Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Trotz Krebsrisiko: Gericht weist Klage auf Schmerzensgeld bei verunreinigtem Medikament zurück

20. Mai 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.

Kein Anspruch auf Schmerzensgeld bei Krebsangst durch verunreinigtes Medikament

Oberlandesgericht Frankfurt am Main  (Az. 13 U 69/22)

Vera Versicke hat über Jahre einen Blutdrucksenker mit dem Wirkstoff Valsartan eingenommen. 2018 ruft der Hersteller alle Chargen zurück. Der Grund: Das Medikament sei verunreinigt, der Wirkstoff werde von der Weltgesundheitsorganisation als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Das löst nun erhebliche Ängste bei Frau Versicke aus. Dafür besteht laut Europäischer Arzneimittelagentur aber kein Anlass: Das theoretisch erhöhte Lebenszeitkrebsrisiko sei bei täglicher Einnahme der Höchstdosis über sechs Jahre um 0,02 Prozent erhöht. Die Klägerin will dennoch 21.500 Euro Schmerzensgeld. Seit dem Rückruf leide sie unter der psychischen Belastung, an Krebs zu erkranken.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main wies man die Klage ab: "Das allgemeine Lebensrisiko, im Verlaufe des Lebens an Krebs zu erkranken, liegt für Frauen in Deutschland bei 43,5 Prozent. Eine Erhöhung um 0,02 Prozent fällt dabei nicht weiter ins Gewicht. In jedem Fall ist sie nicht geeignet, die angegebenen psychischen Folgen auszulösen." Einen Anspruch auf Schmerzensgeld gibt es hier also nicht.


Kollision nach Vorbeifahren an einem Müllwagen

Oberlandesgericht Celle (Az: 14 U 111/22)

Silke Sielmann ist täglich für einen Pflegedienst mit dem Auto unterwegs. In einer engen 30er-Zone nähert sie sich mit ihrem Pflegedienstauto einem Müllfahrzeug. Das steht auf der rechten Seite mit laufendem Motor, eingeschalteter gelber Rundumleuchte und Warnblinkanlage. Daneben ist nur wenig Platz, deshalb fährt Frau Sielmann nach eigenen Angaben mit 13 Kilometer pro Stunde und einem Seitenabstand von 50 cm am Müllauto vorbei. Hinter dem Fahrzeug – und für Frau Sielmann nicht sichtbar – schiebt nun ein Arbeiter einen Müllcontainer quer über die Straße. Frau Sielmann stößt dagegen, das Auto hat einen Totalschaden. Wer kommt dafür auf?

Am Oberlandesgericht Celle sah man den Fall so: "Der Müllwerker hat hier gegen das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Er hat den Container quer über die Straße geschoben, ohne auf das herankommende Fahrzeug zu achten. Zwar müssen andere Verkehrsteilnehmer beim Passieren von Müllfahrzeugen besonders sorgfältig sein. Das war hier aber gegeben, da die Autofahrerin ihre Geschwindigkeit deutlich reduziert hat." Die Klägerin bekommt 75 Prozent Schadensersatz – ein Viertel wird wegen der Betriebsgefahr ihres Autos abgezogen.


Ohne versprochene Hundemitnahme muss Kundin Flugtickets nicht bezahlen

Amtsgericht München  (Az: 114 C 8563/22)

Familie Wiesenbach will sich mit Kind über Silvester eine Reise nach Dubai gönnen. Allerdings nicht ohne ihre beiden Chihuahuas, die auf jeden Fall im Passagierraum mitfliegen sollen – wenn auch in geeigneten Käfigen. Um genau das sicherzustellen, bucht die Familie die Flugreise im Reisebüro. Dort sucht man ihr eine Verbindung über Zürich heraus, zum Preis von 3.700 Euro. Bis in die Schweiz klappt das mit den Hunden auch hervorragend. Doch beim Umstieg wird ihnen mitgeteilt, dass Tiere nach Dubai nicht mit dem Passagierflugzeug einreisen dürfen. Doch ohne die Chihuahuas will die Familie nicht fliegen. Sie kehrt nach Hause zurück. Wer muss nun für die nicht genutzten Tickets zahlen?

Am Amtsgericht München war man auf Seiten der Familie: "Dem Reisebüro war der Sonderwunsch einer Flugreise mit Tieren bekannt. Die Mitarbeiterin hätte vorher abklären müssen, ob die Fluglinie die Tiere nach Dubai mitnehmen kann. Denn laut Internationaler Lufttransportgesellschaft IATA müssen alle Haustiere, die nach Dubai reisen, als deklarierte Fracht transportiert werden. Eine Mitnahme im Passagierraum ist ausgeschlossen. Da der eigentliche Auftragszweck der Kunden nicht erfüllt wurde, müssen die gesamten Flugtickets nicht bezahlt werden." Die Familie erhält 195 Euro Schadenersatz für Kosten, die durch die Reise bis Zürich entstanden sind.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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