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Jeden Samstag neuUrteile der Woche: Corona-Prämie trotz langer Erkrankung

30. April 2022, 08:48 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR INFO präsentiert Ihnen die drei interessantesten der vergangenen Woche in Kurzform.

von Katja Dietrich-Stieler


Rundfunkbeitrag darf in Härtefällen bar bezahlt werden

Bundesverwaltungsgericht Leipzig (AZ: 6 C 2.21)

Herbert Pfennig aus der Bankenmetropole Frankfurt am Main ist ein Freund des Bargelds. Er befürchtet jedoch, dass Großkonzerne langfristig dafür sorgen, dass das Bezahlen mit Bargeld komplett abgeschafft wird. Um seinem Ärger Luft zu machen und über die Gefahren des digitalen Zahlens zu informieren, hat der Wirtschaftsjournalist bereits ein Buch geschrieben. Besonders ärgerlich findet Herr Pfennig, dass er seinen Rundfunkbeitrag beim Hessischen Rundfunk nur elektronisch einzahlen kann. Er zieht deshalb vor Gericht. Die Klage bleibt zunächst in allen Instanzen erfolglos. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kamen die Richter nun zu folgendem Urteil:

Der Ausschluss von Barzahlung in der Beitragssatzung des Hessischen Rundfunks verstößt gegen europäisches Recht und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Allerdings gilt das nur für jene Beitragszahler, die nachweislich kein eigenes Girokonto eröffnen können. Diesen muss der HR die Begleichung des Beitrags in bar ohne Zusatzkosten ermöglichen und dafür seine Satzung neu regeln.

Grundsätzlich darf der Rundfunkbeitrag in Härtefällen also auch bar bezahlt werden. Herr Pfennig kann sich aber nicht auf diese Ausnahme berufen, da er über ein eigenes Girokonto verfügt.


Corona-Prämie für Pflegekräfte trotz langer Erkrankung

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (AZ: 5 Sa 1708/21)

Pflegekräfte sind in der Corona-Pandemie von Beginn an einer besonderen Belastung ausgesetzt gewesen. Um das auch wertzuschätzen, hatte der Gesetzgeber 2020 eine Corona-Prämie eingeführt. Nicht jeder allerdings erhält diese Sonderzahlung seither auch vom Arbeitgeber - wie Vera Wehrmann. Die Pflegerin arbeitet schon seit mehreren Monaten in einer Pflegeeinrichtung. Immer wieder wird sie krank. Ihre Arbeit wird dadurch mehrfach 14 Tage und länger unterbrochen. Die Heimleitung entschließt sich daher, Frau Wehrmann keine Corona-Prämie auszuzahlen. Begründung: Für den Anspruch auf die Sonderzahlung hätte die Mitarbeiterin mindestens drei Monate am Stück arbeiten müssen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sah das anders:

Pflegekräfte können trotz einer Erkrankung die im Jahr 2020 gewährte Corona-Prämie erhalten. Es reicht dabei aus, dass die Pflegetätigkeit insgesamt über mindestens 90 Tage geleistet wurde. Die Arbeit muss aber nicht zusammenhängend erfolgen.

Inzwischen ist Frau Wehrmann verstorben. Weil die Corona-Prämie vererbbar ist, steht sie aber weiter dem Erben zu.


Kein Anspruch auf medizinisches Cannabis bei Alkoholsucht

Darf nicht gegen Alkoholsucht angewendet werden: Cannabis. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Matthias Bein

Landessozialgericht Darmstadt (Az. L 1 KR 429/20)

Benno Bierwagen hat eine große Schwäche für Alkohol. Um seinen wie er selbst sagt „Saufdruck" kontrollieren zu können, baut der 70-Jährige Cannabis an und konsumiert es. 15 Jahre lang geht das gut, bis ihm der Anbau von behördlicher Seite her untersagt wird. Bei der Krankenkasse beantragt er die Versorgung mit medizinischen Cannabisblüten. Die lehnt aber ab und verweist den Versicherten auf die Möglichkeit einer Entwöhnungstherapie. Der Fall landet vor Gericht. Auch dort sind sich die Richter beider Seiten einig:

Grundsätzlich haben Versicherte mit einer schweren Erkrankung gegenüber ihrer Krankenkasse einen Anspruch auf medizinisches Cannabis - allerdings nur, wenn ihnen nicht mit Standardtherapien geholfen werden kann. Im konkreten Fall gibt es aber die Möglichkeit, die Alkoholsucht durch Entwöhnungstherapien oder Psychotherapie zu behandeln.

Herr Bierwagen bekommt zur Behandlung seiner Alkoholsucht kein Cannabis. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Dieses Thema im Programm:Urteile der Woche | 30. April 2022 | 08:23 Uhr