Register eingetragen werden der Name des Vereins mit dem Zusatz e.V., der Sitz, der Tag der Satzungserrichtung, Namen, Geburtsdaten und Anschriften der Vorstandsmitglieder sowie die satzungsmäßigen Vertretungsregelungen. Mit der Eintragung erwirbt der Verein die Rechtsstellung einer juristischen Person.

Kann ein Verein auch ohne Eintragung in das Vereinsregister bestehen? Welche Vorteile bietet die Eintragung?

Auch der nicht eingetragene Verein ist eine vom Gesetz anerkannte Organisationsform für eine Personenvereinigung. Obwohl er als "nicht rechtsfähig" bezeichnet wird, kann er einzelne Rechte und Pflichten erwerben.

Fördermittel bekommen meist nur eingetragene Vereine. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Ein wesentlicher Unterschied gegenüber einem eingetragenen Verein besteht darin, dass aus Rechtsgeschäften (z.B. Verträgen, die im Namen des nicht eingetragenen Vereins vorgenommen werden), die für ihn handelnden Personen persönlich haften. Darüber hinaus knüpfen öffentliche Geldgeber die Gewährung von Fördermitteln an Vereine regelmäßig an die Voraussetzung, dass der Verein im Register eingetragen ist.

Haften Vereinsmitglieder für die Schulden des Vereins, wenn dieser zahlungsunfähig wird?

Sowohl beim eingetragenen als auch beim nicht eingetragenen Verein haben die "einfachen" Vereinsmitglieder für Schulden des Vereins nicht einzustehen. Hingegen kann Vorstandsmitglieder eine Haftung treffen, wenn sie im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Vereins die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder verspätet beantragen.

Haftet der Vorstand, wenn er durch nachlässige Amtsführung dem Verein einen Schaden zufügt?

Von der – grundsätzlich nicht gegebenen – Haftung für Schulden des Vereins zu unterscheiden ist die Haftung der Mitglieder und des Vorstandes für Schäden, die sie bei Wahrnehmung der ihnen übertragenen Vereinsaufgaben oder Organpflichten dem Verein selbst (oder einem Dritten) zufügen.

Diese Haftung gegenüber dem Verein ist allerdings auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, wenn die Personen unentgeltlich für den Verein tätig sind oder für ihre Tätigkeit nur eine Vergütung erhalten, die 840 Euro jährlich nicht übersteigt.

Haben diese Personen einem Dritten einen Schaden zugefügt, ohne dass sie vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben, muss zudem der Verein – und nicht die Handelnden persönlich – für den Schaden aufkommen. In jedem Fall empfiehlt es sich für den Verein, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, welche den Vorstand und die Mitglieder des Vereins einschließt.  

Sind Vereinsmitglieder eigentlich unfallversichert?

Gesetzlich unfallversichert ist nur ein beschränkter Kreis von ehrenamtlich Tätigen, z. B. Übungsleiter, und zwar auch dann, wenn sie nicht selbst Vereinsmitglieder sind (§ 2 SGB VII).

Die Unfallkassen der Länder können durch Regelung in ihren Satzungen den Versicherungsschutz auf weitere ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte erstrecken (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII). In einigen Ländern, darunter Sachsen-Anhalt, wurden solche Regelungen getroffen.

Gesetzlich unfallversichert ist (nur) die Tätigkeit, die unmittelbar mit dem Vereinszweck zusammenhängt. So ist etwa im Sportverein der ehrenamtliche Trainer während des Trainings der Jugendmannschaft, nicht jedoch der Vereinsvorstand bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben, versichert. Für derartige Schadensfälle können gemeinnützige Vereine auf freiwilliger Basis gegen Beitragszahlung einen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz für ihre Ehrenamtsträger begründen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII).

Ebenfalls nicht gesetzlich unfallversichert sind die "einfachen" Mitglieder des Sportvereins bei der Ausübung ihres Sports. Insoweit greift nur eine private Unfallversicherung ein, die freilich auch als Gruppenversicherung vom Verein für seine Mitglieder abgeschlossen werden kann.

Haftet ein Familienangehöriger eines minderjährigen Vereinsmitglieds, der in seinem Auto mehrere Spieler der Jugendfußballmannschaft zum Auswärtsspiel fährt und dabei schuldhaft einen Verkehrsunfall verursacht, den dadurch verletzten Fahrzeuginsassen für die Unfallfolgen?

Für Familienangehörige von Vereinsmitgliedern gelten die besonderen Haftungsbeschränkungen im Verein nicht, da ihnen keine satzungsmäßigen Vereinsaufgaben übertragen sind, sondern sie aus Gefälligkeit handeln.

Hierauf kommt es freilich nicht an, denn bei einem Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeug ist der Fahrzeugführer bezüglich der von ihm verursachten Schäden Dritter dadurch abgesichert, dass sein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer für ihn eintritt.

Der Haftpflichtversicherer hat den geschädigten Fahrzeuginsassen sogar dann Ersatz zu leisten, wenn der Fahrzeugführer nur einfach fahrlässig oder gar ohne Verschulden gehandelt hat.

Kann im vorgenannten Fall der Familienangehörige von dem Sportverein verlangen, dass dieser ihm den Schaden am eigenen Fahrzeug ersetzt?

Da zwischen dem Verein und dem Familienangehörigen des Vereinsmitglieds nur ein Gefälligkeitsverhältnis besteht, scheidet ein vertraglicher Aufwendungsersatzanspruch gegen den Verein aus. Der Familienangehörige bleibt also "auf seinem Schaden sitzen", wenn ihm der Verein nicht freiwillig beispringt.

Unter welchen Voraussetzungen darf sich ein Verein "Verband" nennen?

Im Allgemeinen wird der Begriff "Verband" eher für einen Verein verwendet, indem sich mehrere Vereine oder andere Körperschaften zu einem gemeinsamen Zweck zusammenschließen. So schließen sich etwa Fußballvereine in der Regel einem Regional- oder Landesverband an, damit sie an dem von diesem organisierten Spielbetrieb teilnehmen können. Von Rechts wegen gibt es allerdings eine solche Festlegung nicht, so dass grundsätzlich auch "gewöhnliche" Vereine die Bezeichnung Verband als Teil ihres Namens führen dürfen. 

Muss ein Verein einen Vorstand haben?

Da der Verein eine juristische Person ist, braucht er ein Organ, das ihn im Rechtsverkehr vertritt. Bei diesem Organ handelt es sich um den Vorstand. Fehlt ein Vorstand, etwa weil dieser geschlossen zurückgetreten ist und die Satzung keine Regelung über einen kommissarischen Vorstand enthält, so ist der Verein handlungsunfähig. In dringenden Fällen bestellt das Registergericht auf Antrag einen Notvorstand für die Zeit bis zur Behebung des Mangels.

Darf der Vorstand des Vereins eine Vergütung erhalten?

Auslagen, die – wie etwa Fahrtkosten aus Anlass von Vorstandsitzungen – dem Vorstand bei Wahrnehmung ihrer Pflichten tatsächlich entstanden sind, darf der Verein erstatten, wenn die Satzung dies vorsieht oder zumindest die Mitgliederversammlung einen entsprechenden Beschluss fasst.

Vorsicht vor dem Finantamt bei Zahlung einer Vergütung an den Vorstand. Bildrechte: imago/CTK Photo

Demgegenüber darf der Verein eine "echte" Vergütung für Vorstandstätigkeit (Zeitaufwand) nur gewähren, wenn die Satzung dies vorsieht und, soweit darin für die Auszahlung ein bestimmtes Verfahren angeordnet ist, dieses eingehalten wird. Fehlt es daran, besteht nicht nur eine Gefahr für den Vorstand, dass er die Vergütung zurückerstatten muss, sondern auch eine Gefahr für den Verein, dass ihm die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt entzogen wird und er darüber hinaus Steuern nachentrichten muss.

Im Übrigen stellt die Vergütung eine einkommenssteuerpflichtige Einnahme der Vorstandsmitglieder dar, und zwar auch dann, wenn sie in satzungsgemäßer Weise gewährt wurde.

Welche steuerlichen Freibeträge gelten für eine Nebentätigkeit als Übungsleiter oder in ehrenamtlicher Funktion in einem Verein?

Steuerfrei sind Einnahmen

- als nebenberuflicher Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder aus vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten,

- aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder

- aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen,

bis zur Höhe von insgesamt 3.000 Euro (seit 2021, zuvor: 2.400 Euro) im Jahr (sog. Übungsleiterpauschale), und zwar jeweils auch dann, wenn diese Nebentätigkeit außerhalb eines Vereins ausgeübt wird.

Steuerfrei sind zudem Einnahmen, die aus einer Nebentätigkeit in einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke, beispielsweise in einem gemeinnützigen Verein, herrühren, bis zu einer Höhe von insgesamt 840 Euro (seit 2021, zuvor: 720 Euro) im Jahr (sog. Ehrenamtspauschale).

Gut zu wissenDie beiden Befreiungen können miteinander kombiniert werden: Wer beispielsweise als Nebentätigkeit in einem Sportverein gegen ein jährliches Entgelt von 3.000 Euro die Jugendmannschaft trainiert und gegen ein Entgelt von 840 Euro im Jahr als Schatzmeister im Vereinsvorstand fungiert, erhält die Summe von 3.840 Euro steuerfrei.

Kann man für einen Verein auch im Rahmen eines so genannten Minijobs als Übungsleiter tätig sein?

Der Verein darf Arbeitgeber sein. Insoweit kann er einer anderen Person die Aufgaben eines Übungsleiters auch im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (sog. Minijob) übertragen; auch dabei kommt jenem die Übungsleiterpauschale in Höhe von 3.000 Euro jährlich zugute.

Der Übungsleiter kann auf diese Weise monatlich bis 700 Euro verdienen, ohne hierauf Steuern und Sozialversicherungsbeiträge entrichten zu müssen: In Bezug auf 450 Euro (Obergrenze Minijob) trägt diese Abgaben der Verein als Pauschale; für die weiteren 250 Euro (= 3.000 Euro jährlich) fallen als Übungsleiterpauschale keine Abgaben an.

Weitere Informationen zum Thema:

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) bietet eine sehr informative und zudem kostenlose Broschüre "Leitfaden zum Vereinsrecht" an, die man herunterladen kann.

Außerdem bietet das BMJ verschiedene Muster zum Vereinsrecht an, insbesondere für

  • eine Vereinssatzung: Mustersatzung eines gemeinnützigen Vereins,
  • ein Gründungsprotokoll: Muster eines Gründungsprotokolls,
  • Einladungen zur Mitgliederversammlung: Muster für eine Einladung zur Mitgliederversammlung,
  • Anmeldung zum Vereinsregister: Muster für die Anmeldung des Vereins zum Vereinsregister ,
  • Änderungsmitteilungen zum Vereinsregister: Muster für die Anmeldung einer Satzungsänderung u. einer Änderung des Vorstands und
  • die Anmeldung der Beendigung eines Vereins: Muster für die Anmeldung der Beendigung eines Vereins.

Auch viele Landesjustizministerien bieten kostenlose Broschüren zum Vereinsrecht an, so in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und NRW. Sie sind entweder in den Gerichten erhältlich, können per Download heruntergeladen oder per Telefon bei den Justizministerien bestellt werden.

Zum Thema Vereine und Steuern gibt es ebenfalls kostenlose Broschüren vieler Landesfinanzministerien, etwa in Sachsen, Thüringen etc.

Über die gesetzliche Unfallversicherung im Ehrenamt kann man sich in der kostenlosen Broschüre "Zu Ihrer Sicherheit – Unfallversichert im freiwilligen Engagement", herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, informieren.

Schließlich gibt es ein Buch "Vereinsrecht und Ehrenamt – Engagiert in Vereinen, Initiativen und Projekten", herausgegeben von der Verbraucherzentrale, 2.Aufl. 2022, 160 Seiten, 16,90 Euro.

Unser Experte

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 09. Juni 2022 | 17:00 Uhr