Luther-Kabinett im "Grünen Gewölbe" Einzigartige Schriften und Luthers Siegelring

28. September 2017, 09:43 Uhr

Die 1556 im Dresdner Schloss gegründete kurfürstliche Bibliothek sammelte von Beginn an in großem Umfang Zeugnisse des Reformators, darunter mehr als 2.000 reformatorische Flugschriften. Luthers Handschrift seiner Vorlesungen über die Psalmen aus den Jahren 1513 bis 1516 wurde Ende 2015 als ein Schlüsseldokument der Reformation in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.

Doch es gibt noch mehr zu entdecken: Die zauberhafte Sammlung des "Neuen Grünen Gewölbes" ist die historische Museumssammlung der ehemaligen Schatzkammer der Wettiner Fürsten von der Renaissance bis zum Klassizismus und eine der reichsten Sammlungen Europas, ja sogar der Welt. Der Besucher schlendert von Raum zu Raum, und der Wow-Effekt steigert sich. Das "Historische Grüne Gewölbe" bietet neben neun Ausstellungsräumen, die der Kunst gewidmet sind, in einem Vorgewölbe ein spezielles Luther-Kabinett.

Der nicht getragene Siegelring Luthers

Im oktogonalen Raum im Eckturm korrespondieren die meisterlichen Bibelreliefs des Riemenschneider-Schülers Peter Dell mit Hinterlassenschaften Luthers, darunter der Mundbecher und Siegelring des Reformators. Der Siegelring Luthers mit seinem Wappen ist ein Glanzstück: Ein Kreuz inmitten eines Herzens, umschlossen von einer Rose, und – zum Zweck des Siegeldrückens – ein spiegelverkehrtes Monogramm. Die Luther-Rose ist in ovalen Karneol geschnitten und in Gold gefasst.

Mundbecher und Siegelring Luthers? Wie sind diese doch sehr persönlichen Dinge nach Dresden gelangt? Herzog Johann Friedrich hatte Luther diesen Siegelring 1530 geschenkt – also sieben Jahre vor dem Tod Georg des Bärtigen und der Einführung der Reformation. Allerdings konnte Luther den Ring gar nicht tragen. Warum, wissen wir von Luther selbst aus einem Brief an Melanchthon: Der Ring sei ihm "alsbald vom Daumen auf die Erde gefallen denn er ist etwas zu weit und groß an meinem Finger". Der Goldschmied, so erklärt man es heute, habe gedacht, er sei für den behandschuhten Finger eines Fürsten oder Herzogs.

Wundersame Vermehrung von Luther-Stücken

Nach dem Tod Luthers gehörte der Ring zum Nachlass und war im Besitz seiner Frau Katharina von Bora, die das Erbe unter ihren vier verbliebenen Kindern aufteilte. Luthers Urenkel, der Wurzener Stiftungsrat Johann Martin Luther, schenkte den Ring 1652 Kurfürst Johann Georg I. Der trug den Ring dann wirklich, sogar noch auf seinem Totenbett 1656. Und dann kam der Ring in die Kunstkammer.

Nebenbei: Im Juwelenzimmer gibt es seit 1733 noch einen Reformatoren-Ring aus Gold. Philipp Melanchthon soll ihn getragen haben. Aber ob das wirklich stimmt, weiß niemand. Angesichts der wundersamen Vermehrung von Luther-Stücken im Laufe der Jahrhunderte ist die Frage stets berechtigt, was es damit auf sich hat. Im Falle des Bechers und des Pokals in Dresden sind sich die Historiker sicher: Sie stammen zweifelsohne aus dem Besitz Luthers.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im: MDR Sachsenspiegel | 08.09.2016 | 19:00 Uhr
MDR Fernsehen | 21.04.2014 | 17:30 Uhr